In der aktuellen Juli-Ausgabe von Cicero haben wir ein Interview mit dem amerikanischen Politologen John Mearsheimer publiziert. Der Westen, so die Kernthese des streitbaren konservativen Politologen, trage im Wesentlichen die Schuld am Krieg in der Ukraine. Das Interview hat zu interessanten, oftmals auch kontroversen Diskussionen geführt. So hat etwa der in der Ukraine lebende und aus Deutschland stammende Schriftsteller Christoph Brumme jüngst eine ganz andere Perspektive in die Debatte eingebracht: Russland sei vom Westen bis zur Annexion der Krim in vielfältiger Weise unterstützt und privilegiert behandelt worden, so der Autor vor gut einer Woche auf Cicero-Online. Heute antwortet der Kölner Professor für Internationale Politik und langjährige Cicero-Autor Thomas Jäger auf Mearsheimers Thesen: Wer, wie John Mearsheimer, dem Westen die Schuld am Ukraine-Krieg gebe, so Jäger, betrachte Russlands Aggression als Reaktion auf eine Bedrohungslage. Doch Russland sei durch die Nato nie bedroht gewesen. Und eine Verhandlungslösung sei schon deshalb nicht möglich, weil sich Russland nicht mit einer neutralen und souveränen Ukraine zufriedengeben würde, so Jäger in seinem Beitrag „Russland will Weltmacht werden“. Zu einem anderen Thema: Um sich aus der Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu befreien, könnte Deutschland auf eigene Erdgasvorkommen zurückgreifen, die sich vor allem unter Niedersachsen befinden. Diese müssten allerdings durch Fracking gewonnen werden – eine Technologie, die von Umweltschützern scharf abgelehnt wird. Mehrere Experten sind der Meinung, dass die Bedenken unbegründet sind. Nils Westerhaus fragt daher, ob wir unsere Einstellung zum Fracking überdenken müssen. Derweil soll der Bundestag kleiner werden. Ihm sollen, wie im Wahlgesetz vorgesehen, nur noch 598 Abgeordnete angehören, jeweils zur Hälfte direkt im Wahlkreis oder über die Landesliste gewählt. Zurzeit zählt das Parlament 736 Abgeordnete, also 138 mehr als eigentlich vorgesehen. Das will die Ampel ändern – auf eine für die meisten Wähler verwirrende Weise und nicht zuletzt zu Lasten von CDU und CSU. Für Hugo Müller-Vogg läuft das auf eine faktische Entwertung von Stimmen hinaus. Heute wurde die Publizistin Ferda Ataman zur Antidiskriminierungsbeauftragen der Bundesregierung gewählt. Die Personalie ist aus guten Gründen höchst umstritten. Doch es geht nicht nur um eine einzelne Person, sondern um ein ganzes System: Mit Millionen finanziert der Staat aktivistische Rassismusforschung, deren wissenschaftliche Grundlagen mehr als dünn sind – weil Ergebnisse schon vorher feststehen, wie Sebastian Wessls in seinem Beitrag „Rassisten überall" schreibt. Von der Bewertung der Corona-Maßnahmen bis zur Gender-Debatte: Die Wirklichkeit zählt nicht mehr, als wahr gilt, was von Politik und Medien empirie- und faktenfrei als solches verkündet wird. Vorangetrieben wird diese Demontage der Realität allerdings nicht von Trump-Anhängern oder Rechtspopulisten, wie ich in meinem Beitrag „Die Welt als willige Vorstellung“ schreibe, sondern von der Linken, die sich einst so viel auf ihren Materialismus zugute hielt. Ihr Ralf Hanselle, stellvertretender Chefredakteur |