Lange wurden Dinosaurier als dumpfe Fressmaschinen mit winzigen Gehirnen dargestellt. Mittlerweile ist bekannt, dass die Tiere deutlich intelligenter waren, als man ihnen zutraute. Eine neue Studie legt nahe, dass einige von ihnen sogar die Perspektive anderer Individuen einnehmen konnten – 60 Millionen Jahre, bevor die ersten Säuger diese Fähigkeit entwickelten.
Bei uns Menschen entsteht im Alter zwischen 18 Monaten und zwei Jahren ein Gefühl dafür, dass andere Menschen von ihrer Position aus Dinge sehen können, die wir selbst nicht sehen – zum Beispiel, weil ein Hindernis im Weg steht. Dieses Verständnis führt dazu, dass wir unsere Position ändern, um zu sehen, was der andere sieht, und uns im Zweifel noch einmal anschauen, wohin genau sich der Blick des anderen richtet. Diese sogenannte Perspektivübernahme gilt als Fundament menschlicher Kommunikation, wurde aber auch schon bei Primaten, Vögeln, Hunden und Wölfen nachgewiesen.
Ein Team der schwedischen Universität Lund hat untersucht, wann in der Evolution sich diese Fähigkeit erstmals entwickelt hat. Dafür machten sie Versuche mit den engsten noch lebenden Verwandten der Dinosaurier – den Urkiefervögeln wie Strauße oder Nandus und der Gruppe der Krokodile. Urkiefervögel können die Perspektive anderer übernehmen. Krokodile können es nicht. Die Linien dieser beiden Gruppen trennten sich vor etwa 250 Millionen Jahren. Die Fähigkeit musste also nach dieser Zeit aufgetaucht sein.
Auf Seiten der Vögel entwickelten sich über die Jahrmillionen zahlreiche Urzeitgiganten. Aus ihnen ging vor etwa 160 Millionen Jahren eine Gruppe hervor, die schon Federn trug, aber nicht fliegen konnte, etwa der Velociraptor. Aufgrund ihrer engen Verwandtschaft mit den heutigen Urkiefervögeln gehen die Forschenden davon aus, dass sie die ersten Lebewesen waren, die sich in andere hineinversetzen konnten.
Alina Reichardt Wissen & Gesundheit |