Kandahar | 60 Jahre Mauerbau | Laschet im Boxring
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Rheinische Post

Morgenausgabe

Stimme
des Westens

Dorothee Krings

13. August 2021

Liebe Frau Do,

immer wieder schaut man in diesen Tagen neidvoll nach Großbritannien: Da gab es schon einen Freedom Day, einen Befreiungsschlag von allen Corona-Regeln. Deutschland mit viel niedrigeren Inzidenzen könnte diesen Weg auch einschlagen. Doch vielleicht ist es nicht klug, kurz vor dem Ziel den Pfad der Vorsicht zu verlassen. Zumindest fordert eine Gruppe europäischer Wissenschaftler, zu denen auch die Physikerin Viola Priesemann zählt, die Inzidenzen noch bis Oktober möglichst niedrig zu halten. Wenn bis dahin keine gefährliche Variante mehr auftauche, sei die akute Pandemie wohl vorbei. Ob sich das durchsetzen lässt, hängt sicher auch vom Vertrauen der Leute in Wahrscheinlichkeitsaussagen ab. Zielmarken wurden ja schon öfter in Aussicht gestellt. Und gerissen. Doch wenn Corona eins gelehrt hat, dann, dass fixe Behauptungen in Sachen Pandemie unredlich sind. Also bleiben die Wahrscheinlichkeiten. Und die Frage, ob sich Geduld auch diesmal bewährt.

Heute wichtig:

Mauerbau: Mit dem Bau der Mauer heute vor 60 Jahren verwandelte sich die DDR in ein Freiluftgefängnis. Mehr als 5000 Menschen gelang bis 1989 die Flucht. Zwei von ihnen waren Günther Heinzel und Roland Schreyer. Beide boten dem Unrechtsstaat mutig die Stirn. Und hatten großes Glück. Jörg Isringhaus hat ihre Geschichte aufgeschrieben.

Afghanistan: Der Vormarsch der Taliban scheint kaum noch aufzuhalten. In der Nacht zu Freitag ist Kandahar in die Hände der Islamisten gefallen – die zweitgrößte Stadt des Landes. Die Lage insgesamt fasst Thore Schröder zusammen, Details zur Attacke auf Kandahar gibt es hier.

Corona: Das Robert-Koch-Institut meldet 5578 neue Positiv-Tests. Das sind 2130 mehr als am Freitag vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 30,1 von 27,6 am Vortag. Alle wichtigen Entwicklungen gibt es in unserem Liveblog.

Noch mehr aktuelle Nachrichten gibt es zum Hören – von Montag bis Samstag jeden Morgen ab 5 Uhr in unserem „Aufwacher“-Podcast.

Meinung am Morgen:

CDU: Die heiße Wahlkampfphase hat die CDU noch nicht eingeläutet, aber der Kanzlerkandidat der Union ist auf Deutschlandtour. Seine persönlichen Umfragewerte fallen rasant, die der CDU auch. Für Armin Laschet werde es eng, schreibt Kerstin Münstermann in ihrem Kommentar. Der Spagat zwischen dem sich kümmernden NRW-Landesvater nach der Flutkatastrophe und dem bundesweiten Wahlkämpfer sei bisher nicht gut gelungen.

Grundsteuer: In NRW zahlen die Bürger die höchste Abgabe für Grundbesitz unter allen Flächenländern. Warum das so ist und die Grundsteuer weiter klettern dürfte, analysiert Georg Winters in seinem Kommentar. Die Grundsteuer zu erhöhen, sei nun mal bequemer als Unternehmen wachsende Gewerbesteuern aufzubrummen. Doch am Ende trifft das auch die Mieter.

Bahnstreik: Der aktuelle Streik bei der Deutschen Bahn trifft weniger das Unternehmen als vielmehr die Kunden. Nicht nur, weil sie auf Bahnsteigen festsitzen, sondern weil die Kosten für den Streik beim Steuerzahler landen. Justus Haucap, Professor für Wettbewerbs­ökonomie an der Universität Düsseldorf, fordert darum in seiner Kolumne unter anderem, dass es bei der Bahn  mehr Wettbewerb geben müsse.

Sie wollen noch mehr Analysen und Kommentare? Unser Meinungs-Ressort versorgt Sie jeden Tag mit aktuellen Beiträgen.

So gesehen:

In Familien mit schulpflichtigen Kindern dürfte gerade die Wehmutkurve steigen – bald sind die Ferien vorbei. Da kann ein Film mit einem erfrischend rücksichtslosen, manisch manierierten Piratenchef einen Stimmungsaufheller bringen. „Fluch der Karibik“ macht immer wieder Spaß. Im Interview, das Mariam Schaghaghi für uns geführt hat, verrät Hauptdarsteller Johnny Depp, wie er die Figur geschaffen hat: Seine Tochter war damals drei, er habe ausschließlich Zeichentrickfilme konsumiert und sich von der Unverfrorenheit gezeichneter Helden inspirieren lassen. Auch Stones-Gitarrist Keith Richards kommt einem nicht grundlos in den Sinn. Es gibt also ein einfaches Mittel, sich für den Rest der Woche mit ein wenig Dreistigkeit zu wappnen: Trickfilme schauen!

Herzlich,

Ihre

Dorothee Krings

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