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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Mittwoch, 01.06.2022 | Wolkig und windig bei max. 18°C. | ||
+ Wahlpannen-Show: Das ist die Stellungnahme der Landeswahlleiterin an das Verfassungsgericht + Schrödinger grüßt: Senat streitet – und gleichzeitig streitet nicht – über die Arbeit der Enteignungskommission + „Nicht Falsches sagen“: Ex-Finanzsenator Kollatz ist sauer + |
von Julius Betschka |
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Guten Morgen, wir beginnen mit dem Neuesten aus dem russischen Krieg gegen die Ukraine: +++ Russische Atom-Streitkräfte halten offenbar Militärübungen ab. Etwa 1000 Soldaten führten in der Provinz Iwanowo Manöver mit über 100 Einsatzfahrzeugen durch, berichtet die Nachrichtenagentur Interfax. +++ Außenministerin Annalena Baerbock hat sich im „Brennpunkt“ der ARD für eine stärkere Unterstützung der Ukraine ausgesprochen. Man müsse überprüfen, ob man genug für die Ukraine tue – das Land brauche Artillerie, Luftabwehrwaffen und Drohnen. +++ Präsident Wolodymyr Selenskyi hat angekündigt, nicht Zehntausende Soldaten für die Befreiung der von Russland besetzten Gebiete opfern zu wollen. US-Präsident Joe Biden will nun doch moderne Raketensysteme an die Ukraine liefern. +++ Das Leid der anderen nicht vergessen: Plant der türkische Präsident Erdogan im Schatten des Ukraine-Kriegs eine Invasion der türkischen Autonomiegebiete in Syrien? Einiges deutet daraufhin. Sanktionen hat Erdogan kaum zu befürchten, berichtet Hannes Heine. Alles aus der Nacht lesen Sie wie immer in unserem Nachrichtenblog zum Krieg. | |||||
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Neuwahl II. Luthes Anwalt hat inzwischen Antwort auf einen Befangenheitsantrag gegen Gerichtspräsidentin Selting (CP 27.05.) erhalten. Sie weist eine Behinderung der Akteneinsicht oder Beaufsichtigung der Klägerseite zurück. Sie habe nur durch Mitarbeiter auf die Regeln zur Akteneinsicht für Rechtsanwälte hingewiesen. Ein Gespräch mit einer Mitarbeiterin sei nicht geglückt, weil diese sie „sogleich in unangemessener Weise anschrie“, schreibt Selting. Sie habe den Raum verlassen und in Reaktion „Das ist doch ungeheuerlich“ gesagt. Luthes Anwalt antwortet noch am Dienstagabend mit einem weiteren Schreiben: Er beantragt, dass weitere Mitarbeiter des Verfassungsgerichts als Zeugen zum Fall befragt werden. Wie das ausgeht? Zwei Juristen, sechs Meinungen. | |||||
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Von Wahlen zu Windmühlen: Der Senat will den Aufbau von deutlich mehr Windrädern in der Stadt. Besonders in Gewerbegebieten, an Autobahnen und auf Hausdächern sollen sie Strom produzieren. Die grüne Klimaschutzsenatorin Bettina Jarasch will aber auch vor Berlins Wäldern nicht stoppen: „Wir werden das nicht ausschließen können, wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen.“ Für die Bundes-CDU ist der Berliner Vorstoß ein Albtraum: Sie begründet ihre Ablehnung von Windrädern mit den doppelzüngigen Berlinern, die zwar Windenergie forderten, aber selbst nichts bauten. „Man kann aus Berlin heraus einfach sagen, dass man unbedingt mehr Windräder aufbauen soll, aber in Berlin-Mitte stehen auch keine Windräder“, hatte Armin Laschet im Wahlkampf gesagt. Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Sepp Müller (Grüße nach Sachsen-Anhalt!) erklärte 2019 sogar, er lasse die 1000-Meter-Abstandsregel fallen, sobald ein Windrad im Tiergarten steht. Gestern schrieb Müller dazu auf Twitter: „Ich stehe zu meinem Wort.“ Der Senat könnte also Historisches entschieden haben – und mit Berliner Windkraft die ganze Bundesrepublik durchpusten. Ein Stück Berliner Extravaganz behält man sich aber schon vor: Kein einziges Windrad darf auf das freie Tempelhofer Feld. Das bestätigte ein Sprecher von Bettina Jarasch auf Checkpoint-Anfrage. Warum Wähler verstimmen, wenn man auch Wald roden kann. | |||||
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Tick, Tock, Ticketknast: Ab heute werden wieder Ersatzfreiheitsstrafen für Schwarzfahrer vollzogen. Wer zu einer Strafe von 40 Tagessätzen zu zehn Euro verurteilt wird, müsste 400 Euro zahlen und bei einer Ersatzstrafe nun wieder 40 Tage ins Gefängnis. Ein Haftplatz kostet laut Justizverwaltung pro Tag 200 Euro. Wegen der Pandemie war das Verfahren ausgesetzt worden, um die Fluktuation in Gefängnissen zu verringern – jetzt geht es gegen den Willen von Berlins Justizsenatorin Lena Kreck weiter. Heute will die Linke-Politikerin auf der Justizministerkonferenz einen neuen Vorstoß zur Abschaffung des Systems vorlegen. Zuständig dafür wäre Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Aber wäre das überhaupt sinnvoll – oder muss Strafe sein? Was sagen Sie? | |||||
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Damit zu Schrödingers Senatsstreit: Justizsenatorin Kreck legte sich bei einer Enteignungskonferenz am Wochenende (weitgehend unbemerkt) mit Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) an. Zur bisherigen Konstitution der Berliner Enteignungskommission sagte Kreck: „Das, was auf dem Tisch liegt, weicht vom Senatsbeschluss ab.“ Linke und auch Grüne kritisieren (CP 24.05.), dass Kommissionsvorsitzende Herta Däubler-Gmelin (SPD) ihr Stimmrecht wahrnehmen will und die Kommission nicht immer öffentlich tagt. Mehr als Kleinkram für die Linkspartei. Giffey hatte daraufhin im Tagesspiegel-Interview (T+) erwidert, dass alles genauso im Senatsbeschluss vereinbart sei, und hinzugefügt: „Wenn nun etwas anderes erzählt wird, dient das der Demontage dieser Expertenkommission.“ Machtwort. Der Streit darüber, was nun wirklich auf dem Tisch liegt, wurde gestern in der Senatssitzung fortgeführt – unter „Verschiedenes“. Über das Ergebnis dieser Debatte gibt es keinen formellen Beschluss, sondern nur formelhafte Wiedergaben: A: „Der Senat hat sich heute darauf verständigt, noch einmal mit der Kommission in den Austausch zu treten. Ziel ist eine präzise Umsetzung des Einberufungsbeschlusses. Die Themen betreffen unter anderem den angestrebten Zeitplan, der laut Beschluss ein Ergebnis nach einem Jahr vorsieht.“ (Antje Dieterich, Sprecherin von Lena Kreck) B: „Es bestand Einigkeit darüber, dass die Kommission ihre Aufgaben unabhängig vom Senat, eigenständig und gemäß des Senatsbeschlusses wahrnimmt und binnen eines Jahres zu einem Ergebnis kommt.“ (Lisa Frerichs, Rathaussprecherin) Ok, wir fassen zusammen: Der sehr einige Senat wird noch einmal mit der unabhängigen Kommission sprechen, um sie präzise darauf vorzubereiten, für ein Jahr zu arbeiten. Schrödinger lässt grüßen. | |||||
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Apropos Einigkeit: Matthias Kollatz, Ex-Finanzsenator und SPD-Abgeordneter, ist sauer auf die beiden Parteichefs Franziska Giffey und Raed Saleh. Ein halbes Jahr nach seinem (nicht ganz freiwilligen) Abtreten als Finanzsenator sollte Kollatz auf dem SPD-Landesparteitag am 19. Juni für seine Arbeit gedankt werden – doch Kollatz will nicht. In einem Brief an die Parteispitze, der dem Checkpoint vorliegt, schreibt er: „Es hat Eurerseits keine Kommunikation über die geleistete Arbeit gegeben, als der Wechsel im Senat stattfand. (…) Gefühlt haben wir uns 15 Mal seitdem gesehen und die Corona-Beschränkungen können sicher nicht dafür herhalten, dass es die ganze Zeit nicht möglich war, sich mit einigen wenigen Sätzen persönlich für die geleistete Arbeit zu bedanken.“ Kollatz schreibt weiter: „Es ist besser, von dieser Würdigung abzusehen. Es muss dann auch nichts Falsches oder nicht Gemeintes gesagt werden.“ Freund, Feind, Parteifreund. | |||||
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