|
Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Donnerstag, 11.02.2021 | Überwiegend freundlich bei -2°C. | ||
+ Friseure öffnen wieder ab dem 1. März + „Filmriss“ bei der Berlinale + Finanzdesaster am BER + |
von Robert Ide |
|
Guten Morgen, es sind Tage, an denen auch das Lächeln gefriert. Die Pandemie der schlechten Laune und kleinkarierten Kleinteiligkeiten inmitten einer nicht kleiner werdenden Krise, die weiterhin nach großen Lösungen verlangt, greift um sich, und längst sind auch Deutschlands Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten infiziert. „In den verschiedenen Mutationen des Virus ist eine dritte Welle angelegt, die wir bekämpfen müssen“, warnt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und musste sich dennoch im Vorabend ihrer Macht gestern Abend der anschwellenden Zwischenmacht der Fürstinnen und Fürsten der Bundesländer beugen. Beim Gipfel wurde gefeilscht, als gebe es auf Basaren längst keinen Lockdown mehr. „Das ist wie in der Wurstfabrik“, sagte ein Verhandler später – man will lieber gar nicht wissen, wie’s zustande kommt (Rekonstruktion hier). So bleibt am Ende ein unabsehbares Ende. Und die Angst als bleibender Begleiter – vor einem „Stopp und Go bei den Lockerungen“ (Bayerns Ministerpräsident Markus Söder). Vor weiterhin verzögerten Impfungen und Hilfszahlungen für Unternehmerinnen und Unternehmer. Und vor einem neuen Virus, das das alte ablöst und das Deutschlands Gesundheitsbehörden noch immer nicht richtig einschätzen, geschweige denn nachverfolgen können. | |||
|
| ||||
| ||||
| ||||
|
Erst mal die wichtigsten Zahlen und Daten im Überblick: – 22. Februar: Die Bundesländer dürfen Kitas und Grundschulen wieder schrittweise öffnen; in Berlin soll das mit Wechselunterricht, mehr Selbsttests selbst für Kitakinder und ein paar Luftfiltern in Klassenräumen möglich sein. Ob in Berlin nur die ersten drei oder die ersten vier Klassen wieder den Ranzen umschnallen dürfen, will der Senat heute entscheiden. Merkel gab unumwunden zu, sich einen späteren Start gewünscht, sich aber im Kultusmister-Kleinklein nicht durchgesetzt zu haben. Immerhin: Lehrerinnen und Erzieher sollen früher geimpft werden als bisher geplant. Im Mai und Juni könnte es soweit sein, bis dahin bleibt im Klassenraum die Hoffnung zittrig: beim Frostlüften. – 1. März: „Aus hygienischen Gründen“ (Beschlusspapier) und auch wegen „der Würde der Menschen“ (Söder) soll sich jede und jeder wieder Haare und Fußnägel schneiden lassen dürfen. Dazu der schnittige Kommentar von Pankows Bürgermeister Sören Benn (Linke): „Die einen gehen zum Friseur, die anderen raufen sich die Haare.“ – 7. März: Mindestens noch vier Wochen lang geht der Lockdown in die Verlängerung und werden Arbeitgeber weiter angebettelt, jetzt nun aber wirklich mal ernsthaft mehr Homeoffice zu ermöglichen. Außer in vielen Behörden und Bundestagsbüros natürlich. – 35 von 100.000: Erst, wenn es so wenige Neuinfektionen pro Woche und pro 100.000 Einwohner gibt, dürfen Geschäfte, Museen und Galerien öffnen. „Wir müssen noch entscheidende Wochen durchhalten“, mahnt Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD). Entscheidende Wochen, in denen das Durchwurschteln immer neue Mutationen erfährt. 35 ist das neue 50. Und 2021 das neue 2020. | |||
|
Und wie geht es den Menschen gerade? „Man hat wie eine kleine Fessel am Bein, weil man nicht weiß, ob man als nächster dran ist“, sagt Inge aus Lichtenberg. Die 87-Jährige spricht über ihre Ängste und ihre Einsamkeit im „Archiv der lebenden Toten“, das ein Künstlerkollektiv um die Regisseurin Romy Weyrauch gerade erstellt. „Wir fragen junge und ältere Menschen, die vom Virus besonders bedroht sind“, erzählt Weyrauch am Checkpoint-Telefon. Ein Theaterstück soll im Kunstzentrum Hellerau in Dresden und möglichst auch auf der digitalen Bühne im Berliner Hau aufgeführt werden. Aber so lange das nicht möglich ist, erzählen Menschen mit Vorerkrankungen oder Behinderungen und eben alte Leute, wie sie mit der Corona-Gefahr umgehen – und wie sie sich jetzt mit dem Tod beschäftigen. „Wir wollen etwas benennen, was normal ist, aber derzeit in Statistiken versteckt wird: dass wir sterblich sind“, sagt Weyrauch. Die 37-Jährige, die zuletzt in Zusammenarbeit dem Tagesspiegel das Erinnerungsstück „Als die Mauer fiel“ mit Jugendlichen entwickelt hatte, will nun Blicke auf die älteren Menschen lenken – und gemeinsam mit anderen Künstlern zeigen, wie verletzlich wir gerade alle gemeinsam sind. „Niemand sollte sich anmaßen, zu sagen, welches Leben mehr wert ist. Aber wenn uns unsere Gemeinschaft etwas wert ist, muss der Einzelne sich zurücknehmen“, sagt Weyrauch. Jeder Einkauf mit richtig sitzender Maske sei nun ein politischer Akt, das selbstverständliche Umarmen von Menschen verliere sich in Verantwortung für andere. Es geht gerade nicht nur um Dich und mich. Sondern auch um Inge aus Lichtenberg, die sagt: „Wenn ich das Virus bekäme, würde ich sagen: Damit hat sich die Sache. Ich möchte nicht beatmet werden.“ | |||
|
| ||||
| ||||
| ||||
|
Berlin bleibt auf Eis gelegt – Zeit, im Kopf auf eine Weltreise zu gehen, die einem das Herz erwärmt. Die Augen müssen dabei geschlossen bleiben – so wie die Kinos, in denen sie normalerweise um fremde Ecken lugen würden, um Menschen zu erblicken, die in der Ferne nahe gehen, und Träume, wie ein anderes Leben im eigenen aussehen könnte. Heute hätte die Berlinale begonnen; im Tagesspiegel feiern wir das eigentlich größte Publikumsfilmfest der Welt einfach trotzdem. In unserer neuen täglichen Kolumne „Filmriss“ erinnert heute Andreas Conrad an die glanzvollste Eröffnungsfeier mit Schirm, Charme und den Stones. Und im Checkpoint verraten Filmverliebte ihre Streifen für die Ewigkeit (meiner versteckt sich übrigens hinter diesem Rätselbild). Den Vorhang hier öffnet weiter unten im Encore der Berlinale-Chef Carlo Chatrian, der noch auf eine Freiluft-Berlinale im Juni hofft. Kann dieser Lockdown wirklich so happy enden? | |||
|
Damit im Tiefschnee nicht bloß Väterchen Frust seine Runden dreht, drehen wir uns mal um ins thüringische Mühlhausen. Hier herrschten letzte Nacht 26,7 Grad unter Null – Oberbürgermeister Johannes Bruns (SPD) verteilt trotzdem wärmende Nachrichten. „Die Lage ist entspannt, weil kein weiterer Schnee hinzugekommen ist“, berichtet Bruns dem Checkpoint. Die Straßen seien geräumt, für Obdachlose stünden eine Unterkunft und eine Wärmestube bereit, Feuerwehr und Rotes Kreuz hätten keine Noteinsätze fahren müssen. „Ob die Temperaturen auf minus 15 oder auf minus 27 Grad Celsius fallen, macht keinen erheblichen Unterschied“, sagt Bruns. Egal, was Mütterchen Frost noch mit uns vorhat: Bleiben wir cool im Kopf, aber nicht im Herzen. | |||
|
| ||||
| ||||
| ||||
|
Erst mal abkühlen müssen sich die Gemüter an der Technischen Universität. Hier wurde am Mittwoch im Akademischen Senat erneut der Neubau für die Mathematik heiß diskutiert, den die Stadt Berlin vorantreibt. Für eine „energetische Dreckschleuder“ hält ihn die Universitätsleitung – für die aufwändige Fassade müssten hunderte kleine Lüfter eingebaut werden, die das Klima schädigen würden. Die Uni hat nach Checkpoint-Informationen mehrmals bei der Stadtentwicklungsverwaltung interveniert, bisher vergeblich. Viel Zeit zum klimafreundlichen Umgestalten bleibt nicht mehr. Schon jetzt ist das Fundament an der Fasanenstraße ausgehoben, bis 2024 sollen hier etwa 100 Millionen Euro verbuddelt sein. Vielleicht sollte das Konzept vorher noch mal durchlüftet werden. | |||
|
So, jetzt schlittern wir gleich rein in den Tag. Am besten auf Berlins Trampelloipen (Video hier) und auf den 421 wandelbaren Worten, die die Schotten für den Schnee ersonnen haben (via „Geo“). Zwischen „flindrikin“ (leichter Schneefall) und „sneesl“ (beginnender Schneeschauer) ist auch heute in Berlin alles drin. Wer sich danach dranmachen will, die Berliner Weiße auf die Schippe zu nehmen, achte bitte auf die Ratschläge der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie. Sie empfiehlt fürs richtige Schneeräumen: erst Muskeln aufwärmen, dann mit der Schaufel schieben oder mit geradem Rücken in die Knie gehen und den Schnee auch mit der Kraft der Beine heben. Vorsicht, ruckartige Bewegungen führen zum Hexenschuss. Dann braucht man zwar keine Schippe mehr, aber einen Besen. | |||
|
|
|
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| ||||
| ||||
| ||||
|
| |||
|
| |||
|
| ||||
| ||||
| ||||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
| |||
| |||
|
| |||
| |||
| |||
|
| ||||
|
| |||
| |||
| |||
| ||||
| ||||
| ||||
| |||
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
|
|
| |||
| |||
| ||||
| ||||
| ||||
|
| |||
| |||
| |||
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|