In dem Fall ist es die Elektromobilität und die Überlegung dahinter lautet: Auch die wasserstoffbasierte Brennstoffzellen-Technologie wird ihren Teil vom immer größer werdenden Elektromobilitätskuchen abbekommen. Speziell in China rechnet sich Pionier Ballard Power große Chancen aus, zunächst vor allem bei Bussen. Die Aktie ging diese Woche nach vielversprechenden News schon mal durch die Decke. Zurecht? In den vergangenen Jahren waren Brennstoffzellen-Aktien so etwas wie ein Musterbeispiel für Zockeraktien. Egal ob Ballard Power, Plug Power, FuelCell Energy, Hydrogenics oder in Deutschland SFC Energy: So unterschiedlich die Geschäftsmodelle im Detail auch sein mögen, gemeinsam haben alle diese Firmen eines: Man schreibt dauerhaft rote Zahlen, in der Folge besteht immer wieder neuer Kapitalbedarf, die Altaktionäre werden durch die Ausgabe von neuen Aktien verwässert, die Umsätze stagnieren oder gehen zurück - und die Aktienkurse letztlich auch. Unterbrochen nur durch kurzfristige erratische Kursausschläge in deren Rahmen speziell die US-Papiere "ihre paar Tage in der Sonne" haben und sich im Wert vervielfachen, nur um kurz danach wieder in den Abwärtstrend zurückzufallen. Ausgelöst werden diese kurzfristigen Kursexplosionen meist durch wohlklingende News, die die Anleger glauben machen, dieses Mal stünde das Unternehmen wirklich vor dem Durchbruch. Bisher erwies sich das immer als Trugschluss. In dieser Woche war es wieder mal so weit: Ballard Power berichtete über einen technologischen Durchbruch bei der Integration eines neuen Katalysators in einer Brennstoffzelle mit dem der Verbrauch des teuren Platins um bis zu 80 Prozent reduziert werden könne. Da Platin für 10 bis 15 Prozent der Kosten eines Brennstoffzellenblocks verantwortlich sei, sei man bei Ballard "very excited" über die möglichen Kosteneinsparungen. In Kombination mit ein paar begleitenden guten News zuvor (Laufzeitrekord für Brennstoffzellen-Systeme in Bus-Antrieben: 25.000 Betriebsstunden ohne größere Reparaturen; Einweihung einer neuen Brennstoffzellenfabrik in China; Absichtserklärung über die Lieferung von Brennstoffzellensysteme für acht Brennstoffzellenbusse in die französische Stadt Pau) reichte das, um die Aktie mal wieder auf die Raketen-Startrampe zu hieven. Seit Mai war die Aktie zwischen 2,50 und 3,00 US-Dollar gependelt. Am Donnerstag wurde ein Hoch bei 5,06 US-Dollar erreicht. Die Krux mit Brennstoffzellen-Aktien Das Problem aus fundamentaler Sicht: Auch bei den jüngsten Meldungen setzt sich das typische Muster fort: Klingt alles toll, lässt aber keine Rückschlüsse zu, ob - und wenn ja, wie schnell - daraus nennenswerte Umsätze und vor allem Gewinne für Ballard Power entstehen. Zwar gibt es auch objektiv messbare Fortschritte seit Ende 2014 Randy McEwen als CEO übernommen hat. Von 2012 bis 2016 kletterten die Umsätze von 43,7 Millionen auf 85,3 Millionen US-Dollar. 2017 könnte man erstmals an der Marke von 100 Millionen US-Dollar kratzen. Gleichzeitig sind die Kosten im Verhältnis zum Umsatz rückläufig. Sie lagen zuletzt bei 71,6 Prozent der Umsätze gegenüber 83,1 Prozent in 2012 - und das obwohl die Ausgaben für Forschung und Entwicklung tendenziell gestiegen sind. Auch bilanziell sieht es solide aus: Ende 2016 hatten die Kanadier einen Cashbestand von 72,6 Millionen US-Dollar vorzuweisen gegenüber 23,7 Millionen US-Dollar in 2014. Dieses Cash nutzte man zur Reduzierung der Langfristschulden. Seit 2012 ist ein erfreulicher Rückgang von 13,0 auf 6,4 Millionen US-Dollar zu verzeichnen. Das Unternehmen steht bilanziell auf soliden Beinen. Allerdings wurde das zusätzliche Cash nicht aus dem operativen Geschäft erwirtschaftet, sondern durch eine Kapitalerhöhung bei der man 11 Millionen US-Dollar eingenommen hat und vor allem über einen Deal mit VW im Februar 2015. Dabei hat Ballard sein Patentportfolio im Autobereich, das man zuvor selbst von United Technologies zugekauft hatte, an VW weiterverkauft. Dafür erhielt man beim Vertragsabschluss eine Einmalzahlung von 30 Millionen US-Dollar (10 Millionen gingen als Lizenzzahlung an United Technologies). Der 2013 abgeschlossene Service-Kontrakt mit VW wurde dabei vorzeitig bis 2019 verlängert. Das Gesamtvolumen des Service-Vertrags über die sechs Jahre liegt bei 80 bis 112 Millionen US-Dollar. Ein gewichtiger Teil des aktuellen Auftragsbestandes von ca. 260 Millionen US-Dollar stammt also immer noch aus diesem Deal. Der wurde gegenüber den Aktionären damals als großer Erfolg verkauft, ist aber auch ein Eingeständnis, dass man den hohen Entwicklungsaufwand im Autobereich alleine nicht stemmen kann. Das lässt man nun Audi und Volkswagen selber erledigen. Im Gegenzug kann man mit der eigenen Expertise Umsätze mit VW/Audi erzielen. Aus kurzfristiger Sicht ist das sinnvoll. Fakt ist jedoch auch, dass man damit die Chance aus der Hand gibt, bei einem eventuellen Durchbruch der Brennstoffzellen-Technologie im Autobereich über Lizenzeinnahmen zu profitieren. Was nach Auslaufen des Vertrages mit Ballard 2019 passiert, ist ungewiss. Zumindest theoretisch können VW/Audi dann auf die Dienste von Ballard verzichten. Die fokussieren sich ihrerseits auf das Bus-Segment und dort speziell auf den chinesischen Markt, der die wichtigste Einnahmequelle in den kommenden Jahren werden soll. Das Reich der Mitte befindet sich inmitten einer gigantischen Elektromobilitätsoffensive, um der zunehmenden Luftverschmutzung und den damit einhergehenden Gesundheitsgefahren entgegen zu wirken. Bei den olympischen Winterspielen 2022 in Peking will man sich der Welt als Elektromobilitäts-Vorreiter präsentieren. Fraglich ist dabei aber, ob Brennstoffzellen-Busse bei dieser Offensive eine nennenswerte Rolle spielen? Bisher jedenfalls nicht. Es gibt 500.000 Stadtbusse in China, von denen bis Ende 2017 40.000 Elektroantriebe haben sollen, aber lediglich 300 davon werden auch mit Brennstoffzellen ausgerüstet. Das heißt, bisher hat das Ganze eher Testcharakter, um Erfahrungen mit der Technologie zu sammeln. Zudem fehlt die Infrastruktur zum Aufladen. Diese lässt sich auch nicht von heute auf morgen aufbauen. Wie sieht nun die Strategie von Ballard Power in China konkret aus? Am 5. September meldeten die Kanadier die Einweihung der Yunfu Stack-Fabrik in China. Die Fabrik ist Teil eines Jointventures (JVCo) mit dem chinesischen Partner Synergy. Ballard gehören 10% an dem Jointventure. Die Produktion hat bereits begonnen. Die Produktionskapazität soll bis Ende 2017 auf 6.000 Stacks jährlich hochgefahren sein. Das Design der gerade eröffneten Fabrik ist auf eine Kapazität von bis zu 20.000 Stacks jährlich ausgelegt. Zur Erklärung: Mehrere Brennstoffzellen hintereinander angeordnet ergeben einen sogenannten Zellenstapel, der meist mit dem englischen Begriff Stack bezeichnet wird. Über die Anzahl der einzelnen Zellen, die in Reihe geschaltet werden (Reihenschaltung), lässt sich die Leistung des Stacks variieren und den jeweiligen Anforderungen anpassen. Ballard spricht davon, dass das Jointventure über eine Fünf-Jahresperiode (2017-2021) einen Mindestwert von 170 Millionen US-Dollar für Ballard Power haben soll. 20 Millionen soll Ballard noch in 2017 für Technologietransferdienstleistungen bekommen. Die restlichen 150 Millionen US-Dollar sollen für die garantierte Abnahme von Membran-Elektroden-Einheiten (MEE), der Schlüsselkomponente jeder Brennstoffzelle, fließen. Die MEEs werden dabei zum Schutz vor Technologieraub weiter in Kanada hergestellt. JVCo hat dabei das Exklusivrecht für die Herstellung und den Verkauf von Stacks (FCvelocity-9SSL stacks) in China. Einer der Hauptabnehmer für diese Stacks soll dann der andere chinesische Partner von Ballard Power, Broad-Ocean, sein. Broad-Ocean baut die Brennstoffzellen-Motoren in drei verschiedenen Regionen Chinas zusammen und verwendet dafür die FCvelocity-9SSL stacks. Die Motoren sind vor alle für Busse gedacht, die dann auf chinesischen Straßen unterwegs sein werden. Bisher gibt es Vereinbarungen über 600 Brennstoffzellen-Motoren, die Broad-Ocean garantiert baut und die Ballard Power Umsätze von 29 Millionen US-Dollar bringen werden. Weitere 25 Millionen US-Dollar bringen eine Vereinbarung über den Technologie-Transfer, die Nutzung der Lizenzen und die Lieferung der Komponenten. Ballard Power kann also auf verschiedenen Ebenen der Wertschöpfungskette profitieren, und das bei begrenztem Risiko. Insofern ist das ein durchaus durchdachter Plan. Broad Ocean hat sich darüber hinaus vor gut einem Jahr auch mit knapp zehn Prozent an Ballard Systems beteiligt. Dabei flossen Ballard brutto 28,3 Millionen US-Dollar zu. Allerdings bezahlten die Chinesen damals nur 1,64 US-Dollar je Aktie. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang aber, dass Broad Ocean keinerlei Erfahrung mit der Brennstoffzellentechnologie hat. Das Unternehmen produziert bisher kleine elektrische Maschinen und Motoren. Trotzdem hat Broad Ocean angeblich bereits 10.000 Brennstoffzellen-Stacks bei Synergy in Auftrag gegeben. Allerdings konnte Ballard Power bei einer Analystenkonferenz hierzu keine Details wie etwaige Liefertermine nennen. Bisher sind im Rahmen des Synergy-Jointventures für 2017 und 2018 Lieferungen von gerade mal 600 Einheiten vorgesehen. Ballard Power Systems (ISIN: CA0585861085) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 17/18 | Kurs | A0RENB / BLDP | 654 Mio. EUR | neg. / neg. | 3,71 EUR |
MEIN FAZIT: Der Busbereich ist vom VW-Servicevertrag abgesehen die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle von Ballard und innerhalb des Busbereichs spielt wiederum China eine wichtige Rolle. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass der Erfolg von Ballard in den kommenden Jahren maßgeblich mit dem Gelingen des China-Jointventures zusammenhängt. Die Brennstoffzellen-Technologie hat es aber auch in China sehr schwer gegen die etablierte batteriebasierte Elektromobilität. Und außerhalb Chinas sieht es noch schlechter aus. Unstrittig ist, dass das Unternehmen mit der Strategie des neuen CEOs Randy McEwen bisher sehr gut gefahren ist. Der Fokus lag auf Deals, die hohe Vorab- bzw. Einmalzahlungen brachten und Ballard so in Richtung Profitabilität geführt haben. Auch die Bilanz sieht wieder sehr solide aus. Die eigentliche Nagelprobe steht den Kanadiern aber erst noch bevor. Denn in den kommenden Quartalen und Jahren müssen jetzt vor allem operative Umsätze generiert werden. Hier besteht eine enorme Diskrepanz zwischen den bisherigen Stückzahlen an Stacks und Modulen bzw. der Zahl an Brennstoffzellen-Elektrobussen, die in China unterwegs sind, und dem, was Ballard und seine Partner für die nächsten Jahre geplant haben. Ob die Nachfrage nach Brennstoffzellen-Motoren bzw. -Modulen in China wirklich so schnell steigt, wie es sich das Dreigestirn erhofft, ist aus meiner Sicht sehr fraglich. Falls nicht ist unklar, wieviel der vereinbarten Garantieumsätze letztendlich tatsächlich bei Ballard Power ankommen werden und vor allem wie es danach weiter geht. Die Aktie ist im Moment ein Wert für die Watchlist. Ich rate aber davon ab, das Papier in den aktuellen Kurshype hinein zu kaufen. Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in den genannten Wertpapieren / Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels nicht investiert. Es liegt daher kein Interessenskonflikt vor. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. |