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Liebe/r Leser/in,

warum gestatten wir, dass mit dem Internet verbundene Geräte unsere Kommunikation speichern?

Warum erlauben wir Internet-Unternehmen, komplette persönliche Profile von Menschen zu erstellen, sie zu analysieren und mit unseren Daten Geschäfte zu machen?

Warum unterliegt der Telekommunikationsanbieter WhatsApp nicht den gleichen Auflagen wie T-Mobile, Vodafone oder O2, wenn es um Datenspeicherung und Offenheit von Schnittstellen geht?

Dies waren nur drei von vielen drängenden Fragen, die am vergangenen Montag auf der Innovationskonferenz DLD in Brüssel diskutiert wurden. Es sind grundsätzliche Fragen unseres modernen Zusammenlebens, Fragen, die jeden Nutzer eines Computers oder Smartphones im digitalen Alltag betreffen – und auf die es Ansätze von Antworten gibt.

So legt eine exklusive Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag von FOCUS nahe – wir hatten sie in der vergangenen Ausgabe vorgestellt –, dass die Datensammelgier der großen Internet-Konzerne offenbar gegen geltendes Recht verstößt. Aus der Studie geht hervor, dass die Nutzungsbedingungen von Diensten wie Google oder Facebook meist gar nicht gelesen werden bzw. die Nutzer einen gewissen Zwang empfinden, sie zu akzeptieren. Damit ist die vorgeschriebene Freiwilligkeit der Einwilligung auf die Datenschutzhinweise nicht wirklich gegeben und die Einwilligungserklärung („Ich stimme zu“) gegenüber diesen Diensten unwirksam. Wie die Tech-Welt unsere Studie diskutiert, was Bayerns Justizminister Georg Eisenreich jetzt fordert, lesen Sie ab Seite 44.

Zur Titelgeschichte dieser Ausgabe: Die Digitalindustrie hackt nicht nur unsere privaten Daten, sondern auch unser Gehirn. Davon ist Adam Alter überzeugt. Der New Yorker Soziologe erforscht, weshalb es uns so schwerfällt, den Verlockungen des Internets zu widerstehen. Durchschnittlich drei Stunden täglich kleben wir hierzulande am Bildschirm, 80-mal am Tag greifen wir im Schnitt zum Smartphone – ich kann Ihnen verraten, ich übertreffe diese Zahlen.

Die Tech-Entwickler, erklärt Adam Alter, „kennen unsere psychologischen Schwachstellen genau und nutzen sie gnadenlos aus“. Sie konstruieren Spiele, Streaming-Angebote, Apps und Websites so, dass unser Gehirn den richtigen Cocktail an Belohnungsstoffen ausschüttet. Vor allem die Likes und Sternchen in den sozialen Netzwerken fluten uns mit Glückshormonen.

Doch es formiert sich Widerstand unter den Usern. Die Zahl jener, die selbst darüber bestimmen möchten, wofür ihre Zeit und Aufmerksamkeit verwendet wird, sie wächst. Digitale Minimalisten nennen sich die Vorreiter dieser Bewegung, deren Ziel es ist, Internet und Smartphone ausschließlich nach den individuellen Bedürfnissen und Wünschen einzusetzen. Meine Kollegin Elke Hartmann-Wolff hat für die Recherche unserer Titelgeschichte Vertreter dieser Idee getroffen. Sie sagt: „Wer es schafft, Smartphone und Internet bewusst und sinnvoll zu nutzen, gewinnt an Gelassenheit, an Zeit für Freunde und Familie oder erfüllende Freizeitaktivitäten.“

Die Sehnsucht, wieder mal offline zu sein. Die Freude an analogen Erlebnissen wie das Blättern in diesem Magazin – das ist ein Wert, den wir vielleicht alle viel zu wenig zu schätzen wissen. Ab Seite 74 lesen Sie eine Anleitung, wie auch Sie Ihre Lebensqualität erhöhen können, indem Sie öfter mal das Smartphone beiseitelegen. Ich möchte das auch versuchen. Vielleicht schaffe ich den ganzen Sonntag.

Ich wünsche Ihnen (und mir) ein schönes Wochenende!

Herzlichst,

Robert Schneider
Chefredakteur FOCUS Magazin

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Aufsteigerin der Woche

Schon jetzt gilt sie als eine der mächtigsten Frauen in Brüssel. Doch mit ihrer Nominierung zur geschäftsführenden Vizepräsidentin der EU-Kommission erhält Margrethe Vestager noch mehr Macht. Künftig wird die liberale Wettbewerbskommissarin nicht nur US-Konzerne wie Apple und Google in die Schranken weisen wie bisher. Unter dem Motto „Europa fit für das digitale Zeitalter machen“ koordiniert die 51-Jährige ab November zusätzlich alle digitalen Themen und die technologische Aufholjagd Europas.

Absteiger der Woche

In der Zusammenarbeit mit dem US-Präsidenten ist ein Moment entscheidend: der Moment der Kündigung. Denn droht man diese nur an, holt Donald Trump sein Handy raus und feuert einen per Twitter. So scheint es Sicherheitsberater John Bolton ergangen zu sein. Er behauptet, vor dem Twitter-Rauswurf gekündigt zu haben.Das Ergebnis ist dasselbe. Zumindest kann sich der 70-Jährige damit trösten, dass er weder der Erste war noch der Letzte sein wird, auf dessen Arbeit Trump verzichtet.

Newcomerin der Woche

Das Amt gibt es seit 1992 und war bis auf eine Ausnahme immer weiblich besetzt: Daniela Ludwig wird neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Die 44-Jährige folgt auf CSU-Parteifreundin Marlene Mortler, die im Juli ins EU-Parlament gewählt wurde. Aufgabe der Drogenbeauftragten ist es, die Öffentlichkeit über Drogen- und Suchtprobleme zu informieren. Ludwig will sich nicht allein auf illegale Substanzen konzentrieren, sondern vor allem die Gefahr der Alltagsdrogen Nikotin und Alkohol thematisieren.

Zitat der Woche

"Ich bin sehr zuversichtlich, dass ich wieder gesund werde"

Zahl der Woche

2,8

Milliarden Euro Baukindergeld wurden laut KfW innerhalb eines Jahres verteilt

Kommende Termine

Am Montag, 16. September, erhält Deutschlands früherer Umweltminister Klaus Töpfer den NRW-Staatspreis. Die Laudatio hält Angela Merkel.

Am Donnerstag ist offizieller Wahlkampfauftakt der Liberalen in Thüringen. FDP-Parteichef Christian Lindner spricht in Jena.

Am Freitag trifft sich das Klimakabinett der Bundesregierung in Berlin und will Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen treffen. Zeitgleich hat die „Fridays for Future“-Bewegung zu Protesten aufgerufen.

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