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Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 28.04.2023 | dichte Bewölkung, Regen, 4 bis 14°C . | ||
+ Fehlstart von Kai Wegner in Berlin: Der neue Senat ist schon in der Krise + Machbarkeitsstudie zur „Radbahn U1“ plädiert für Sperrung der nördlichen Skalitzer Straße + Passant versucht, Klimaaktivist anzuzünden + |
von Christian Latz |
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Guten Morgen, aller guten Dinge sind drei, wird sich Kai Wegner (CDU) denken. Doch in der Geschichte Berlins ist noch kein Regierender Bürgermeister derart desaströs in sein Amt gestolpert. Erst im dritten Wahlgang kam der CDU-Chef am Donnerstag im Abgeordnetenhaus auf eine Mehrheit. Nachdem ihm im ersten Wahlgang ganze 15 Stimmen aus seiner schwarz-roten Koalition fehlten, reichte es auch im zweiten Anlauf nur zum Patt. Als wäre die Schmach nicht groß genug, liegt auch über Wegners erfolgreichem, dritten Wahlanlauf der Schatten, dass die Mehrheit womöglich nur mit Hilfe der AfD zustande kam. Aufklären lässt es sich nicht. Auf 86 Stimmen kam Wegner. Genauso viele hat seine Koalition. Laut AfD-Chefin Kristin Brinker habe aber „die Hälfte“ ihrer Fraktion für Wegner gestimmt. Brinker hatte zuvor gespielt generös per Pressemitteilung erklärt, wegen der „gesamtstädtischen Verantwortung“, Wegner ins Amt verhelfen zu wollen. Ein bitterer Hohn für die ganze Stadt. Und ein absoluter Fehlstart für Wegner und Schwarz-Rot. Wer also ist schuld am Wahldebakel? Die CDU zeigte sofort auf die SPD. Die SPD wiederum auf die CDU. Vertrauen in den Partner klingt anders. Die frisch getraute „Vernunftehe“ (Kai Wegner) geht nach der Hochzeit am besten gleich in Paartherapie. Die Wahrheit dürfte ohnehin irgendwo dazwischen liegen. Nach dem heftigen Streit in der SPD um den Eintritt in die Koalition galt schon zuvor als sicher, dass mehrere Gegner von Schwarz-Rot ihre Stimme zunächst verweigern würden. Die sozialdemokratische Personalauswahl für die Regierung dürfte ihr Übriges getan haben. Nur Unterstützer von Schwarz-Rot wurden mit Staatssekretärsposten bedacht – unabhängig von ihrer Qualifikation. Die Vorsitzenden Franziska Giffey und Raed Saleh hätten nicht einmal versucht, auch Gegner aus der nach dem Mitgliedervotum tiefgespaltenen Partei in die neue Regierung einzubinden, klagen manche. Die Quittung kassierten sie womöglich in den geheimen Wahlgängen. Kurze Momente, in denen die Kontrolle durch die Partei- und Fraktionsspitze nicht greift – und zeigt, wie fragil das gesamte Konstrukt ist. Doch auch bei der CDU knirscht es. Abgeordnete dürften die geheime Abstimmung ebenfalls genutzt haben, um ihren Frust rauszulassen. Auch hier geht es um Posten, heißt es. Viele Positionen im Regierungsteam wurden mit externen Personen aus der Verwaltung besetzt. Manch einer aus der Berliner CDU hatte als Belohnung auf einen Senats- oder Staatssekretärsposten gehofft – und ging leer aus. In der Öffentlichkeit gibt es dafür Anerkennung. Bei den Betroffenen nicht. Dass nicht allein die SPD Schwarz-Rot in die missliche Lage gebracht hat, räumte Wegner am Abend selbst ein. Nach dem zweiten misslungenen Wahlgang sei aus Angst vor einem Scheitern mehreren Abgeordneten ins Gewissen geredet worden. „Es gab Einzelgespräche mit den Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD, wo es Vermutungen gab“, sagte Wegner. Wegner selbst soll schon nach dem ersten Wahlgang der eigenen Fraktion mit den Folgen eines Scheiterns recht deutlich gedroht haben: Stürze er über seine Wahl und komme es zu Neuwahlen, würden etliche Abgeordnete ihr Mandat verlieren. Doch das kam bei den Parlamentariern erst recht nicht gut an. Bei wie vielen CDU-Abgeordneten der Verdacht bestanden habe: „Zu viele, finde ich.“ Fast unter geht da im Nachhinein, dass im Abgeordnetenhaus zwischenzeitlich nicht einmal klar war, nach welchem Verfahren im dritten Wahlgang überhaupt ein Wahlsieger gekürt würde. Aber das fiel den Parlamentariern scheinbar erst ein, nachdem sie die Sitzung bereits für eineinhalb Stunden unterbrochen hatten – und hängten deshalb nochmal eine halbe Stunde Beratung dran. Eine Farce ganz nach dem Klischee. Berlin und Wahlen: Es bleibt kompliziert. Die ganze Chronologie des Fehlstarts lesen sie hier. Und hier die politischen Reaktionen darauf. Andere Dinge haben dafür am Donnerstag umso besser geklappt. Kai Wegner war wenige Minuten gewählt, da rückten schon die Handwerker am Roten Rathaus an und tauschten die Plakette am Eingang aus. Dort steht nun wieder „Der Regierende Bürgermeister von Berlin“. Und auch im Lego-Rathaus vor dem Wappensaal wurde rechtzeitig ein Miniatur-Wegner in den Chefsessel gesetzt, ehe der echte am Amtssitz eintraf. Na also, es geht doch! Und ist ja auch nicht so, als gäbe es an einem solchen Tag nichts zu lachen. Der Berliner Mieterverein etwa gratulierte Wegner schon nach dem ersten Wahlgang zum neuen Amt. Unachtsam schrieb auch ein Pressesprecher der Senatsgesundheitsverwaltung mit dem Senats-Account unter einem Tweet zu Joe Chialo: „Wenn er denn vereidigt wird. Mal sehen, wie der dritte Wahlgang ausgeht.“ Auch dem „Spiegel“ dauerte das alles zu lange und er erklärte Wegner einfach noch vor dem dritten Wahlgang bei Twitter zum Regierenden Bürgermeister. Überhaupt Twitter. Es war gestern mal wieder einer der besseren Tage auf der Plattform. Ein kleiner Auszug: + „Wenn Kai Wegner dann endlich gewählt ist, müssen sie erst mal frische Blumensträuße heranschaffen.“ + „Das Berghain hat nicht mehr die härteste Tür in Berlin. #Wegner“ Mehr davon im Tweet des Tages. | |||
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Dass die CDU-Fraktion eine Wahl auch gut über die Bühne bringen kann, bewies sie am Donnerstagabend. In der Sitzung nach dem Plenum wurde Dirk Stettner mit 48 zu 4 Stimmen zum neuen Fraktionsvorsitzenden gewählt. Nach dem Erfolgserlebnis habe sich die zuvor angespannte Stimmung gelöst. Und gefeiert wurde bei der CDU nach diesem gebrauchten Tag trotzdem noch. Im Ristorante Marea am Leipziger Platz – und nach Aussage von Anwesenden ausgelassener, als man nach diesem Tag vermuten könnte. Vielleicht aber auch einfach deshalb, weil mancher in der CDU schon diese Losung ausgibt: „Es kann nur besser werden.“ | |||
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Am Freitag ernennt der neue Senat auch die Staatssekretäre. Unbekannt war bis zuletzt, wer künftig als Chief Digital Officer Berlins Verwaltung ins reformieren und digitalisieren soll. Das wichtige Amt übernimmt nach Checkpoint-Informationen Martina Klement. Die Juristin hat im Bundesministerium für Verkehr und Digitalisierung gearbeitet und war zuletzt bei CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt im Bundestag tätig. Reformbedarf gabs bestimmt auch dort. Aber ob das für Berlin reicht? | |||
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