2. Höhlenmaler im Hörsaal Wer kritzelt, konzentriert sich besser. Studien belegen, dass der Mensch Gedächtnisinhalte, die er aufnimmt, während er mit dem Stift Männchen, Blumen, Sterne, Herzchen oder Rauten zeichnet, nach ein paar Tagen um 30 Prozent besser aufnehmen kann. Mit Untersuchungsergebnissen dieser Art begründet die Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe eine kleine Online-Ausstellung abfotografierter Tisch-Kritzeleien, die Studenten im Lauf der Jahre hinterlassen haben. Der betreffende Hörsaal wurde renoviert, aber die Zeichnungen und Sprüche sollen erhalten bleiben, denn sie seien „in gewisser Weise ein Dokument der Zeitgeschichte“, so Guido Falkemeier, Dekan des Fachbereichs Medienproduktion der weitgehend künstlerisch ausgerichteten Hochschule. Michael Minge, Psychologieprofessor auf dem Campus in Lemgo, analysiert die häufigsten Motive. Wer geometrische Formen male, setze sich intensiv mit einer Fragestellung auseinander und versuche, „Struktur hineinzubringen“. Der Urheber stehe in diesem Fall auch häufig vor einem echten Problem, das er lösen wolle. Blumen hingegen vermittelten eine positive Stimmung. Entweder befinde sich die Person schon in diesem Zustand, oder sie wolle sich durch das Zeichnen in eine solche Stimmung versetzen, so Minge. Jedenfalls befriedige das von manchen Dozenten (und Gebäudemanagern) scheel angesehene Tisch-Kritzeln ein schon durch Höhlenmalereien ausgelebtes Bedürfnis, „sich zu verewigen, zu dokumentieren: Ich war hier." | Kurt-Martin Mayer, Wissen & Gesundheit |
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