Sie haben die K-Frage gestellt! Nein, es geht nicht um die Kanzlerschaft. Es geht um den Kommerz. Mehrere skandinavische Pferdesportverbände haben sich in einem gemeinsamen Schreiben an den Weltverband (FEI) gewendet. Sie haben dabei etwas gemacht, dass bemerkenswert ist, weil es für Verbände nicht immer charakteristisch ist: Sie haben über den Tellerrand geschaut und ihr Handeln grundsätzlich in Frage gestellt.
Um den Reitsport aus der Kritik zu bekommen, regen die Generalsekretäre unter anderem ein Diskussionsforum an, vorerst in der Dressur, schließlich ist diese Disziplin ja gerade von Skandalen gebeutelt.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: ein guter Ansatz. Reden kommt von reden, sagt eine Kollegin. Ich war vor einigen Wochen zur Diskussion mit den internationalen 5*-Dressurrichterinnen und -richtern eingeladen. Es wurde offen diskutiert, natürlich wurde ich auch attackiert. Nicht allen hatte meine Kritik an den Richterurteilen von Amsterdam gefallen. Ob es mir „persönliches Vergnügen bereite, junge Mädchen zu zerstören“, wollte ein hochbetagter Brite wissen, der meinte, für die von seiner Zunft zur Weltmeisterin gekürten Charlotte Fry Partie ergreifen zu müssen. Dass mein damaliger Kommentar sich nicht gegen die Britin, die halt so reitet wie sie nun mal reitet (bzw. wie gerichtet wird), gewendet hatte, sondern gegen die Richterurteile, konnte oder wollte der Fragende nicht verstehen. Andere im Plenum hatten die Situation aber sehr wohl erkannt, zeigten Bereitschaft zur Diskussion und erkennen den Handlungsbedarf.
Die Richter stehen auch bei den Briefeschreibern aus Skandinavien neben dem Thema Ausbildung weit oben auf der Prioritätenliste. Was diesen Brief aber auszeichnet, ist die Frage nach dem Kommerz.
Dass Pferdesport und -handel zusammengehören, ist nichts Neues. Das ist auch nicht verwerflich. Pferdezucht ist teuer, Handel unabdingbarer Bestandteil des Gesamtkonzepts. Aber in Skandinavien hinterfragt man die Championate junger Pferde. Dienen sie der „erfolgreichen Zukunft der Pferde“ oder anderen Zielen? Fest steht: Das Preisschild wird ein anderes, sind die Pferde erst einmal im WM-Viereck unterwegs gewesen. Eine mögliche Debatte wird den Präsidenten der Weltzuchtverbands-Vereinigung (WBFSH), den Dänen Jan Pedersen, der auch schon in Geschäfte mit Andreas Helgstrand verstrickt war, nicht eben freuen. Aber die Sportverbände stellen zur Diskussion, ob hinter diesen Veranstaltungen nicht allein der Kommerz steht. Und indirekt geben sie damit schon eine Antwort auf eben jene Frage, die sie in den Raum stellen.
Übrigens: Wer nachfragt, warum wir in Deutschland nach wie vor die Bundeschampionate der Dreijährigen durchführen, erhält zur Antwort, dass das für den Absatz eine enorm wichtige Veranstaltung sei. Und man vergebe ja auch die Tierschutzpreise fürs Abreiten. Man könnte es so interpretieren: Wir meiden den Konflikt mit den Pferdezuchtverbänden, sind stolz auf ein Feigenblatt (bzw. dutzende) und hoffen, dass die Öffentlichkeit so dumm ist, das Laientheater nicht zu durchschauen.
Warum habe ich nur den Eindruck, dass dieses Konzept wenig nachhaltig ist?
Beste Grüße aus Hamburg