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Stefan Gilsbach
Lokalredakteur Radevormwald
21. Oktober 2023
Liebe Leserin, lieber Leser,
Hückeswagen, Radevormwald und Wermelskirchen aus einer Hand – das erwartet Sie in diesem Newsletter. Und das sind unsere Themen:
Bei den Wohlfahrtsverbänden und den Freien Trägern kriselt es. Inflation und berechtigterweise gestiegene Löhne sprengen das Budget. Während die einen ans Eingemachte gehen und sich damit noch einige Monate über Wasser halten können, sehen andere ihre Existenz bedroht. Das hat spürbare Folgen: Es geht um die Aufrechterhaltung von Angeboten wie Offene Ganztagsschulen oder Kindertagesstätten. Der Traum von dringend nötigen Verbesserungen im Bereich des Sozialwesens und speziell bei der Kinderbetreuung ist da längst ausgeträumt. Das führt logischerweise dazu, dass per Demonstration und bereits angekündigten weiteren Aktionen lautstark Alarm gegeben wird. Um so anständiger ist es, dass betroffene Mitarbeiter von Ganztagsschulen in Wermelskirchen nicht zur Demo in die Landeshauptstadt gefahren sind, sondern ihren Job gemacht haben – um ihrer Schützlinge und deren Eltern willen.
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Bei Letztgenannten macht sich verständlicherweise Unsicherheit breit, denn Kindergärten oder Offene Ganztagsschulen sollten nicht in Frage stehen, sondern eine Selbstverständlichkeit sein. Dass die Politik auf Landes- und Bundesebene das nicht gewährleistet, ist hingegen in höchstem Maß unanständig. Wer da das dramatische Wort „Staatsversagen“ benutzt, liegt nicht falsch.
Immerhin: Für das Wirr-Warr von fehlenden Kita-Plätzen, Finanznot bei Freien Trägern und der öffentlichen Hand sowie Kindertagesmüttern und -vätern will das Wermelskirchener Amt für Jugend, Bildung und Sport ein beratender Ansprechpartner sein und geht in die Offensive . Eine erstmals organisierte Veranstaltung soll über das Anmeldeverfahren sowie die Möglichkeiten der Betreuung von Jungen und Mädchen im Kindergarten-Alter informieren. Das ist der richtige Weg, um Verunsicherungen den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Andreas Gotter, Vorsitzender des Stadtsportverbands (SSV), hat die Situation in jeder Hinsicht richtig eingeschätzt. Zum einen ist es schade, dass die Footballer des ASC Phoenix der Schloss-Stadt den Rücken gekehrt haben. War doch diese US-amerikanische Sportart, die in Deutschland immer mehr Anhänger für sich begeistert, eine Bereicherung für das Hückeswagener Sportangebot. Aber die Konzentration der Phoenixe auf Gummersbach hat sich nicht nur seit längerem angedeutet, sie ist auch nachvollziehbar. Zum einen ist die Kreisstadt für die Spieler, etwa Studenten aus Köln, verkehrstechnisch deutlich besser zu erreichen. Zum anderen dürfte es in der Kreismitte wesentlich mehr Potenzial an Sponsoren und Fans geben. Da ist Hückeswagen schlicht zu klein, und mit dem AFC Amboss aus Remscheid gibt es einen Footballverein, der viele Anhänger dieser Sportart bindet.
Nun könnte der Abschied des ASC Phoenix zumindest einen Vorteil haben – freie Trainingskapazitäten auf dem Sportplatz. Zwar ist der Sportplatz nun montags von 18.30 bis 20 Uhr frei, aber wer diese Trainingszeit nutzen soll, ist noch unklar. So weiß auch Gotter, dass die Seniorenteams von RSV 09 und SC Heide kaum auf diesen Termin ausweichen werden, weil sie in der Regel tags zuvor ihre Meisterschaftsspiele austragen. So ist es zwar möglich, dass diese Trainingszeit von einem Verein oder einem Hobbyteam künftig genutzt wird, eine Entspannung bei den Trainingszeiten an der Schnabelsmühle ist das jedoch bei weitem nicht. Die ist nur durch einen zweiten Sportplatz in Hückeswagen möglich – dessen Realisierung angesichts der schwierigen Haushaltslage der Stadt und der vielen anderen anstehenden Projekten nicht sichtbar ist.
Ein Projekt ist der OGS-Neubau für Wiehagen . Bei diesem durch die Gesetzeslage erzwungenen Projekt tut sich zumindest eine Chance auf – dass Wiehagen endlich eine Turnhalle bekommt. Eine solche sieht die Variante 4 für den OGS-Neubau vor. Aber ob die realistisch ist? Bei Kosten zwischen 7,5 und 10,8 Millionen Euro wohl eher nicht. Zumal auch noch im Brunsbachtal das neue Bürgerbad – eventuell mit einer weiteren Sporthalle – umgesetzt werden muss. So bleibt die Situation für den Hückeswagener Breitensport weiterhin angespannt.
Immer wieder gelingt es Akteuren aus Radevormwald, hochklassige Künstler in die Stadt zu holen. Im Sommer gab zum Beispiel der Berliner Vokalkreis in der Pfarrkirche St. Marien ein Thomas-Tallis-Konzert. Auch der österreichische Orgel-Improvisator Manfred Tausch war schon dort zu Gast. Die Kunstinitiative Radevormwald hat wiederholt Ausstellungen mit international renommierten Malern und Bildhauern organisiert. Und am vergangenen Wochenende waren hochkarätige Gitarristen wie Ahmed El-Salamouny zu Gast im Bürgerhaus.
Doch leider: Die Resonanz fällt gering aus . Künstler, die oft von weit angereist sind, spielen vor einem Publikum, das – wie man so sagt – an einer Hand abzuzählen ist. Radevormwald, so heißt es bei Veranstaltern hinter vorgehaltener Hand, sei ein sehr, sehr schwieriges Pflaster für anspruchsvolle Kultur. Sind die Radevormwalder etwa Banausen?
Das Phänomen ist freilich nicht auf die Bergstadt beschränkt. Die Menschen sind generell durch die vielen Krisen erschöpft, nicht mehr bereit, sich für neue Eindrücke zu öffnen. Gerade Berufstätige wollen in ihrer Freizeit vor allem eins: Abschalten. Sich auf „schwere“ Kultur einzulassen, dazu fehlt vielen der Antrieb. Und die Corona-Pandemie hat den Hang zum Einigeln in den eigenen Wänden noch befördert.
Was die Lage in Radevormwald speziell schwierig machte, war das Fehlen von geeigneten Veranstaltungsräumen. Das Bürgerhaus eignet sich gut für die Theateraufführungen des Kulturkreises, und dieses Angebot wird auch angenommen. Es tut sich jetzt zum Glück noch mehr in der Stadt. Mit dem Bürgerzentrum Wupper stehen neue Räumlichkeiten zur Verfügungen, auch für kleinere Kulturveranstaltungen, die im großen Saal des Bürgerhauses untergehen würden. Wenn das geplante „WohnZimmer“ an der Nordstraße fertig ist, stehen weitere Räume bereit. Wie wichtig die Existenz solcher Kulturstätten ist, lässt sich am Beispiel des Kultur-Hauses Zach in Hückeswagen sehen.
Übrigens: Manfred Tausch wird am 25. November wieder in Radevormwald zu hören sein, beim Abschiedskonzert für Regionalkantor Bernhard Nick . Wäre das nicht eine gute Gelegenheit?
Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen
Ihr
Stefan Gilsbach
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