Lecanemab – neues Medikament macht vorsichtige Hoffnung für Alzheimer-Erkrankte

Berlin, 9. Dezember 2022. In der vergangenen Woche stellten die Pharma-Unternehmen Eisai und Biogen auf einer internationalen Konferenz in San Francisco die Ergebnisse einer Studie zu ihrem gemeinsamen Wirkstoff Lecanemab vor. Die Daten machen Hoffnung darauf, dass es damit gelingen kann, den Krankheits­verlauf zu beeinflussen. Von einer Heilung oder auch nur von einem Stopp der Alzheimer-Krankheit sind die Effekte der Behandlung aber noch weit entfernt.

Eines der charakteristischen Merkmale der Alzheimer-Krankheit sind Eiweißablagerungen, sogenannte beta-Amyloid-Plaques, die sich im Gehirn der Erkrankten finden. Ein Großteil der Wirkstoffe, die in den letzten Jahrzehnten im Einsatz gegen die Alzheimer-Krankheit erforscht wurden, zielt auf eine Beseitigung dieser Ablagerungen ab. Im Gegensatz zu den bisher vorgestellten Wirk­stoffen konnte bei Lecanemab nun nachgewiesen werden, dass sich dadurch nicht nur die Ablagerungen im Gehirn verringern lassen, sondern dies auch eine Auswirkung auf den Krankheitsverlauf hat.

Prof. Alexander Kurz, Vorstandsmitglied der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (DAlzG), sagt dazu: „Auch dieser Wirkstoff kann den Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit durch die Alzheimer-Krankheit nicht aufhalten, ihn aber ein wenig verzögern. Die vorgestellte Studie lief allerdings nur über 18 Monate und es wäre wichtig zu wissen, ob der verlangsamende Effekt über eine längere Zeit anhält und damit für die Betroffenen eine spürbare Verän­derung bedeutet. Die Alzheimer-Krankheit ist eine sehr komplexe Erkrankung des Gehirns und wir müssen davon ausgehen, dass die Beeinflussung der beta-Amyloid-Plaques alleine vermutlich nicht ausreichen wird, um die Krankheit aufzuhalten. Aber die jetzt mit Lecanemab erzielten Erfolge machen Hoffnung, dass mit weiterer Forschung in Zukunft noch mehr erreicht werden kann.“

Der potenzielle Nutzen, der mit Lecanemab verknüpft ist, weist deutliche Einschränkungen auf:

  • Lecanemab eignet sich nur für den Einsatz bei Menschen, bei denen zwar nachweislich beta-Amyloid-Plaques im Gehirn vorhanden sind, die aber erst sehr leichte Einschränkungen ihrer Hirnleistungsfähigkeit aufweisen. Derzeit wird bei den meisten Betroffenen in Deutschland die Diagnose erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt gestellt.
  • Ob und wie sehr die Wirkung des Mittels über die Studiendauer von 18 Monaten hinaus anhält, ist bisher unbekannt. Eine Fortsetzungsstudie läuft bereits.
  • Lecanemab zeigt die bei der Wirkstoffgruppe bekannte Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen oder Mikroblutungen. Sie treten seltener auf als in früheren Studien. Jedoch kam es im Anschluss an die Studienteilnahme zu zwei Todesfällen, deren Zusammenhang mit der Medikamentengabe zunächst geklärt werden muss.
  • Das Medikament wird als intravenöse Infusion im zweiwöchigen Abstand verabreicht, die potentiellen Nebenwirkungen müssen kontrolliert werden. Die Behandlung ist deshalb entsprechend aufwendig. Bisher ist unklar, wie eine solche Therapie in der Versorgungspraxis verwirklicht werden könnte.

„Es ist zu früh, um von einem Durchbruch in der Behandlung der Alzheimer-Krankheit zu sprechen“, betont Prof. Kurz. „Die Forschung muss unbedingt weitergehen und auch Behandlungsmöglichkeiten für spätere Krankheitsstadien und andere Formen von Demenz berücksichtigen. Solange der Krankheitsprozess bestenfalls nur verzögert wird, bleibt die Unterstützung der Erkrankten und ihrer Angehörigen weiterhin eine große gesellschaftliche Aufgabe.“

Wie geht es weiter?

Die Hersteller Eisai und Biogen haben bei der Arzneimittelbehörde der USA, FDA, bereits eine Zulassung von Lecanemab beantragt. Wenn dies erfolgreich ist, wird sicher auch ein Zulassungsverfahren bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA angestrebt. Wann genau das Medikament schließlich bei Erfolg auch in Deutschland verfügbar sein könnte, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen.

Hintergrund

In Deutschland leben heute etwa 1,8 Millionen Menschen mit Demenzerkrankungen. Rund zwei Drittel davon werden in der häuslichen Umgebung von Angehörigen betreut und gepflegt. Jährlich erkranken etwa 400.000 Menschen neu. Ungefähr 60 Prozent davon haben eine Demenz vom Typ Alzheimer. Die Zahl der Demenzerkrankten wird bis 2050 auf 2,4 bis 2,8 Millionen steigen, sofern kein Durchbruch in Prävention und Therapie gelingt.

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft engagiert sich für ein besseres Leben mit Demenz. Sie unterstützt und berät Menschen mit Demenz und ihre Familien. Sie informiert die Öffentlichkeit über die Erkrankung und ist ein unabhängiger Ansprechpartner für Medien, Fachverbände und Forschung. In ihren Veröffentlichungen und in der Beratung bündelt sie das Erfahrungswissen der Angehörigen und das Expertenwissen aus Forschung und Praxis. Als Bundesverband von mehr als 130 Alzheimer-Gesellschaften unterstützt sie die Selbsthilfe vor Ort. Gegenüber der Politik vertritt sie die Interessen der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Die DAlzG setzt sich ein für bessere Diagnose und Behandlung, mehr kompetente Beratung vor Ort, eine gute Betreuung und Pflege sowie eine demenzfreundliche Gesellschaft.

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft ist als Interessenvertreterin von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen im Lobbyregister des Deutschen Bundestags eingetragen und hat sich dem dafür geltenden Verhaltenskodex verpflichtet.

Kontakt

Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz
Nora Landmann, Susanna Saxl-Reisen, Jessica Kortyla
Friedrichstraße 236, 10969 Berlin
Tel: 030 - 259 37 95 0, Fax: 030 - 259 37 95 29
E-Mail: info@deutsche-alzheimer.de
Internet: www.deutsche-alzheimer.de