Liebe/r Leser/in, seit diesem Wochenende hängen überall in Deutschland Wahlplakate, jetzt ist es nicht mehr zu übersehen: Die heiße Phase des Bundestagswahlkampfs hat begonnen. Die Ausgangslage ist für alle drei Parteien, die sich auf Kanzlerkandidaten geeinigt haben, bescheiden: In der aktuellen FOCUS-Sonntagsfrage führt die CDU mit 24 Prozent, gefolgt von Grünen (22) und SPD (18). Einen echten Führungsanspruch könnte allein aus diesem Ergebnis wohl kein „Gewinner“ ableiten. Und so wird ab Herbst wahrscheinlich eine Koalition aus drei Parteien regieren: Durchaus realistisch wäre auf Basis der momentanen Zahlen eine Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP oder ein Ampelbündnis aus Grünen, SPD und FDP. In beiden Fällen wäre FDP-Chef Christian Lindner der Kanzlermacher. Wer ab Herbst das Land regiert, wird am Ende vielleicht weniger davon abhängen, was Armin Laschet, Annalena Baerbock und Olaf Scholz dem Volk versprochen haben, als vielmehr davon, was Christian Lindner seinen Liberalen zumuten kann. Das ähnelt der Situation vor vier Jahren. Mal schauen, wie er sich diesmal entscheidet … Morgen treffen sich die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder mit der Bundeskanzlerin, um darüber zu beraten, wie Deutschland durch den zweiten Corona-Herbst kommt. Im Wesentlichen wird es darum gehen, die Impfbereitschaft, die in den vergangenen Wochen deutlich nachgelassen hat, zu erhöhen. Um dies zumindest indirekt zu erreichen, denn eine Impfpflicht hatte die Bundesregierung kategorisch ausgeschlossen, sollen Corona-Tests ab Mitte Oktober Geld kosten. Das Kalkül: Wer vor jedem Restaurant- oder Konzertbesuch für einen Corona-Test zahlen muss, wird sich vielleicht doch einen Ruck geben und sich impfen lassen. Es geht nur über sanften Druck oder Anreize. Von mir aus auch mit der oft beschriebenen Thüringer Bratwurst als „Impfprämie“. Neben Corona steht auf der Tagesordnung der Länderchefs die Folgenbeseitigung der Flutkatastrophe u.a. in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Die Zeit drängt, viele Betroffene fürchten, dass ihre Sorgen und Nöte nur so lange gesehen werden, wie sich das Land im Wahlkampfmodus befindet. Bevor also die Ersten ihrem Frust bei der Briefwahl Ausdruck verleihen, muss ein greifbares Ergebnis vorliegen. Fest steht: Der Wiederaufbau an Rhein und Ahr wird viele Milliarden kosten. Und es gibt dazu für den Moment keine Alternative. Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche! |