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Stefan Jacobs
von Stefan Jacobs
  Guten Morgen,

die Groko hat ihr Klima gerettet. Während sich draußen Hunderttausende versammelt hatten, die sich die Zukunft des Planeten nicht länger verdieseln lassen wollen, hat es das Klimakabinett mal wieder mit Gemütlichkeit versucht: Der Spritpreis steigt bis 2025 um 10,5 Cent, sodass er (bei konstantem Ölpreis) dann ungefähr wieder auf dem Niveau von 2011 wäre. Damit es an der Tankstelle nicht zu sehr wehtut, wenn der geliebte SUV mal wieder einen über den Durst getrunken hat, wird die Pendlerpauschale erhöht.
Heizen mit nicht mehr taufrischer Technik wird wohl etwas teurer, ebenso Flüge, dafür werden Bahntickets dank Mehrwertsteuersenkung billiger und die EEG-Umlage beim Strom minimal gesenkt. Dazu gibt’s mehr E-Auto-Förderung und Steuervorteile bei der Gebäudesanierung. Gemessen am Erkenntnisstand über den Klimawandel und der Erwartungshaltung der Massen gestern auf den Straßen ist das Homöopathie, über die sich selbst klimawandelleugnende AfD-Windradverächter nur mit Mühe echauffieren können.

Trotzdem lohnt es sich, auf die Zukunft zu hoffen. Denn anders als bisher dürfen verfehlte CO2-Einsparziele nicht mehr schulterzuckend mit Verweis auf den großen Wurf 2050 ff. abgetan werden. Jahresscharfe Berichtspflichten der Ressorts dürften auf mittlere Sicht die Zeiten beenden, in denen der Bundesauspuffminister die Probleme des Verkehrs – bisher bei der CO2-Minderung ein Totalausfall – mit irgendwelchen Apps für gelöst erklären kann. Dieser Paradigmenwechsel ist die eigentliche Leistung. Sie wird nur leicht übersehen, weil die Preise für die Verschmutzung zunächst so lächerlich sind: Für die zehn Euro, für die sich eine Tonne CO2 ( = 1x Tegel–Dubai ohne Rückflug) in unser aller Luft verklappen lässt, wird man bei der BSR gerade mal drei Eimer Bauschutt los.

Dass die Anreise zu dieser bisher größten Demo fürs Klima aus den Berliner Außenbezirken praktisch nur per Auto möglich war, weil sich die S-Bahn mal wieder im Fridays-for-futsch-Modus befand (mehr dazu im Telegramm), gehört zu den gefürchteten Berliner Pointen. Aber dadurch blieb viel Zeit, an der Bushaltestelle zu stehen und mal gedanklich vor der eigenen Tür zu kehren. Also da, wo sich To-Go-Becher und Einwegplastikflaschen tummeln. Wo der Pulk an jeder Ampel durchstartet, dass die Kraftstoffpumpe ein rauschendes Fest feiert. Wo die Fahrt zum Bäcker mit dem Rad womöglich sogar schneller ginge, wo die Ausknöpfe von PC und TV nur fünf Schritte entfernt wären, wo der Flug zum Oktoberfest brutto im Vergleich zur Bahn kaum eine Stunde spart und wo die Heizung im Büro unterm gekippten Fenster auf 5 steht, damit die Luft frisch und trotzdem warm ist. Alles „Pillepalle“, um die Kanzlerin zu zitieren. Aber Kleinvieh macht eben auch Mist, viel Kleinvieh macht viel Mist. Und wir sind alle Kleinvieh angesichts der Aufgabe, die sich vor uns auftürmt wie ein Eisberg, aber im Unterschied zu diesem nicht kleiner wird.
 
     
 
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