Liebe Leserin, Lieber Leser,
eine Reihe prominenter Sozialdemokraten hat die Bundesregierung aufgefordert, eine sofortige Kehrtwende in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik einzuleiten. Es brauche endlich Gespräche mit Russland, heißt es in ihrem „Manifest“, keine weitere Aufrüstung der Bundeswehahahaa …
Entschuldigen Sie bitte! An der Stelle muss ich einfach loslachen. Nicht weil die Ziele der Genossen albern wären. Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen – das unterschreibt heute jeder Militaria-Influencer samt Rheinmetall-Chef. Nur bei dem Begriff „Manifest“ kriege ich die komischsten Bilder nicht mehr aus dem Kopf.
Ich stelle mir einen SPD-Ortsverein in Wattenscheid vor. Staubige Yucca-Palme, hornhautfarbenes Faxgerät, Kaffeebecher mit „Willy“-Aufdruck. Es treten auf: die „Rebellen“. Als solche dürften sich die Erstunterzeichner Ralf Stegner, Norbert Walter-Borjans, Rolf Mützenich und Hans Eichel durchaus gesehen haben, als ihr Plan reifte.
Der Text war schnell geschrieben. „Aber wie nennen wir’s?“, brummte Stegner in meiner Vorstellung mürrisch wie immer. „Tor zur Hölle“, schrie Mützenich mit weitaufgerissenen Augen. „‘Offener Brief‘ reicht doch“, tätschelte Eichel ihm auf dem Resopaltisch deeskalierend den Handrücken. „Jeder Klappskalli schreibt heute ‚offene Briefe‘ … oder ‚Appelle‘“, nörgelte Walter-Borjans, der den Fair-Trade-Kaffee nicht vertrug. Da kam Inge rein, seit 49 Jahren im Ortsverein die gute Seele. „Manifest“, sagte sie. „Nennt es doch ‚Manifest‘!“
Da funkelten die Augen, als sei man dem alten Marx nun ganz nah. Drunter ging’s halt nicht in diesem Ensemble sogenannter „Partei-Granden“. Das „Manifest“ der Altherrenrunde schlug dann auch ein. Nur anders, als man sich das wohl erhofft hatte. Das Papier sei „Realitätsverweigerung“, schimpfte SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius. „Irritiert, verstört und verärgert“ zeigte sich nicht nur Sebastian Fiedler, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.
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