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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 26.01.2021 | Überwiegend bewölkt bei kühlen 2°C. | ||
+ Ist der Lernraum noch da? + Wilder Autokorso + Hotels für alle! + Berliner oder Pfannkuchen? + |
von Anke Myrrhe |
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Guten Morgen, beginnen wir den Tag mit einer guten Nachricht: Es tut sich etwas bei der Berliner Bildung. Und zwar nicht nur durch den heldenhaften Einsatz der Eltern und vieler Lehrkräfte am Küchentisch, auch beim Lernraum Berlin ist vorsichtiger Optimismus erlaubt. Nach dem Meltdown zum Lockdown nach den Weihnachtsferien und vielen Problemen in den folgenden drei Wochen, sagte Landeselternsprecher Norman Heise gestern: „Wir beobachten, dass es definitiv besser wird.“ Anlass zur Hoffnung gibt auch ein neues Tool, programmiert vom stadtbekannten Tüftler-Vater Thomas Tursics aus Pankow (der kürzlich erst die Internetanbindung der Schulen untersucht hat). Ist-der-lernraum-noch-da.de zeigt live an, wie schnell die digitale Plattform zum Distanzlernen gerade läuft. Fazit gestern: Nur einmal war die Schnecke zu sehen („Ja, aber ganz schön langsam“), ansonsten war die Antwort den ganzen Tag: JA. Was vermutlich auch daran liegt, dass die Videoplattform BigBlueButton nun auch außerhalb des Lernraums datenschutzkonform genutzt werden kann – und viele Schulen sich längst andere Lösungen gesucht haben. „Ich habe inzwischen zumindest die Webkonferenzen und Schreibdateien komplett aus dem Lernraum verbannt“, sagt eine Gymnasiallehrerin aus Friedrichshain-Kreuzberg. „Ist zu frustrierend für alle.“ Viele Schulen seien mittlerweile auf andere Plattformen umgestiegen. Doch auch sie berichtet, dass die Lage sich insgesamt verbessert habe. „Zumindest abends lassen Inhalte sich inzwischen meist zuverlässig einstellen.“ Man wird ja bescheiden. Und an die Nachtarbeit haben sich viele Lehrkräfte und Eltern ohnehin längst gewöhnt (wir beim Checkpoint sowieso). | |||
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Aber was war eigentlich das Problem? Das wollte der FDP-Abgeordnete Paul Fresdorf in einer Anfrage an die Bildungsverwaltung wissen (Nr. 18/26058). Und erfuhr, dass der Lernraum in den vergangenen drei Monaten (neben regelmäßigen unbemerkten Updates) drei Mal gewartet wurde, am 18. Dezember (90 Minuten), am 9. Januar (5 Minuten) – und am 3. Januar 2021, dem Sonntag vor Schulbeginn 16 Stunden lang: von 14 Uhr bis zum nächsten Morgen, 6 Uhr. Dieses Wartungsfenster sei ab dem 30. Dezember 2020 „über den Lernraum angekündigt“ worden, teilte Bildungsstaatsekretärin Beate Stoffers mit. Nur lagen da vermutlich alle keksselig auf der Couch. Derweil arbeitete der neue Dienstleister schwitzend daran, die Serverleistung zu erhöhen. „Die Umsetzung der konzipierten Optimierungen im Produktivsystem war erst nach Abschluss der Tests im Testsystem möglich und konnte daher erst am 3. Januar 2021 erfolgen“, schreibt Stoffers. „Die starke Nutzung am 4. Januar 2021 erzeugte eine exponentiell steigende Last auf das System, die durch drei kurzfristig durch das Zuse-Institut Berlin bereitgestellte Hochleistungsrechner aufgefangen werden konnte.“ Seit dem 5. Januar 2021 stehe der Lernraum stabil bereit, „es arbeiteten rund 64.000 Nutzerinnen und Nutzer pro Tag damit“. Und haben hoffentlich schon etwas über Exponentialfunktionen gelernt. (Kann virusbedingt auch nicht schaden.) | |||
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Bleibt die Frage, ob es vor allem am Ausweichen auf andere Plattformen liegt, dass der Lernraum nun besser funktioniert? Antwort der Bildungsverwaltung auf Checkpoint-Anfrage: „Wir haben in Berlin traditionell Lehrmittelfreiheit. Von daher konnten die Schulen schon immer verschiedene Lernplattformen auswählen und tuen dies auch. Nach dem Lernraum Berlin sind die häufigsten Lernplattformen: HPI Schulcloud, eigene Moodle-Netzwerke, Itslearning etc.“ Das nehmen wir gleich morgen noch mal durch. | |||
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Nun gut, diese Pandemie ist schließlich für alle Neuland (Zitat Ende), jedenfalls bricht auch der Livestream des Abgeordnetenhauses gern mal zusammen. Verschwörungstheoretiker glauben jetzt vermutlich, dass die Hotelbranche den Stecker gezogen hat: Denn im Wirtschaftsausschuss ging es da gerade um den Post-Corona-Tourismus und die Bedeutung von Großveranstaltungen, es referierte die Linken-Abgeordnete Katalin Gennburg. Bei erwarteten 30 bis 40 Prozent weniger Kongressteilnehmenden, müsse man über die Hotels nachdenken, die dann niemand mehr brauche. Ihr Vorschlag: Neubaustopp und Umbauprogramm für Wohnraum. Ich nehm‘ bitte das Micro-Apartment mit Sauna (und Zimmerservice). | |||
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Apropos Verschwörungstheoretiker: Die veranstalten seit einigen Wochen regelmäßige Autokorsos, bisher ging es montags durch die City West und freitags durch Hellersdorf. Gestern fuhren rund 100 Fahrzeuge mit lauter Musik (warum Dr. Alban?) und kruden Parolen (Impfpflicht für alle Politiker!) erstmals durch Mitte und Prenzlauer Berg. Dort allerdings haben nicht nur einige Anwohnerinnen und Fußgänger protestiert, genervte Autofahrende drängten sich in den Korso, so verloren einige Demonstrierende den Anschluss und irrten in Kleinkorsos durch die Stadt. Eine Gruppe, die das Ganze in einem Youtube-Video festhielt, überfuhr auf der Spandauer Straße ohne polizeiliche Begleitung mehrere rote Ampeln (Video bei 1:47), bis die Polizei sie stoppte. Aus dem vorderen Auto stieg: AfD-MdA Andreas Wild. | |||
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Im Scotch & Sofa in Prenzlauer Berg soll am Donnerstag übrigens wieder eine Partei gegründet werden (welche es diesmal sein soll, versuchen wir noch zu verstehen). Vielleicht fällt den Corona-Verharmlosern aber auch noch was anderes ein. Oder der Polizei. | |||
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Nachdem die Vorlage in der vergangenen Woche schon auf dem Tisch lag (einstimmig vertagt), wird der Senat heute nun doch keine eigenen Homeoffice-Regeln beschließen. Der Entwurf von Arbeitssenatorin Breitenbach (Linke) sah deutlich schärfere Regeln vor, zum Beispiel ein grundsätzliches Verbot von Präsenz-Bildschirmarbeit. Nun soll zunächst abgewartet werden, ob die zarten Bundesbeschlüsse wirken. Schärfere Regeln wären allerdings auch schwierig zu vermitteln angesichts einer Verwaltung, in der von den zwei Dritteln, die theoretisch im Homeoffice arbeiten könnten (kein Bürgerkontakt nötig), erst 40 Prozent mobil arbeitsfähig sind (immerhin: Im Frühjahr waren es noch 10 Prozent). Heißt in Zahlen: von den 130 000 Mitarbeitenden könnten rund 86 000 im Homeoffice arbeiten, davon können es derzeit etwa 34 000. „Die Tendenz ist weiter steigend, da weitere mobile Endgeräte in Kürze ausgeliefert werden bzw. sich bereits in der Auslieferung befinden“, sagte ein Sprecher der Innenverwaltung gestern. Bis Mitte des Jahres sollen weitere 10 000 Mitarbeitende ausgestattet sein. Eine Frage konnte die Innenverwaltung gestern allerdings nicht beantworten: Wie viele der Mitarbeitenden in der Verwaltung die Möglichkeit zum Homeoffice tatsächlich nutzen. | |||
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Am BER, wo die politische Flugkurve jahrelang auf Geldverdienen stand (bloß keine privaten Investoren!), sind die Passagierzahlen nun derart dramatisch gesunken, dass gestern im Aufsichtsrat zum ersten Mal das Wort „Teilentschuldung“ fiel. Klar ist schon jetzt, dass wohl auch der Flughafen-Chef und seine Top-Manager auch ihren Beitrag zum Sparen leisten müssen. Bleibt die Frage, wie es mit der aufgeladenen Situation an den Sicherheitschecks weitergeht. Gegen die Stromschläge sollen nun Matten ausgelegt werden. Können die Sicherheitsleute sich wenigstens die Zeit mit Yoga vertreiben, wenn keiner kommt. | |||
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Hoffentlich viele Leute kommen am Donnerstag, wenn mein Kollege Sascha Karberg alle Fragen rund um die Pandemie beantwortet: Wie lange wird uns Corona noch beschäftigen? Wie gefährlich ist die Mutation des Virus? Und warum läuft das Impfen so schleppend an? Bei Tagesspiegel Live – unserem neuen Live-Video-Chat – beantwortet der Leiter der Wissenschafts-Redaktion Ihre Fragen. Mitmachen ganz einfach von zu Hause über PC, Tablet oder Smartphone. Am Donnerstag, 28. Januar, 19 Uhr, exklusiv für Abonnentinnen und Abonnenten. | |||
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Und wo wir gerade so nett plaudern: Bereits am Mittwoch, 19 Uhr, melden wir uns wieder im Clubhouse mit einem munteren Checkpoint-Talk, Titel diesmal: „Berliner oder Pfannkuchen – über die Identität einer Stadt“. Neben Chefcheckpointer Lorenz Maroldt, Ann-Kathrin Hipp, Felix Hackenbruch und mir ist diesmal auch Kabarettistin Idil Baydar dabei. Und Sie wissen ja, mit Clubhouse verhält es sich ein bisschen wie mit Pfannkuchen: Man weiß nie, was drinsteckt. Gilt übrigens auch für Berliner. | |||
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