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Stefan Gilsbach
Lokalredakteur Radevormwald
24. Februar 2024
Liebe Leserin, lieber Leser,
Hückeswagen, Radevormwald und Wermelskirchen aus einer Hand – das erwartet Sie in diesem Newsletter. Und das sind unsere Themen:
Eltern liegt das Wohl ihrer Sprösslinge wie nichts anderes am Herzen. Da ist es kein Wunder, dass sie – wie im akuten Fall des Personalmangels in der Wermelskirchener Kindertagesstätte Jahnstraße – bereit sind, an Interims-Notlösungen mitzuwirken. Die Mamas und Papas hängen am „Fliegenfänger“ , ihre Bereitschaft resultiert aus dem „Friss-oder-stirb-Prinzip“, denn eine Wahl haben sie nicht, allenfalls die zwischen Pest und Cholera. Weder die Kita-Leitung noch die Stadt als Träger der Einrichtung werden mit der Situation glücklich sein – auch sie stehen nicht minder mit dem Rücken zur Wand, weil gesetzliche Regelungen einzuhalten sind.
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rp-online.de/zukunftsorte
Was über die Interimsphase mit deutlichen Einschränkungen der Betreuungszeiten in der aktuell unfreiwillig in den Fokus geratenen Kita Jahnstraße hinaus bleibt, ist der Blick in die Zukunft. Und die sieht in Sachen Kita nicht gerade rosig aus. Auch wenn der Erste Beigeordnete Stefan Görnert berichtet, dass derzeit einige Bewerbungen zur Besetzung der freien Erzieherstellen vorliegen, ändert sich an dem grundsätzlichen Problem nicht viel. Der Fachkräftemangel in den Kindergärten trifft längst nicht nur die Kita Jahnstraße, längst nicht nur die Stadt Wermelskirchen. Eine Studie von Prof. Thomas Rauschenbach (Universität Dortmund) hat es ermittelt: Im Jahr 2030 fehlen in den NRW-Kita zwischen 16.000 und mehr als 20.000 Fachkräfte. Und: Die krankheitsbedingten Fehlzeiten von Menschen in der Kinderbetreuung liegen laut der Studie höher als in anderen Berufen – in 2022 waren das durchschnittlich 30 Arbeitstage. Andererseits arbeiteten in 2010 rund 134.000 Beschäftigte in der Kinder- und Jugendhilfe NRW, zwischen 2020 und 2022 waren es laut der Studie schon rund 193.000: ein Zuwachs von 44 Prozent. In der Kita-Betreuung lag das Personalplus sogar bei 60 Prozent. Der Haken dabei: Dieser Zuwachs deckt nicht den ebenfalls zunehmenden Bedarf.
Die Akteure müssen schnell nach Lösungen suchen, Normen überdenken – und das gilt über die kommunale Ebene hinaus.
Es ist schon außergewöhnlich, dass die Parteien mit ihren Argumenten jeweils recht haben, auch wenn die Meinungen zu einem Thema in Hückeswagen weit auseinanderklaffen. So ist das aktuell bei der Frage, ob das neue Hallenbad zusammen mit einer Dreifachturnhalle gebaut werden soll oder nicht. SPD und Grünen sind auf der Seite der Sportler , von denen ein Teil am Dienstag vor der Sitzung des Bauausschusses ihre Forderungen lautstark bekräftigte. Die FDP hat bereits klargestellt, im Rat nicht dafür zu stimmen. Die FaB tendiert auch in diese Richtung, die AfD hüllte sich einmal mehr in einem Ausschuss in Schweigen, und die CDU hat erneut Beratungsbedarf angemeldet. Dabei wird es letztlich auf die Entscheidung der größten Fraktion ankommen : Bleibt sie bei ihrem Nein, wird es in absehbarer Zeit keine Dreifachturnhalle geben.
Die neuerliche Diskussion im Bauausschuss zeigte wieder einmal das Dilemma auf, in der Verwaltung und Politik stecken: Einig sind sich alle, dass eine weitere Sporthalle dringend notwendig ist. Uneinig sind sie darüber, ob sie jetzt gebaut werden kann und soll. Alle Argumente sind richtig: Wird sie jetzt nicht gebaut, dürfte es mindestens zehn Jahre dauern, bis eine Entscheidung fällt. Es ist aber auch kein Geld da, und die Stadt hat nicht das Personal, ein weiteres Großprojekt zu betreuen. Das machte Dieter Klewinghaus, Leiter des Gebäudemanagements, im Ausschuss eindrücklich deutlich.
Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten: Würden die Planungen für das Hallenbad um ein Jahr verschoben, wäre dann eine Projektleiterin der Verwaltung für ein gemeinsames Projekt Bad / Halle frei. Damit würde die Eröffnung aber weiter verzögert, was unter anderem der DLRG nicht zuträglich wäre. Ansonsten bleibt nur: Im Rat am 5. März muss eine Entscheidung her. Wie auch immer sie ausfallen wird: Sie wird die richtige sein – aber auch sehr weh tun.
Anfang Februar ging es gehörig zur Sache im Wermelskirchener Beirat für Menschen mit Behinderung. Zwei Mitarbeiter der Pflegeberatung mussten sich dort heftige Kritik anhören. Der Hintergrund: Die Zuständigkeit für die Pflegeberatung in Wermelskirchen ist vor einiger Zeit von der Stadt an den Rheinisch-Bergischen Kreis übergegangen. Das Ergebnis sei ein Desaster, hieß es in der Sitzung. Betroffene beklagten sich über Bürokratie und ständig wechselnde Ansprechpartner. Alles sei kompliziert und unpersönlich geworden. Man wolle die Beratung vor Ort zurück.
Wie anders sind da die Verhältnisse in Radevormwald! Die Pflegeberatung wird hier im Auftrag der Stadt durch den Trägerverein „aktiv55plus“ übernommen. Der hat ein Team, das die Betroffenen seit Jahren kennen und zu dem sie Vertrauen haben. Die Mitarbeiter sind zentral in der Stadt zu finden, machen auch Hausbesuche. Und der Verein bietet über seine eigentliche Aufgabe hinaus beliebte Aktivitäten an. Auch die Ärzte und die Kirchengemeinden vor Ort wissen, was sie an dem Verein haben . Daher appellieren sie nun an den Rat, eine Lösung für die aktuellen finanziellen Probleme des Vereins zu finden.
Freilich muss noch einmal darauf hingewiesen werden, dass die Pflegeberatung in der Stadt nicht mit dem Verein steht und fällt. Sollte „aktiv55plus“ eines Tages aufgelöst werden, dann wird die Stadtverwaltung auf einem anderen Weg diese Aufgaben erfüllen. Aber der Vergleich zu Wermelskirchen zeigt: Das Konstrukt in Radevormwald funktioniert gut, so wie es ist. Und so drängen viele Akteure in der Stadt verständlicherweise darauf, diesen Zustand nicht zu gefährden.
Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen
Ihr
Stefan Gilsbach
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