Wir fahren nicht mehr nach Brüssel, Istanbul und Paris. Oder doch? Was die Mehrheit von uns doch fahren oder fliegen lässt, ist eine Gefühlsdisposition aus Ignoranz und Vertrauen. Jenes „Das wird mich persönlich schon nicht treffen“ ist ein bewährter Schutzmechanismus.
Das Vertrauen in den Staat und den Schutz, den er uns gewährt, ist zwar prekär, es wird mit jedem Anschlag erschüttert und doch: Die Sicherheitsbehörden sind in der Pflicht, und die Politik ist es auch. Weshalb konnte die belgische Polizei den in ganz Europa meistgesuchten Mann, Salah Abdeslam, der hinter den Paris-Attentaten vom 13. November stehen soll, 126 Tage lang nicht fangen? Die „New York Times“ hat einen Anthropologen befragt, der in Molenbeek lebt, dem Vorort von Brüssel, der Terror-Brutstätte. Seine Antwort: Es gebe eine Art von Mafia-Kultur, inklusive Omertà, dem Schweigegelübde, das alle Mitglieder, also alle in Molenbeek, einhalten würden. Hier konnte Abdeslam untertauchen, er musste sich nicht einmal weit wegbewegen von seinem Zuhause. Welche allgemeine Regel lässt sich daraus ableiten? Parallelgesellschaften mit eigenen kulturellen und rechtlichen Strukturen sind potenzielle Terror-Brutstätten, man darf sie nicht dulden. Die belgische Polizei hat es viel zu lange laufen lassen. Gibt es eigentlich marokkanische oder algerische V-Männer in Molenbeek? Wir wissen es nicht. Wir können es nur hoffen.
Eine Bemerkung zum umstrittenen Europa-Türkei-Deal: Wenn die Vereinbarung funktioniert, einen illegalen Migranten zu tauschen gegen einen in der Türkei registrierten, dann wissen wir wenigstens, wer zu uns kommt. Das hilft in Zeiten wachsender innerer Unsicherheit.
Ich wünsche Ihnen trotz allem einen angenehmen Nachmittag!
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