Neue Richter fürs Verfassungsgericht
● 10 Aktien, die hoffen lassen |
|
Liebe Leserin, lieber Leser, als römische Göttin der Gerechtigkeit hat sie’s auch nicht leicht. Seit Jahrhunderten muss Justitia mit Augenbinde durch die Welt stolpern und dabei Waage und Schwert mit sich herumschleppen. Würde diese besonnene Kämpferin für unparteiliche Gerechtigkeit eine eher linke Krawallschleuder als irdische Repräsentantin akzeptieren? Verzeihen Sie, wenn Ihnen das zu direkt ist! Aber damit sind wir wenigstens ruckzuck bei der Juristin Frauke Brosius-Gersdorf, die demnächst Richterin werden könnte am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Letzteres genießt wahrscheinlich unter allen Staatsorganen der Bundesrepublik das mit Abstand größte Renommée. Eben auch, weil es eher zurückhaltend ist und unabhängig von Moden, Zeitgeist und Parteien. Da wird natürlich genau geschaut, wenn in diesem Olymp mal ein Plätzchen frei wird unter den 16 Richtern. Nun sind gleich drei Posten vakant, für die abwechselnd Bundestag und Bundesrat Personalvorschläge machen dürfen. Diesmal sind die Parlamentarier dran. Die Union schlug einen Kandidaten vor, die SPD zwei Kandidatinnen, von denen hier aber nur von Frau Brosius-Gersdorf die Rede sein soll, an deren Unvoreingenommenheit zuletzt mehr als zarte Zweifel aufgetaucht waren. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig etwa fand sie „maximal ungeeignet und für jeden Demokraten unwählbar“. Andere äußerten sich ähnlich, wenn auch nicht so offen. Da wir hier nicht in einem juristischen Proseminar sitzen, versuche ich, Ihnen einige Standpunkte der Potsdamer Rechtsprofessorin in aller Kürze darzulegen: Brosius-Gersdorf findet, dass man den Grundgesetztext gendern sollte, forderte schon des Öfteren die endgültige Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und während Corona eine Impfpflicht. Sie lehnt ein Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen ab, will den Parteien Frauenquoten vorschreiben und fände ein AfD-Verbot unter gewissen Umständen klasse. Manches davon sieht Karlsruhe übrigens dezidiert anders. |
|
| Die eher linke Rechtsprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf soll Verfassungsrichterin werden. Aber ist sie die Richtige? (© dpa) |
|
Jedenfalls sind das schon sechs Gründe, sie nicht zur Verfassungsrichterin zu machen. Nicht weil sie mit ihren Positionen so ziemlich alle aktuellen Triggerpunkte der Republik erwischt. Um das klarzustellen: Diese Standpunkte darf man alle vertreten. Aber als Verfassungsrichterin wäre sie keine Aktivistin mehr, sondern als juristisch letzte Instanz für alle da. Derart viel Selbstverleugnung, sich künftig qua Amt zurückzunehmen, halte ich für ausgeschlossen bei einer Frau, die bisher das ausgleichende Wesen einer Abrissbirne offenbarte.
Am Montagabend hat der zwölfköpfige Wahlausschuss des Bundestags trotzdem alle drei Kandidaten mit Zweidrittelmehrheit bestätigt. Nun muss am Freitag das gesamte Parlament über jeden einzeln abstimmen, was deutlich schwieriger werden könnte. Aber es ist vor allem Frau Brosius-Gersdorf, die nun in einem Dilemma steckt. Wenn sie eine würdige Kandidatin wäre, würde sie das Amt jetzt noch ablehnen, eben um es vor Schaden zu bewahren. Tritt sie an, wäre es völlig egal, ob sie gewählt wird oder nicht. In beiden Fällen wären dann alle beschädigt, bevor es losgeht. Aber vielleicht hat sie die antike Justitia auch einfach missverstanden und folgt dem Credo: Augen zu und durch! Wie erleben Sie den Fall? Wie politisch darf das Verfassungsgericht werden? Schreiben Sie mir an: feedback@focus-magazin.de* |
|
Für eine Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie zeichnet sich eine breite Mehrheit ab. Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung nahm einen Antrag mit den Stimmen von Union, SPD, Grünen und Linken an. Das Parlament soll am Donnerstag entscheiden. Der Supreme Court hat der US-Regierung zumindest vorläufig erlaubt, Tausende von Bundesbediensteten zu entlassen. Ein untergeordnetes Gericht im Bundesstaat Kalifornien hatte die Massenentlassungen im Mai zunächst gestoppt. US-Präsident Trump zeigt sich verärgert über den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Bei einem Auftritt im Weißen Haus sagte er: „Wir bekommen von Putin eine Menge Blödsinn aufgetischt.“ Nun wird offenbar über neue Sanktionen gegen den Kreml nachgedacht. Auch die Waffenlieferungen an die Ukraine sollen wieder starten. Die deutsche Fußball-Nationalelf der Frauen steht im Viertelfinale der Europameisterschaft. Nach dem eigenen 2:1-Erfolg über Dänemark gestern Abend sorgte Schwedens 3:0 gegen Polen dafür, dass die DFB-Auswahl den Einzug in die K.-o.-Phase sicher geschafft hat. | |
|
| Der frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn muss sich für Maskenkäufe während Corona rechtfertigen. Damals wurden 5,7 Milliarden Schutzmasken geordert für fast 6 Milliarden Euro (© dpa) |
|
Maskenaffäre | Grüne und Linke fordern Untersuchungsausschuss | Die Opposition sieht nach einer Befragung der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof zu umstrittenen Maskenkäufen in der Corona-Zeit weiteren Aufklärungsbedarf. „Es gibt mehr offene als beantwortete Fragen”, sagte die Grünen-Abgeordnete Paula Piechotta nach einem zweistündigen Austausch des Bundestags-Haushaltsausschusses mit Sudhof. Vorwürfe gegen Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hätten sich „eher noch erhärtet”, sagte die Co-Parteivorsitzende der Linken, Ines Schwerdtner. Sie rief die Koalitionsfraktionen dazu auf, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mitzutragen. Grüne und Linke haben dafür zu wenige Stimmen, wollen aber kein gemeinsames Vorgehen mit der AfD. Die schwarz-rote Regierung müsse auch ein Interesse an Aufklärung haben, um ähnliche Probleme in Zukunft zu vermeiden, so Schwerdtner. Am morgigen Donnerstag steht die Juristin Sudhof auch dem Gesundheitsausschuss Rede und Antwort. Der Haushaltsausschuss will sich derweil während der Sommerpause des Parlaments Ende Juli erneut mit den Maskenbeschaffungen befassen, hieß es nach der Sitzung. |
|
| Mit einer Rede im Bundestag eröffnete Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) gestern die Haushaltswoche im Bundestag (© dpa) |
|
Bundeshaushalt 2025 | Jetzt geht’s ums große Geld | In dieser Woche debattieren die Abgeordneten im Bundestag vor allem über den Bundeshaushalt fürs laufende Jahr, den Finanzminister Lars Klingbeil gestern vorgelegt hat. Die 42 Mitglieder des Haushaltsausschusses werden danach nur eine verkürzte Sommerpause haben. Mindestens drei Wochen im Juli und August werden sie sich mit Budgetposten und politischen Prioritäten beschäftigen müssen. Ziel: ein mehrheitsfähiger Haushaltsentwurf, über den nach der Sommerpause abgestimmt werden kann. Auf dem Weg dorthin gibt es noch einige Hürden. Während die CDU so viel wie möglich einsparen will, möchte die SPD etwa Kürzungen im Sozialbereich verhindern. Die CSU fordert mehr Geld für die Straßen-Infrastruktur. Der haushaltspolitische Sprecher der Christsozialen, Florian Oßner, sagte dem FOCUS: „Die Straße bleibt weiterhin unterfinanziert, obwohl diese über 85 Prozent der Verkehrsleistung im Personenverkehr in Deutschland abdeckt.“ Während die Fraktionen der Regierungsparteien also noch eine gemeinsame Linie finden müssen, stellt sich Bundeskanzler Friedrich Merz heute ab 13 Uhr im Bundestag den Fragen der Abgeordneten. (wer) |
|
| Verdoppelung des Dax | Die 50.000-Punkte-Chance für Anleger | 50.000 Punkte für den Dax? Ist das absurd oder langfristig ein realistisches Kursziel? FOCUS MONEY rechnet mit einem bekannten Modell vor, wie erstaunlich wahrscheinlich solche Szenarien sind. | Zum FOCUS+ Artikel |
| | An Bord bei den Heeresfliegern | Mission Geiselbefreiung | In Litauen bekommt die Bundeswehr einen Eindruck davon, was die Nato Deutschland abverlangen wird. Unser Reporter flog mit „Nasty 1-1“, einem NH-90-Hubschrauber der Bundeswehr. | Zum FOCUS+ Artikel |
| |
|
| Co-Working-Büro in München: An der Isar werden am meisten Firmen gegründet (© Constantin Mirbach/TUM) |
|
Start-ups | Deutschland im Gründungsfieber | Trotz Konjunktur-Flaute entstehen wieder deutlich mehr Unternehmen. Nach einer Übersicht des Startup-Verbands und des Branchendienstes Startupdetector sind im ersten Halbjahr 1500 Firmen gegründet worden – gut acht Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Damit setzte sich „die positive Entwicklung der vergangenen zwei Jahre fort“, sagte Benedict Kurz, Vorstand des Startup-Verbands und Gründer der KI-Lernplattform Knowunity gestern. Sollte dieser Trend anhalten, „könnte erstmalig seit 2021 die Zahl von 3000 neuen Start-ups pro Jahr geknackt werden“, hieß es. Mit insgesamt 368 Unternehmen entfiel jede vierte Neugründung auf den Software-Bereich. Treiber war dabei vor allem der Siegeszug von Künstlicher Intelligenz (KI). Außerdem gehörten Medizin (194) und Nahrungsmittel (124) zu den Sektoren mit den meisten Neugründungen. |
|
Start-up-Gründungen: München bleibt Spitze | | Quelle: Startup-Verband |
|
Im Städteranking machte erneut München das Rennen. Pro 100.000 Einwohner wurden in der bayerischen Landeshauptstadt 13,5 Unternehmen gegründet. Die erheblich kleinere Universitätsstadt Heidelberg kam auf 13,4, Berlin auf 13,2 (Grafik). Zwar liegt Berlin bei den Unicorns – also Start-ups mit einer Bewertung von mindestens einer Milliarde Euro – weiter vorn. 15 der 30 deutschen Einhörner haben ihren Sitz in der Hauptstadt, darunter etwa Trade Republic (Finanzen) oder GetYourGuide (Reise). Aber mit inzwischen 10 Unicorns, darunter Flix (Verkehr), Personio und Celonis (beide Software), rückt München näher. (utz) |
|
| Siemens-Hauptquartier in München: Hier wird Zukunft gemacht, glauben die Analysten der Privatbank Metzler (© dpa) |
|
Top-Ten-Liste | Diese AGs machen am meisten Hoffnung | Das Frankfurter Bankhaus Metzler hat zwei deutsche Dax-Schwergewichte neu in seine Empfehlungsliste („German Top Ten“) aufgenommen. Neben der Munich Re gehört nun auch Siemens zu den Top-Hoffnungen der Privatbank. Aus dem deutschen Aktienindex bleiben die Deutsche Börse und Volkswagen auf der Metzler-Liste der zehn aussichtsreichsten deutschen Unternehmen. Außerdem sehen die Experten hohe Kurschancen für kleinere Unternehmen wie Bechtle, Evonik, Jungheinrich und den Recycling-Spezialisten Befesa. Aus dem Dax mussten zum Quartalswechsel dafür Allianz, BASF, RWE und Siemens Healthineers weichen. Zur Begründung verwies Metzler-Analyst Uwe Hohmann auf die „veränderten wirtschaftlichen und fiskalpolitischen Rahmenbedingungen in Deutschland“. Angesichts der Entwicklung bevorzuge man Unternehmen, die über eine starke Marktposition in Deutschland verfügten oder „besonders gut“ für die Infrastrukturwende in Deutschland aufgestellt seien. (utz) |
|
-1,4 Prozent – so deutlich sind die deutschen Exporte im Mai gesunken, bereits zum zweiten Mal in Folge. Am stärksten erwischte es die US-Ausfuhren. Sie brachen um 7,7 Prozent auf 12,1 Milliarden Euro ein. Wegen der Zolldrohungen von Donald Trump hatten viele US-Firmen im Februar und März Bestellungen vorgezogen. Dieses Geschäft fehlt nun. |
|
| Einst waren sie Proviant für Seefahrer – mancherorts haben sich europäische Kaninchen mittlerweile zur Plage entwickelt (© dpa) |
|
Tier-Populationen | Wie Europas Kaninchen Australien eroberten | Das europäische Kaninchen darf gut und gern als Welteroberer bezeichnet werden. Ursprünglich wurde es wegen seines Fleisches und Fells gezüchtet, um auf weite Entdeckerfahrten mitgenommen und auf hoher See und in fernen Ländern verspeist zu werden. Doch einige der kleinen Hopser entwischten – in Australien wurden sie inzwischen zur Plage. Nun stellen Forscher dort fest, dass dies nicht ohne Folgen blieb. Die Tiere kehrten nicht einfach zu ihrer wilden Form zurück, sondern durchliefen offenbar anatomische Veränderungen. „Wir haben festgestellt, dass australische Wildkaninchen deutlich größer sind als europäische“, sagt Emma Sherratt von der University of Adelaide. Vor allem der Schädel sei ausgeprägter. Er soll den Forschern nun Anhaltspunkte für das Verhalten der Tiere geben – um die Plage einzudämmen. Sprich: Den Karnickeln geht es dann doch an den Kragen. |
|
Von Ruhestand kann bei ihm noch lange keine Rede sein: Der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel, 65, wurde am Dienstag erneut zum Vorsitzenden der Atlantik-Brücke gewählt, die sich der deutsch-amerikanischen Partnerschaft verschrieben hat. In dieser Position ist er seit Langem gefragter und geschätzter Gesprächspartner, wenn es um Welthandel oder globale Krisenherde geht. |
| Daimler-Truck-Chefin Karin Radström, 46, musste am Dienstag den Abbau von 5000 Stellen verkünden. Der Nutzfahrzeughersteller hat sich ein Sparprogramm auferlegt, mit dem man bis 2030 in ganz Europa insgesamt eine Milliarde Euro einsparen will. Betroffen ist den Angaben zufolge die Lastwagen-Sparte des Unternehmens. Insgesamt hat Daimler Truck hierzulande rund 35.500 Beschäftigte. |
| |
|
•70 Jahre Deutschland in der Nato: In Berlin wird heute der Beitritt Deutschlands zum Verteidigungsbündnis am 6. Mai 1955 gefeiert. Erwartet werden Reden von Kanzler Friedrich Merz (CDU), SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius, CDU-Außenminister Johann Wadephul und Nato-Generalsekretär Mark Rutte. |
|
| Titelstory im FOCUS vor wenigen Wochen: 50 kluge Köpfe aus der deutschen Unternehmenswelt machten sich für ein Wirtschaftswunder stark (© FOCUS) |
|
... noch eine erfreuliche Nachricht: Unser Appell für mehr Optimismus im Land trägt Früchte. Vor kurzem präsentierten wir eine große FOCUS-Titelgeschichte (Foto oben), in der 50 Top-Leute aus der hiesigen Wirtschaft für mehr Zuversicht warben. Etliche unserer Gesprächspartner wollen nun mit einer gemeinsamen Kampagne den Aufbruch befeuern. Die Initiative unter dem Arbeitstitel „Made for Germany“ soll zeigen, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland besser ist, als er oft dargestellt wird. Den Auftakt dazu machen die CEOs von Siemens und Deutscher Bank, Roland Busch und Christian Sewing, sowie der Chef der Kommunikationsberatung FGS Global, Alexander Geiser. Am 21. Juli wollen sie im Kanzleramt mit Friedrich Merz und SPD-Finanzminister Lars Klingbeil den Startschuss für die Kampagne geben. Die Unterstützer der Aktion unterstrichen ihr Engagement mit Investitionsplänen von rund 300 Milliarden Euro für Deutschland in den kommenden drei Jahren. Deutschland, da geht noch was! Starten Sie also zuversichtlich in diesen Mittwoch! Herzlichst | | Thomas Tuma |
|
Dieser Newsletter wurde erstellt von Host: Tanit Koch, Thomas Tuma; Chefredaktion: Georg Meck, Franziska Reich; Chef vom Dienst: Thomas Schmidtutz; Redaktion: Ruben Giuliano, Edda Grabar, Leon Werner, Janna Claudia Wolf; Produktion: Petra Vogt, Daniela Wiesemann |
*Wir behalten uns vor, die eine oder andere Leser-Mail, unter Umständen gekürzt, zeitnah auch im FOCUS Magazin zu publizieren. |
| © 2025 BurdaVerlag Publishing GmbH |
HiddenListUnsub