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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 27.04.2021 | Überwiegend sonnig mit leichter Brise bei 13°C. | ||
+ Markthalle-Neun-Betreiber wehren sich gegen SPD-Politikerin + Heimliche Millionenbürgschaft für's KaDeWe + Enteignungs-Initiative geht juristisch gegen Mario Czaja vor + |
von Lorenz Maroldt |
Guten Morgen, ergreifende Szenen waren das am vergangenen Freitag vor der Markthalle Neun – eine Trauergesellschaft trug einen Sarg durch die Straße, gefolgt von der stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden in Friedrichshain-Kreuzberg, Sevim Aydin. Der Anlass: Ein Aldi macht zu. Die bizarre Auseinandersetzung um die Markthalle, in der sich kleine Betriebe mit Unterstützung der angefeindeten Betreiber durch die Krise kämpfen, ist ein Kreuzberger Rührstück voller Bigotterie, Falschinformation und Hysterie – der Zentralvorwurf lautet: Gentrifizierung. Das reicht vielen schon zur blinden Gefolgschaft. Fakten werden hier durch den Wolf gedreht wie das Billighackfleisch des verdrängten Discounters. Als Trauerrednerin schlug Aydin am Freitag mit sich überschlagender Stimme ein neues Kapitel des Märchens auf – am Ende schrie sie: „Mir reicht‘s langsam einfach!“ Immerhin das hat sie jetzt mit den Markthallen-Betreibern gemeinsam – die veröffentlichten heute früh auf ihrer Website einen Brief an Aydin: „Wir sind entsetzt und betrübt zugleich darüber, wie Sie ein Unternehmen in Ihrem Wahlkreis (…) mit falschen Behauptungen derart öffentlich diffamieren.“ Und weiter: „Sie als Sozialdemokratin wissen, dass Kreuzberger Handwerksbetriebe wie die Markthalle Neun wichtig für den Kiez und dessen Vielfalt sind, aber auch für die Sicherung von Arbeitsplätzen zu fairen Bedingungen. In den letzten Jahren haben sich 26 kleine Handwerksbetriebe in der Markthalle angesiedelt, die in diesem Bezirk Arbeitsplätze schaffen und hier Steuern zahlen.“ Sechs Vorwürfe Aydins werden in dem Brief konkret bestritten, das Fazit der Betreiber: „Alle diese Behauptungen sind falsch.“ Den ganzen Brief mit der Vorgeschichte des Kaufs, damals besonders von der SPD wegen des Konzepts gefördert, können Sie hier nachlesen. | |||
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Fast alles, was Sie im Laufe eines Jahres im Checkpoint lesen konnten, finden Sie am Ende im Bericht des Rechnungshofs wieder – aber ein paar Zugaben gibt’s meistens doch. Diesmal ist es der seit 2016 gezahlte Mietzuschuss im sozialen Wohnungsbau, ein besonders krasses Beispiel teurer Symbolpolitik im Staat Absurdistan, Bezirk Berlin. Denn der Zuschuss wird komplett vom Anrecht auf Wohngeld des Bundes abgezogen – Olaf Scholz spart damit unverhofft Millionensummen auf Kosten des Landes. Das ganze ist also nichts weiter als eine extrem teure Werbemaßnahme des Senats für sich selbst. Übrigens: Allein die dadurch verursachten zusätzlichen Verwaltungskosten betragen 37% der gezahlten Mietzuschüsse. Ob Sie jetzt weinen oder lachen, überlassen wir Ihnen gerne selbst – und zwar kostenlos. | |||
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Was (noch) nicht im Bericht des Rechnungshofs steht (aber jetzt schon mal im Checkpoint): Finanz- und Wirtschaftsverwaltung haben der KaDeWe-Group eine schöne Millionenbürgschaft verschafft, am Senat und dem Abgeordnetenhaus vorbei. Übrigens: Die Signa Prime Selection AG, der u.a. die Immobilie des KaDeWe gehört, hat im Jahr der Bürgschaftsgewährung an die Aktionäre eine Dividende in Höhe von 201 Mio. Euro ausgeschüttet. Die Hälfte davon ging an den Gesellschafter René Benko. (Q: DS 18/27185 MdA Gabriele Gottwald / Kevin Hoffmann, Tagesspiegel). | |||
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Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ geht juristisch gegen den Ex-Senator und CDU-Abgeordneten Mario Czaja vor – Hintergrund ist die Einladung zu einem Digitalen Bürgerdialog mit Eberhard Diepgen (heute Abend 19.00 Uhr). Darin heißt es u.a.: „Mehr als 1/4 aller Wohnungen in Marzahn-Hellersdorf befinden sich im Eigentum von Genossenschaftsmitgliedern; soviel wie in keinem anderen Bezirk. Wenn es nach der Initiative ‚Deutsche Wohnen & Co Enteignen‘ und der Linkspartei geht, ist damit bald Schluss!“ Gestern warf der Kreuzberger Anwalt Thomas Moritz dem CDU-Politiker eine „Angstkampagne aufgrund freier Erfindungen“ und eine „Verunglimpfung des Volkentscheids“ vor – mit dem Mandat der Initiative forderte er Czaja schriftlich auf, bis zum 29.4. eine Unterlassungserklärung abzugeben: Czaja soll nicht mehr behaupten, die Initiative „strebe die Enteignung von Genossenschaften an“ bzw. „nehme im Beschlusstext Genossenschaften von der Enteignung nicht aus.“ Dass die Sorge vor einer Enteignung bei Genossenschaften durchaus verbreitet ist, zeigt ein Blick in die Mitgliedszeitschrift „Nordost-Info“ (Ausgabe 1/21) – dort heißt es: „Ein Gespenst geht um in Berlin. Es ist das Gespenst der Vergesellschaftung und Zwangsbewirtschaftung von privatem und genossenschaftlichem Wohnraum.“ Und in einer „Hausinformation“ der Genossenschaft „Köpenick Nord“ (3504 Wohnungen) schreiben Aufsichtsrat und Vorstand: „Durch eine Enteignung würden Sie, liebe Mitglieder, um Ihre Rechte und Ihr Vermögen gebracht.“ Da waren die Stimmensammler der Initiative dort gerade durch – ihre verlockende Frage zur Unterzeichnungsaufforderung lautet: „Wollen Sie weniger Miete zahlen?“ | |||
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Das Volksbegehren „Autofreie Stadt“ ist gestartet – höchste Zeit, sich mal den Gesetzentwurf durchzulesen… aha, immerhin: Es gibt Ausnahmegenehmigungen für Kutschen, Schwangere und diskriminierte Minderheiten. Auch ein Beinbruch verhilft einem zur Sonderplakette. Für alle anderen gilt: Bei Verstößen droht eine Strafe bis zu 100.000 Euro. Ok, dazu gibt’s heute auch den Dienstagskommentar um kurz nach 8 bei Radioeins. Und was meinen Sie? | |||
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