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2 Cannabis-Senkrechtstarter im Check

Lieber Geldanleger,

 

ich hatte Dir im vorvorletzten Video auf meinem YouTube-"Aktien Kanal" meine zwei Cannabis-Favoriten für die heutige Ausgabe versprochen.


Beide halten sich hervorragend gegen den allgemein schwachen Markttrend und machen operativ große Fortschritte.

Hier sind sie:

Trulieve Cannabis

Trulieve Cannabis Corp. (ISIN: CA89788C1041)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 19e/20e/21e
Kurs
A2N60S / TCNNF
1,35 Mrd. USD
9 / 16 / 12
12,99 USD


Der Chart sieht vielleicht für sich genommen nicht übermäßig beeindruckend aus. Interessant wird es aber, wenn man diesen mit dem Horizons Marijuana Life Sciences Index-ETF vergleicht:


Während der Index-ETF, in dem die wichtigsten Marihuana-Aktien enthalten sind im letzten halben Jahr bis Mitte/Ende November quasi im freien Fall war und sich mehr als halbiert hat, hat Trulieve bereits Ende August seine Tiefststände markiert, diese dann Anfang Oktober nochmal getestet, um dann wieder nach oben durchzustarten.

Inzwischen hat die Aktie wieder das Niveau von vor einem halben Jahr erreicht, während sich der Index-ETF so gut wie gar nicht erholt hat.

Was macht Trulieve so besonders? Zunächst einmal ist Trulieve in Florida aktiv, nicht in Kanada wie die meisten anderen Cannabis-Produzenten. Insofern ist Trulieve nicht direkt von den dortigen Überkapazitäten betroffen.

Das Unternehmen ist erst seit Ende 2018 börsennotiert und dabei mit einer Marktkapitalisierung von 1,35 Milliarden US-Dollar viel kleiner als Canopy Growth oder Tilray. Und noch ein Punkt vorab: Trulieve hat nicht im selben Maße von dem Hype in 2018 profitiert wie die meisten anderen Cannabiswerte und hatte demzufolge schon von Beginn an eine "geringere Fallhöhe". Aber das ist natürlich nicht alles:

Der Fokus von Trulieve liegt auf dem Verkauf von medizinischem Cannabis über entsprechende Markenläden oder auch direkt über die Lieferung zum Patienten nach Hause. Das Unternehmen deckt die ganze Wertschöpfungskette ab von der Aufzucht der Pflanzen bis zum Verkauf an den Kunden, so dass man quasi versucht, die potenziellen Gewinne entlang dieser Wertschöpfungskette voll auszunutzen.

Der Hauptgrund für die gute Performance ist aber schlicht, dass es das Unternehmen auf die Reihe bekommt schnell und dabei trotzdem profitabel zu wachsen. Im 3. Quartal kletterten die Umsätze um 22 Prozent gegenüber dem direkten Vorquartal (also Q2/2019) und um 157 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal. Der bereinigte operative Gewinn auf EBITDA-Basis legte von 31,6 auf 36,9 Millionen US-Dollar zu (+17 Prozent).

Möglich wurde dies u.a. durch ein Wachstum bei der Zahl der Patienten in Florida um 19 Prozent, was wiederum auch daran lag, dass am 18. März ein neues Gesetz in Florida in Kraft getreten ist, das es Patienten erlaubt, Cannabis für medizinische Zwecke zu rauchen.

Die Verabschiedung war lange erwartet worden. Das Ganze läuft unter der Begrifflichkeit "Smokable Flower" und vergrößert den adressierbaren Markt für Trulieve und damit das Umsatzpotenzial. Inzwischen hat Trulieve 214.827 Patienten in Florida. Während des 3. Quartals wurden sechs weitere Cannabis-"Apotheken" eröffnet. Inzwischen verfügt Trulieve über 35. Die Aufzuchtkapazitäten wurden deutlich auf ca. 1,6 Millionen Quadratfuß erweitert, was umgerechnet ca. 150.000 Quadratmeter entspricht.

Beeindruckend sind vor allem die im Vergleich zur Konkurrenz hohen Bruttomargen von 62 Prozent. Tilray zum Beispiel kommt gerade mal auf die Hälfte.

Im kommenden Jahr dürfte Trulieve bereits ein EBITDA von 160 Millionen US-Dollar erzielen, das in 2021 weiter auf 210 Millionen US-Dollar steigen sollte. Das Verhältnis von Enterprise Value (= Marktkapitalisierung zuzüglich Schulden und abzüglich Cash) zu EBITDA liegt damit für 2020 nur bei neun und für 2021 sogar bei sehr niedrigen 6,7. Das sind Werte, die im immer noch hoch bewerteten Cannabissektor normal nicht anzutreffen sind.

Woher kommt diese Profitabilität? Zum einen natürlich deshalb, weil die Margen bei medizinischem Cannabis grundsätzlich höher sind als bei Cannabis für den Freizeitkonsum.

Zum anderen aber macht Trulieve vor wie man organisch wachsen kann und teure Übernahmen vermeidet. Das Unternehmen konzentriert sich bisher auf den Markt in Florida und geht damit den entgegengesetzten Weg im Vergleich zu den meisten anderen Anbietern, die möglichst schnell zu so genannten MSOs werden möchten. MSO steht für Multi State Operators und bedeutet, dass versucht wird über eine möglichst schnelle Expansion u.a. auch durch Übernahmen das Geschäft auf mehrere verschiedene US-Bundesstaaten zu skalieren.

Das mag intuitiv zwar ein richtiger Ansatz sein, um sich Marktanteile zu sichern. In der Praxis ist es aber im Cannabissegment recht schwierig über die Landesgrenzen hinaus Geschäfte zu machen, weil Marihuana auf Bundesebene ja nach wie vor als verbotene Substanz gilt.

Die Vorgehensweise von Trulieve hat zudem den Vorteil, dass man im "eigenen" Bundesstaat die Marke sehr bekannt machen kann, eine starke Kundenbindung und Kundentreue aufbauen kann, die Qualität besser kontrollieren kann und nicht zuletzt auch mit den Regierungsbehörden eine gute Beziehung aufbauen kann. Inzwischen hat Trulieve in Florida einen Marktanteil bei den Cannabisverkäufen von ca. 50 Prozent.

Inzwischen expandiert Trulieve zwar auch in andere Staaten aber nur mit kleineren und auch verhältnismäßig preiswerten Übernahmen. Insgesamt gab es drei Deals. Einen am 16. Mai im Bundesstaat Connecticut, wo man The Healing Corner, eine medizinische Marihuana-"Apotheke" erworben hat. Connecticut ist strategisch interessant, weil dort die Chancen gut sind, dass Marihuana auch für den Freizeitgebrauch zugelassen wird.

Dazu gab es noch ähnliche Übernahmen in Massachusetts und in Kalifornien.

Bei alledem achtet Trulieve immer darauf, die finanziellen Mittel zu schonen und implementiert innovative Finanzierungsmodelle wie bspw. Partnerschaften mit Real Estate Trusts (REITs). Auch bei den Gewächshäusern hat Trulieve erfolgreich experimentiert wie sich die Kosten senken lassen.

Das Ergebnis: Ein solider Cashbestand (inkl. kurzfristig liquidierbare Anlagen) von 53,7 Millionen US-Dollar und ca. 50 Millionen US-Dollar annualisierter operativer Cashflow.

Und: Trulieve befindet sich nun in der beneidenswerten Lage, in einem danieder liegenden Cannabis-Sektor finanziell gut dazustehen und weiter gezielt kleinere Übernahmen zu attraktiven Preisen tätigen zu können.

Fast schon paradox mutet es da an, dass ausgerechnet Trulieve nicht in Deutschland handelbar ist (wo ja ansonsten wirklich jeglicher Schrott aus dem Cannabis-Sektor aus Kanada und den USA häufig und gerne gutgläubigen deutschen Glücksrittern angepriesen wird).

Ein Kauf ist daher nur über den unregulierten OTC-Markt in den USA möglich oder Canadian National Stock Exchange (CNQ) in Kanada (Kürzel dort TRUL; aktueller Kurs 17,21 CAD).


GrowGeneration –
"Hacke und Schaufel" für die Cannabis-Industrie

GrowGeneration Corp. (ISIN: US39986L1098)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 19e/20e/21e
Kurs
A2H8U5 / GRWG
170 Mio. USD
54 / 23 / 13
4,74 USD


Der zweite auffallend stabile Wert im Sektor ist mit einer Marktkapitalisierung von nur 129 Millionen US-Dollar noch deutlich kleiner als Trulieve. Es handelt sich um GrowGeneration, eine Fachgeschäftskette, die hydroponische Gartenartikel anbietet – sowohl für gewerbliche als auch private Käufer.

Hydroponik ist eine Form der Hydrokultur bei der Pflanzen in Gewächshäusern in Wasser wachsen. Letztendlich bedeutet das, dass GrowGeneration allerlei Zubehör für die Betriebe anbietet, die Cannabis züchten.

Das sind z.B. Bewässerungssysteme, Beleuchtungssysteme und Nährstoffe für die Pflanzen.

Das Unternehmen wurde in 2014 mit nur einem Laden in Pueblo, Colorado gegründet. Inzwischen verfügt man über 25 Shops in acht verschiedenen US-Staaten und will weiter sehr aggressiv wachsen.

Meiner Ansicht nach machen Übernahmen in diesem Bereich auch wesentlich mehr Sinn. Hier findest Du den Online-Shop des Unternehmens.

Eine Gemeinsamkeit mit Trulieve ist aber, dass GrowGeneration sehr diszipliniert bei den Ausgaben ist. Über ein ERP-System, das bereits in drei Bundesstaaten eingeführt worden ist, kann man das Personal, die Buchhaltung und das Beschaffungsmanagement zentral steuern und überwachen. Das ist in der Cannabis-Branche leider keine Selbstverständlichkeit.

Das führt dazu, dass das Unternehmen eine sehr solide Bilanz hat. Der Cashbestand ist gegenüber dem Vorjahr um mehr als drei Millionen US-Dollar auf 17,9 Millionen US-Dollar gestiegen. Dem stehen Verbindlichkeiten von nur 12,7 Millionen US-Dollar gegenüber.

Bei einem Umsatzanstieg von 159 Prozent auf 21,8 Millionen US-Dollar schaffte man ein bereinigtes EBITDA von 2,0 Millionen US-Dollar wogegen man im gleichen Quartal des Vorjahres noch einen Verlust von 785.000 US-Dollar verbuchen musste. Netto reichte das immerhin für einen Gewinn von 1,05 Millionen US-Dollar in Q3.

Auf Neun-Monats-Basis kletterten die Umsätze schon auf 54,3 Millionen US-Dollar (ggü. 19,9 Millionen US-Dollar im Vorjahr) und statt 2,7 Millionen US-Dollar Verlust schaffte man satte 2,3 Millionen US-Dollar Gewinn. Voll verwässert entspricht das 0,06 US-Dollar je Aktie.

Allerdings – und das ist die Kehrseite – ist die Zahl der ausstehenden Aktien stark von 22,05 Millionen auf 31,5 Millionen gestiegen, voll verwässert sogar auf 37,5 Millionen. Das heißt GrowGeneration finanziert das Wachstum auch über die Ausgabe neuer Aktien.

Dennoch ist das aus meiner Sicht kein K.O.-Kriterium für ein Investment. Natürlich sollte das Unternehmen hier darauf achten, dass man die eigenen Aktien nicht gar so freigiebig auf den Markt wirft.

Sollte das einigermaßen gelingen in den nächsten Quartalen, dann wäre die Aktie aber mit einem 2020er-Kurs-Umsatzverhältnis von nur 1,3 und einem KGV von 23 angesichts des noch immer vorhandenen großen Wachstumspotenzials alles andere als teuer. Größere DIY-Händler (Bau- und Gartenmärkte) wie z.B. Home Depot oder Lowe´s weisen KUVs von 8,4 bzw. 4,1 aus.

Apropos: Mit Bob Nardelli konnte GrowGeneration den ehemaligen CEO von Home Depot als Strategieberater verpflichten.

GrowGeneration ist übrigens einer der größten Kunden von Scotts Miracle-Gro (SMG), die ihrerseits über ihre Tochter Hawthorne Gardening wiederum hydroponische Systeme und Düngemittel für den Cannabismarkt herstellen.

Hawthorne selber wiederum hat mit Sunlight Supply ein weiteres Unternehmen aus diesem Bereich übernommen. Dafür hat SMG 450 Millionen US-Dollar auf den Tisch gelegt. SMG selber ist mit einer Marktkapitalisierung von 5,66 Milliarden US-Dollar ungefähr um den Faktor 33 größer als GrowGeneration.

Einerseits besteht im Moment eine gewisse Abhängigkeit von SMG, andererseits führt GrowGeneration aber immer mehr Eigenmarken-Produkte ein (private label) und kann so die eigene Wertschöpfungskette erweitern.


MEIN FAZIT:

Sowohl Trulieve als auch GrowGeneration sind natürlich trotz der attraktiven Bewertung spekulative Investments. Das gilt insbesondere für GrowGeneration, die bisher nur am weniger geregelten OTC-Markt in den USA handelbar sind.

Sie zeigen aber, dass es auch im Cannabis-Sektor solide Unternehmen gibt, die auch bei schneller Expansion profitabel bleiben, weil sie auf ihre Kosten achten und ihren strategischen Plan diszipliniert umsetzen.

Bezeichnenderweise sind ausgerechnet diese beiden Aktien nicht über deutsche Handelsplätze handelbar.

Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in keinen genannten Wertpapieren/Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels investiert. Es können daher keine Interessenskonflikte vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.

 


 

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Viel Erfolg bei Deinen Finanzentscheidungen &
ein schönes Wochenende wünscht Dir

Dein
Armin Brack
Chefredakteur Geldanlage-Report

>> Die nächste Ausgabe erscheint am 07. Dezember

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