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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Donnerstag, 17.06.2021 | Sommerliche und weitestgehend wolkenfreie 34°C. | ||
+ Wie die Staatskapelle die Welt rettet – jedenfalls ein bisschen + Straßenkampf in Friedrichshain + Veranstalter will Xavier Naidoo „keine Bühne geben“ + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, Berlin stehen heiße Tage bevor – politisch (dazu später mehr) und meteorologisch: Heute kann es 36 Grad werden, morgen sogar 37 Grad (Julius Betschka hatte gestern hier schon mal ein paar Tipps zum Abkühlen herausgesucht). Aber ist das für Mitte Juni so ungewöhnlich? Der Checkpoint hat sich die Daten der vergangenen 50 Jahre angeschaut (gemessen in Dahlem auf zwei Meter Höhe), die wichtigsten Erkenntnisse: + Nur in zwei von fünfzig Jahren stieg die Höchsttemperatur im Juni über die 35-Grad-Marke: im Jahr 2000 auf 36,1 Grad und im Jahr 2019 auf 37,6 Grad. + Nur in zwei von fünfzig Jahren lag die Durchschnittstemperatur im Juni über 20 Grad: im Jahr 1992 mit 20,3 Grad und im Jahr 2019 mit 21,9 Grad. + Zwischen 1961 und 1990 lag die Klimamitteltemperatur im Juni-Durchschnitt bei 16,7 Grad. + Zwischen 1991 und 2020 lag die Klimamitteltemperatur im Juni-Durchschnitt bei 17,4 Grad. | |||
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An dieser Stelle könnte dramatische Musik erklingen, z.B. „Le sacre du printemps“ von Igor Strawinsky (auch wenn ja schon Sommer ist) – aber wir sprechen hier lieber mal kurz mit Markus Bruggaier, Hornist der Staatskapelle Berlin und Mitgründer der „Orchester des Wandels“, eine der ersten Klima- und Umweltschutzinitiativen der deutschen Klassiklandschaft: Herr Bruggaier, wie können Orchester zum Klimaschutz beitragen? „Lange war sich die Kulturszene da sehr unsicher. Schließlich beschäftigen wir uns nur mit „Liebe und Tod“, wie Marcel Reich-Ranicki vielleicht gesagt hätte, und alles andere ist nicht existentiell genug. Aber wir können die Veränderungen um uns herum nicht einfach ausblenden, dann stehen wir am Ende wie Saurier da. Mir ist wichtig, dass wir Musiker beim Klimaschutz liefern, auf allen Ebenen.“ Was bedeutet das konkret? „Wir Musiker von der Staatskapelle Berlin haben 240.000 Bäume in Madagaskar pflanzen lassen, 140.000 kommen bald dazu. Der Instrumentenbau trägt viel bei zur Abholzung weltweit, 30 Millionen Griffbretter für Gitarren und Streichinstrumente werden jedes Jahr aus madegassischem Ebenholz gefertigt – es ist dafür das beste der Welt. Inzwischen sind dort 90 Prozent der Wälder abgeholzt. Durch unsere Baumpflanzungen sind wir vermutlich das erste Orchester weltweit, das sich klimaneutralisiert hat – auch wenn wir das aus rechtlichen Gründen als Privatpersonen machen.“ Und welche Rolle spielen dabei die „Orchester des Wandels“? „Das sind Musikerinnen und Musiker aus sehr vielen bedeutenden Orchestern, die wie in einer Graswurzelbewegung für den Klimaschutz eintreten. Wir wollen, dass der Klimaschutz in den Kulturauftrag aufgenommen wird. Wir spielen Benefizkonzerte, erarbeiten Leitfäden, wie die Konzertorganisation klimaneutral gestalten kann – und pflanzen eben Bäume!“ | |||
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Wir kommen zur politischen Erhitzung: Vor der für heute geplanten Brandschutzprüfung im Haus Rigaer 94 brannten gestern auf der Straße die Barrikaden – und von den Dächern bewarfen Gewalttäter die Polizei mit Pflastersteinen und Flaschen. 60 Einsatzkräfte wurden verletzt, Kitas und eine Schule bis Freitag geschlossen, das Bürgeramt ist aus Sicherheitsgründen bis kommende Woche dicht. Am Abend tagte die BVV – und tat sich schwer damit, sich auf eine gemeinsame Stellungnahme zu verständigen. Am Ende wurde das Wort „linksextremistisch“ gestrichen. | |||
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Was sonst noch geschah in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg: Der FDP-Verordnete Michael Heihsel wurde gerügt – er hatte dreimal das Wort „Bockmist“ verwendet. Ein klassischer Fall von Liberalextremismus. | |||
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Und dann fiel noch das Wort „Lüge“ – es richtet sich gegen Baustadtrat Florian Schmidt, dem Heihsel vorwirft, den Verordneten eine falsche Auskunft über seinen Kenntnisstand in Sachen Wohnhochhaus Schöneberger Straße gegeben zu haben: „Das war dem Stadtrat bis zum 4. März 2021 nicht bekannt“, lautete Schmidts Antwort auf Fragen zur vormaligen Eigentümerin des Grundstücks, der D.I.V. (die von der Zahl ihrer Wohnungen her bei einem erfolgreichen Volksentscheid enteignet werden müsste) und zu deren 50-%-Anteil an der Projektfirma UTB von Schmidt-Kumpel Thomas Bestgen, der das Hochhaus jetzt entwickelt. Tatsächlich wusste Schmidt darüber laut Heihsel, der sich die Akten angeschaut hat, aber bereits seit 2019 Bescheid – und zwar, wie sich aus dem Mailverlauf ergibt, sehr detailliert. Schmidt erklärte seine (falsche) Antworte gestern mit einem Missverständnis. | |||
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Soll der Holocaustleugner Xavier Naidoo („gelungene historische Fiktion“) in der bezirkseigenen Zitadelle Spandau auftreten dürfen? Als unser Reporter Sebastian Leber diese Frage dem Veranstalter Thomas Spindler von Trinity Music stellte, wurde er von ihm beschimpft – man möge ihn mit so etwas gefälligst nicht „belästigen“. Auf der Website bewarb Trinity das Konzert weiterhin mit dem Hinweis auf die „ausdruckstarken Inhalte“ des Sängers. Erst nachdem der Text über Naidoos antisemitische Ausfälle und Spindlers aggressive Reaktion („erbärmliche Recherche“) gestern auf tagesspiegel.de erschien, reagierte Trinity: Die euphorische Werbung fürs Naidoo-Konzert („überragendes Talent“, „authentischer Stil“ – der Sänger habe sich „stets für seine Musik, seine Identität und seine Unabhängigkeit engagiert“) verschwand kommentarlos von der Website, später folgte eine Erklärung auf Facebook: Spindler distanzierte sich auf einmal „ausdrücklich von den andauernden und erschreckenden Aussagen des Herrn Naidoo“ man wolle „lieber heute als morgen von den Verträgen zurücktreten“ und werde „Xavier Naidoo keine Bühne geben“. | |||
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„Klar zur Verkehrswende!“, ruft die Grünen-Spitzenkapitänin Bettina Jarasch – aber mehr als die Hälfte der Berlinbesatzung springt von Bord: Nur 18,2 % der Befragten einer Civey-Umfrage stehen uneingeschränkt hinter der Forderung nach einem Baustopp der laufenden A-100-Verlängerung bis Treptow (Kosten pro Meter: 219.000 Euro, insg. 700 Mio), weitere 4,5 % sind „eher dafür“. Selbst für einen Weiterbau der Autobahn mitten durch die Stadt bis zur Storkower Straße in Lichtenberg gibt es eine Mehrheit (insg. 60 %, davon 43,3 % „sehr positiv“, der Rest „eher positiv“). Und was meinen Sie? | |||
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