Gesamtenergieverbrauch der Schweiz 1910-2018 Unbeeindruckt vom Leistungsausweis der Schweizer Kernkraftwerke haben sich in den vergangenen drei Jahrzehnten die Positionen der politischen Parteien in der Debatte um die Kernenergie kaum verändert: Bürgerliche sind im Prinzip dafür, Linke und Grüne sind aus Prinzip dagegen. In den 1950er- und 1960er-Jahren jedoch waren Natur- und Umweltschutzorganisationen energische Befürworter der Kernenergie. Dazu gehörte insbesondere der Natur- und Heimatschutz. Denn das wirtschaftliche Wachstum und der technische Fortschritt, insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg, führten zu einem grösseren Energie- und Ressourcenverbrauch, was wiederum verstärkte Luft- und Gewässerverschmutzung sowie die Zu-betonierung der Landschaft zur Folge hatte. Die Kernenergie wurde deshalb damals als eine ökologische Alternative zu den Wasserkraftwerken und zu den mit Kohle, Gas und Öl betriebenen thermischen Kraftwerken angesehen*. In einem Protokoll des Vorstandes des Schweizerischen Bunds für Naturschutz – heute Pro Natura – vom 11. Dezember 1965 steht unter anderem: «Der Naturschutzbund unterstützt die mehrfach geäusserte Haltung des Bundesrats, unverzüglich mit dem Bau von Kernkraftwerken zu beginnen.» *Michael Fischer: Atomfieber – Eine Geschichte der Atomenergie in der Schweiz. Baden 2019. ISBN 978-3-03919-472-8 Anti-AKW-Aktivisten strömten in den 1970er-Jahren zu Tausenden auf die Strasse.Bildarchiv Nuklearforum Schweiz | Meinungsumschwung Der Meinungswandel wurde in den 1970er-Jahren mit dem Projekt für ein Kernkraftwerk in Kaiseraugst bei Basel eingeleitet. Als erste orientierte sich die Umweltbewegung um und begann ihren Kampf gegen die Kernenergie, die sie zuvor noch befürwortet hatte. Ihr folgten bald auch die linken Parteien. | Steigender StromverbrauchIn den letzten zwei Jahrzehnten kam mit der Klimaproblematik ein neues Element in die Debatte rund um die Kernenergie. Die geforderte Abkehr von Erdöl und Erdgas und die Forderung nach mehr Energieeffizienz dürften den Stromverbrauch aus Gründen des Klimaschutzes zusätzlich nach oben treiben. CO2-Emissionen senken Das Übereinkommen von Paris verfolgt das Ziel, die globale Erwärmung deutlich unter 2° Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten, wobei ein maximaler Temperaturanstieg von 1,5° Celsius anzustreben ist. Mit der Genehmigung des Übereinkommens hat die Bundesversammlung unter anderem dem Ziel zugestimmt, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 50% gegenüber 1990 zu verringern. Um dies umzusetzen, bedarf es einer Totalrevision des geltenden CO2-Gesetzes für die Zeit nach 2020. In seinem 2018 veröffentlichten Bericht zur globalen Klimaerwärmung schreibt der Weltklimarat der Uno (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC): «Ein starker Ausbau der Kernenergie würde dazu beitragen, die globale Erwärmung unter 1,5 Grad zu halten.» |