Liebe Leserinnen und Leser,
 

die Welt zerfällt in zwei Teile: in das Furchtbare und in das Schreckliche. Das zumindest hat Woody Allen einmal behauptet. In Wahrheit ist es natürlich viel komplizierter. Denn während das Furchtbare und das Schreckliche ja eigentlich ganz gut zueinanderpassen, geht vieles in der heutigen Welt eigentlich erst gar nicht mehr zusammen – und kann ergo natürlich auch später nicht wieder auseinanderfallen. Laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach zum Beispiel sind immer weniger Bürger der Meinung, dass möglichst viele Politikbereiche zentral geregelt werden müssten und dass der Bund somit mehr Gestaltungsspielraum gegenüber den Ländern haben sollte. Setzten vor Corona noch 59 Prozent der Befragten auf mehr Zentralismus, so sind es heute nur noch 47 Prozent.
 

Warum dann andererseits eine Umfrage des Instituts Civey im Auftrag des Spiegels vor einem Monat herausgefunden haben will, dass angeblich zwei Drittel der Bevölkerung für die damals anstehende Änderung des Infektionsschutzgesetzes und für die bundesweite Corona-Notbremse waren, das bleibt wohl für immer eines der großen Geheimnisse von Schwarmintelligenz und Wählerforschung. Die Welt ist eben voll kognitiver Dissonanzen. 
 

Das dürfte sich auch der SPD-Co-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans gedacht haben. Doch anstatt etwas Ordnung im kosmischen Chaos zu machen, setzte er noch eine weitere Verwirrung oben drauf. In Bezug auf den erneut eskalierten Nahostkonflikt sprach er jüngst zwar vom Selbstverteidigungsrecht Israels, wollte deutsche Waffenlieferungen aber zugleich konditionieren. Das lässt politische Beobachter etwas ratlos zurück. Zu ihnen gehört auch Thomas Jäger, Professor für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu Köln. In seinem Cicero-Kommentar attestiert er Walter-Borjans eine geschichtsvergessene, fehlgeleitete und politisch hoffärtige Äußerung getätigt zu haben.

Dissonanzen klingen übrigens auch aus dem Text unseres Fußballexperten Thomas Dudek heraus. Der nämlich bringt es fertig, die Worte „Demokratie“, „Transparenz“ und „DFB“ in nur einem einzigen Satz zu verwenden. Ein echtes Kunststück, das ihm da in seinem lesenswerten Kommentar zum Rücktritt von Fritz Keller gelungen ist. Diese und weitere kognitive Dissonanzen finden Sie in der polaren Welt von cicero.de.
 

Angenehme Lektüre!
 

Ihr Ralf Hanselle, stellvertretender Chefredakteur

 
 
 
 
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