| Liebe Freundinnen und Freunde der Kritik, |
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den Blitzableiter hat erst Benjamin Franklin erfunden, den kannte die Antike noch nicht. Aber im römischen Italien gab es so etwas wie ein nachträglich wirksames Äquivalent, ein Schutzinstrument nach erfolgtem Blitzeinschlag. In der Toskana, beim heutigen Städtchen San Casciano, schlug um das Jahr 40 nach Christus der Blitz ein, und ein dabei getroffenes Heiligtum wurde versiegelt, mit Ziegeln bedeckt. Der technische Begriff dafür im römischen Religionsrecht lautete „fulgur conditum“, begrabener Blitz. Erst vor drei Jahren wurde die Ziegeldecke entdeckt und zerstört. Zum Vorschein kam eine Gruppe von Bronzestatuen, die anschauliche Vorstellungen von der Religion, aber auch der Medizin der Etrusker vermittelt. Jetzt sind die Statuen erstmals außerhalb von Italien ausgestellt – auf der Berliner Museumsinsel. Sicherlich mit Blitzableitern ausgestattet, aber hoffentlich auch erdbebensicher gebaut sind zwei Museen für zeitgenössische Kunst, die in Lissabon eröffnen. Das Haus der Gulbenkian-Stiftung hat Kengo Kuma entworfen. „Kühle Gleichgültigkeit gegenüber dem Erfolg“ bescheinigte der Schriftsteller Marcel Proust dem Komponisten Gabriel Fauré. Sieht man ihn deshalb auf Fotografien so oft lachen, insgeheim auf Kosten des Publikums? Jean-Michel Nectoux hat die Bilder von Fauré gesammelt und kommentiert. Ruth Zylberman hätte ihr Buch über das Haus in der Pariser Rue Saint-Maur mit der Nummer 209 über jedes andere Haus schreiben können, aus dem die deutschen Besatzer jüdische Bewohner in den Tod schickten. Die Autorin folgt ihren Spuren und hat Überlebende und Nachkommen in der ganzen Welt gefunden. Den Stil von Marion Fayolles Roman „Aus gleichem Holz“ beschreibt unser Rezensent als Kreuzung aus Surrealismus und Nouveau roman. In ihrem Krimi „Im Finsterwald“ lässt die schwedische Autorin Marie Hermanson anno 1926 ein Mädchen im Göteborger Naturkundemuseum verschwinden. Les Edgerton kombiniert in „Das grenzgeniale Pseudo-Kidnapping“ Splatter-Parodie mit Mafia- und Heist-Roman. „Very Bad Widows“, das Debüt der Kanadierin Sue Hincenbergs, handelt von einigen Frauen, die ihre Männer aus dem Weg räumen wollen, um an deren Lebensversicherungen zu gelangen. Und unsere Krimikurzkritiken widmen sich Leye Adenles „Spur des Geldes“, Nick Harkaways „Smiley“ und Ellery Lloyds „Das geheime Bildnis“. Der Einakter „Gianni Schicchi“ von Giacomo Puccini wird gewöhnlich als Teil eines Puccini-„Triptychons“ geboten, mit „Il tabarro“ und „Suor Angelica“. Bei den Opernfestspielen in Heidenheim kombiniert der Intendant und Dirigent Marcus Bosch die Erbschleicherkomödie mit dem gruseligsten aller Familiendramen, „Elektra“ von Richard Strauss. Das Opernfestival in Aix wiederum wartet mit Mozarts „Don Giovanni“ auf, Oberammergau zeigt „Romeo und Julia“. Das Weltmusikfestival in Rudolstadt ist DDR-Erbe vom Feinsten. Gastland war in diesem Jahr Mali. Ein Jugendfolkorchester trägt die Tradition in die Zukunft. In Frankfurt gab es dagegen Rap: Kendrick Lamar gehört zu den erfolgreichsten amerikanischen Künstlern überhaupt. Gemeinsam mit der Sängerin SZA hat er demonstriert, warum das so ist. Das „Stanford Prison Experiment“ sollte die Manipulierbarkeit des Menschen beweisen, belegt in Wahrheit aber den Missbrauch der Wissenschaft. Eine Dokumentation aus dem Haus „National Geographic“ klärt auf. In San Casciano, nicht weit vom versiegelten Blitz, saß übrigens 1500 Jahre nach den frommen Etruskern Niccolò Machiavelli und schrieb seine Bücher, die wie Blitze in die Gedankengebäude des christlichen Europa einschlugen. Passen Sie gut auf sich auf! Ihre Feuilleton-Redaktion Bei Fragen und Anmerkungen rund um diesen Newsletter erreichen Sie uns am besten unter Kritik-NL@faz.de.
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In der Toskana fanden Archäologen vor drei Jahren Dutzende von antiken Bronzen in einem römischen Quellheiligtum. Auf der Berliner Museumsinsel kann man die Schätze von San Casciano jetzt bestaunen. |
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In der portugiesischen Hauptstadt hat Kengo Kuma das Haus der Gulbenkian-Stiftung neu gestaltet. Und unten am Fluss sind gleich zwei neue Museen entstanden, davon eines mit angeschlossenem Luxushotel. |
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Der Komponist Gabriel Fauré hatte zeitweise mehrere Partnerinnen zugleich. Aber auch Literaten wie Paul Verlaine und Marcel Proust zog er an. Der Maler John Singer Sargent stand ihm als Freund bei. Ein kostbarer Bildband führt nun durch Faurés Leben. |
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Von der Kommune über die Deportationen jüdischer Kinder bis in die Gegenwart: Ruth Zylberman folgt den Geschichten der Mieter eines Hauses in Paris. |
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Marion Fayolle ist eine in Frankreich erfolgreiche Comiczeichnerin. Nun hat sie ihr Romandebüt herausgebracht: In „Aus gleichem Holz“ erzählt sie meisterhaft von ihrer eigenen Familie und einer verschwindenden bäuerlichen Welt. |
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Marie Hermanson setzt auf nostalgische Behaglichkeit und lässt 1926 ein Mädchen im Göteborger Naturkundemuseum verschwinden. Genüsslich verteilt sie falsche Spuren, an denen Ermittler und Leser entlang tappen dürfen. |
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Les Edgertons posthum erschienener Roman „Das grenzgeniale Pseudo-Kidnapping“ erzählt, wie zwei auf ihre eigene Art unerklärlich liebenswerte Hohlbirnen auf der Abschussliste der Mafia landen. |
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Warum haben ihre Männer das Gesparte für den Ruhestand auch aufs Spiel setzen müssen? „Very Bad Widows“, das Debüt der kanadischen Autorin Sue Hincenbergs, überzeugt mit Tempo und Witz. |
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Eine Anwältin aus Lagos legt sich mit Mächtigen an, George Smiley kehrt widerwillig zurück, eine surrealistische Künstlerin gibt Rätsel auf: Romane von Leye Adenle, Nick Harkaway und Ellery Lloyd in Kurzkritiken. |
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Bei den Opernfestspielen in Heidenheim kombinieren Marcus Bosch und Vera Nemirova die Komödie „Gianni Schicchi“ von Giacomo Puccini und die Tragödie „Elektra“ von Richard Strauss. Aus dem Saal geht es ins Freie. Der Abend gerät spektakulär. |
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Der Komtur kommt nicht gut davon. Und Leporello braucht keine Liste, um die erotischen Erfolge seines Herrn auszubreiten: Mozarts „Don Giovanni“ beim Opernfestival in Aix. |
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Was haben der griechische Bürgerkrieg, iranische Hits, die Folktradition der DDR und die Musik aus dem zerrissenen Land Mali gemein? Auf dem Rudolstadt-Festival in Thüringen lässt es sich herausfinden. |
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Warum ist diese Musik im Moment weltweit so erfolgreich? Der Rapper Kendrick Lamar und die Sängerin SZA erweitern in Frankfurt mit Verstand und Gefühl den Horizont des Augenblicks. |
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Zuletzt hinein in die Passionsspielfalle: Oberammergau zeigt „Romeo und Julia“ – und der Text steht nicht immer bei Shakespeare. |
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Das Stanford Prison Experiment ist die vielleicht bekannteste Untersuchung der Psychologie. Heute wissen wir: Vieles war inszeniert. Warum ist das kaum bekannt? |
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