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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 10.09.2021 | Sonniger Start mit Gewitter gegen Nachmittag bei 25 °C. | ||
+ Gut gegrillt: Klaus Lederer wünscht sich Radau + Willkommen am Gartenzaun: Sebastian Czajas Retter + Falsch gemalt: Pankower Pinseler kriegen Ärger + |
von Anke Myrrhe |
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Guten Morgen, möglicherweise ist das hier der letzte Checkpoint in diesem Jahr, der in spätsommerlicher Nacht auf dem Balkon geschrieben wurde. Was könnte da besser passen als ein festlich angerichtetes Barbecue: Bei unserer zweiten Grillveranstaltung beim Tagesspiegel („Wir grillen die Kandidierenden“) wurden gestern Klaus Lederers Ideen gedreht und gewendet. Denn auch für den rot-rot-grünen Senat haben die letzten Tage bekanntlich begonnen, kein Wunder, dass Lederer plötzlich Sandmännchen-Gefühle entwickelt. „Das Sandmännchen ist ja eine schöne Einschlafhilfe, es streut Sand in die Augen, erzählt lustige Geschichten und sagt: Schlaft ruhig, macht euch keine Sorgen, läuft alles.“ So, jetzt aber bitte umschalten ins Wahlprogramm: Lederer meint damit Franziska Giffey und ihre – wie er es nennt – Basta-Politik. Und die Tatsache, dass sie sich im Gegensatz zu Grünen und Linken nicht zum Fortführen des bestehenden Regierungsbündnisses bekennt. „Es ist komplett unklar, was mit der SPD eigentlich ist“, sagte Lederer. „So ein Wahlkampf ist doch kein Geschichtenwettbewerb.“ Auch die Linke schaltet jetzt also endlich mal den Wahlkampfmodus an, nachdem sie sich den offen ausgetragenen Zoff der beiden Partner ziemlich lange von der Auswechselbank angesehen hat. Mit der Gefahr, am Ende nicht mehr eingewechselt zu werden. Was sonst noch aufgetischt wurde: +++ Lederer sprach sich klar gegen Verbeamtung von Lehrkräften aus („Ich bin kein Fan von Scheinlösungen“). Seiner These, die Verbeamtung sei nach Zahlen der Schulverwaltung nicht der signifikante Grund für den Lehrerschwund (Anm. der Red: Die Schulverwaltung erhebt die Gründe vorsichtshalber gar nicht, CP vom 31.8.), widersprach Co-Moderatorin Carla Siepmann, schlagfertige Schülerin vom Carl-von-Ossietzky-Gymnasium: „Jedes Jahr, wenn die Schule wieder losgeht und Lehrkräfte fehlen, dann sagen selbst die Lehrer: Was glaubt ihr denn, wo die sind? In einem anderen Bundesland. Das ist ein extremes Problem.“ +++ Zum Verkehr: „Wir fordern nicht den kostenlosen Personennahverkehr. Das wäre völlig irre, wir können uns das gar nicht leisten.“ Aber: „Die massive Privilegierung des Autoverkehrs wird sich so nicht halten lassen.“ Und noch einmal in Richtung SPD/Giffey: „Die autogerechte Stadt ist im Grunde heilig. Vor der Wahl muss eine Klarheit her.“ +++ Zum Geld (wird knapp): „Wir haben immer noch diese absurde Schuldenbremse, die meine Partei von Anfang an abgelehnt hat, weil sie die öffentliche Hand stranguliert bei wichtigen Investitionsvorhaben. Der Staat muss eben investieren und wenn er damit Gegenwerte schafft, dann ist das überhaupt kein Problem, der Staat ist kein Privathaushalt.“ ++ Zum Volksentscheid: „Das muss man kreditfinanzieren. Wir sind auf einem historisch niedrigen Zinsniveau. Wir bekommen ja einen Gegenwert dafür: nämlich die Wohnungen.“ +++ Zum Tempelhofer Feld: „Andere Städte würden uns um diesen Schatz beneiden. Und wir fangen jetzt an über Versiegelung nachzudenken.“ Und was für den Kultursenator außer der Kaltluftschneise gegen eine Bebauung spricht (auch am Rand): „Wenn ich da Wohnbebauung daneben habe, werden Die Ärzte dort kein Konzert mehr geben können. Dann kann bestimmter Radau, der in der Stadt auch irgendwo seinen Raum braucht, dort eben nicht mehr passieren.“ Wenn Sie sich den ganzen Radau noch mal anschauen wollen: hier bei Youtube oder Facebook, oder hier zum Nachlesen. Intensivpfleger Ricardo Lange konnte diesmal übrigens nicht dabei sein. Er steckte im Stau fest (O-Ton Busfahrerin Susanne Schmidt: „Die Situation in der Stadt ist ja zurzeit ein einziges Desaster“). Das kann er dann heute Abend gleich Franziska Giffey (um 18 Uhr gibt’s die dritte Grillparty auf www.tagesspiegel.de/live) erzählen, die es beim Thema Verkehr gern irgendwie allen rechtmachen würde. Der Mittelweg klappt bisher eher so ... mittel. | |||
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Nicht allen recht gemacht hat es Thomas Heilmann mit seiner (nicht als solcher gekennzeichneten) Wahlwerbung in Steglitz-Zehlendorf (CP von gestern). Zu kaum einem anderen Thema erreichten uns in den vergangenen Monaten so viele Beschwerden wie zu dem Brief, in dem der ehemalige Polizeivizepräsident Gerd Neubeck in Schreibmaschinen-Optik dazu aufruft, Heilmann die Erststimme zu geben („Auch wenn Sie mit der Zweitstimme nicht seine Partei, die CDU, wählen möchten“). In der CDU gibt es für den Unmut kein Verständnis: „Testimonial-Kampagnen, also Wahlempfehlungen durch Dritte, sind seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil von Wahlkämpfen und Wahlwerbung“, sagt Generalsekretär Stefan Evers: „Insofern ist der Unterstützungsbrief für Thomas Heilmann weder besonders überraschend, noch zu kritisieren.“ Besonders überraschend war für viele Menschen, dass der Brief mit persönlicher Anrede samt Anschrift im Briefkasten landete. „Der Versand lief über die Partei“, sagt Heilmanns Sprecherin Mareen Theil. „Herr Neubeck hatte nie Zugriff auf die Daten und die werden auch nur für diesen Zweck verwendet und wieder gelöscht, so wie es die Meldebehörde vorgibt.“ Die Darstellung der Morgenpost, eine Agentur habe den Brief erstellt, stimme übrigens nicht: „Herr Neubeck hat den Brief selbst geschrieben und hat uns das Dokument so übermittelt, es gab keine Werbeagentur“, sagt Theil. „Herr Neubeck unterstützt Herrn Heilmann schon seit längerer Zeit.“ Überhaupt wirkt man auch hier eher happy über die ganze Aktion: „Wir kriegen viele positive Rückmeldungen, die wenigen negativen kann man deutlich im gegnerischen politischen Spektrum verorten.“ Na, dann ist ja alles gut – oder? | |||
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Unerwartete Unterstützung erhält auch die FDP. An einem unscheinbaren Alt-Neubau in der Schöneberger Elßholzstraße lächelt Sebastian Czaja vom Vorgartenzaun, ordentlich angebracht mit Kabelbindern, daneben fegt ein Mann in Funktionssandalen und Muskelshirt den Eingangsbereich. „Ich hab‘ den gerettet“, sagt Andreas Kube, 63, der sich als Hausbesitzer vorstellt. Jemand habe das Plakat von der Laterne gerissen, „richtig abgeknipst, da hab ich den mitgenommen und hier aufgehängt“. Es gab noch ein zweites, das haben sie ihm schon abgerissen, er wartete täglich darauf, dass auch jemand die Fassade beschmiert. „Sollen sie nur kommen“, sagt Kube und legt los: Ehemaliger Hausbesetzer in Kreuzberg, Asta-Vorsitzender an der FU, natürlich Mitglied der Alternativen Liste. Und jetzt FDP-Fan? „Klar“, sagt er, wegen der Freiheit! Die „linke Hetzkampagne gegen Vermieter“, der Mietendeckel, der vor allem Besserverdienenden geholfen habe, „für mich sind die nicht links“, sagt Kube. Vom Hausbesetzer zum Hausbesitzer: Er hat das Haus von seinen Eltern übernommen, Studentenwohnungen draus gemacht, 15 Parteien, 7,30 Euro der Quadratmeter. Stolz zeigt er die Gemeinschaftsräume, neue Waschmaschinen im Keller, Trockenraum, sauber ausgestattete Werkstatt, mehrere Grills für den kleinen Garten im Hinterhof, überdachte Fahrradständer und: ein Pool. Mit Palme. Ein bisschen Kollektiv, sagt Kube, wie früher. „Das Haus ist linksgrün versifft, hier wohnen Akademiker-Kinder“, viele hätten ihn wegen des Plakats angesprochen. „Einer hat mir erzählt, dass er die Linkspartei wählt.“ Kube lacht. „Ich hab gesagt: Bist du wahnsinnig, das deinem Vermieter zu erzählen? Ich wandel dich um!“ Den Zaun, an dem der Czaja nun hängt, hat er übrigens gerade erst gebaut, nennt ihn den „Zaun der politischen Irrlichter“. Und für die Ecke, an die die Hunde immer pinkeln, hat er auch einen liebevollen Namen entwickelt: Lompscher Vollpfosten. | |||
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