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Sehr geehrte Damen und Herren,
Andreas Rosenfelder
Andreas Rosenfelder
Ressortleiter Feuilleton
stellen Sie sich vor, Sie reiben sich die Augen – und wachen in einer Welt ohne Corona auf. Sie dürfen plötzlich wieder ohne Maske aus dem Haus gehen, Sie können sich abends in der Bar verabreden, sogar Ihre Kinder dürfen wieder in die Schule. Denn Sie haben Glück: Sie leben in der „grünen Zone".

Es gibt da nur einen Haken: Sie dürfen diese Zone nicht verlassen. Denn leider ist nicht die ganze Welt vom Virus befreit, das sich – Viren sind anpassungsfähig – niemals ganz ausrotten lässt. Drüben, in der „roten Zone", gibt es neue Infektionen: Dort herrschen drakonische Ausgangssperren, Infizierte werden in bewachten Hotels isoliert, nur Alleinlebende dürfen Besuch empfangen. Natürlich können Sie diese „rote Zone" nicht betreten, selbst wenn dort Ihre Eltern leben. Und umgekehrt darf kein „Roter“ in die „grüne Zone" eindringen. Das wird durch eine Grenzpolizei sichergestellt, die Kontrollpunkte an Ausfallstraßen errichtet. Doch Sie sind dankbar für das scharfe Grenzregime, denn ein „Eintrag“ des Virus würde Ihre Region sofort wieder rot einfärben. Und davor haben Sie eine höllische Angst.

Ein Traum – oder ein Albtraum, aus dem es kein Erwachen gibt, solange das Corona-Virus kursiert oder auch ein anderes, neuartiges in Umlauf gerät?

Die Initiative „No Covid“, die in den letzten Tagen von Wissenschaftlern, Ökonomen, Aktivisten und Journalisten beworben wird, setzt auf ein Heilsversprechen, das in einer zermürbten Gesellschaft auf fruchtbaren Boden fällt. Wer würde sich nicht eine Exit-Tür wünschen, durch die man in eine virenfreie Welt gelangt? Wer will nicht heraus aus jenem Fegefeuer, in welches eine planlose Lockdown-Politik unsere Gesellschaft verwandelt hat – inzwischen nur noch mit dem kafkaesken Ziel, die Leistungsfähigkeit unserer Gesundheitsämter wiederherzustellen?

In dieser Situation wirkt das Versprechen attraktiv, durch einen noch viel brutaleren, unbefristeten Lockdown irgendwann in ein gelobtes Land ohne Coronavirus zu kommen. Doch abgesehen davon, dass ein Herabsenken der Infektionen auf den Nullwert in Europa – das keine Insel ist – nicht einmal von Christian Drosten für realistisch gehalten wird, verschweigt die Initiative ihren Preis: eine dauerhafte Einteilung der Welt in grüne und immer wieder neu aufflackernde rote Zonen, in welchen die Bewohner jeweils eingesperrt wären. Eine Dystopie aus einem Science-Fiction-Film – wenn man nicht an die Ära der eisernen Vorhänge zurückdenkt.

So ist die „No-Covid-Reinheitsphantasie" nicht nur eine wissenschaftliche Illusion, sie ist auch eine gefährliche Ideologie. Setzt sie sich politisch durch, droht ihr das Schicksal aller Heilsversprechen: In der Zielerreichung wird sie mit Ansage scheitern, wofür man dann immer die Renitenz der Menschen verantwortlich machen kann. Aber die eingesetzten Mittel würden unsere offene Gesellschaft dauerhaft entstellen.

Und, am schlimmsten: Die No-Covid-Kampagne hält die Gesellschaft davon ab, sich endlich auf pragmatische Lösungen zu konzentrieren, also die Bewohner der Pflegeheime wirkungsvoll zu schützen und mit Schnelltests und Impfungen mehr und mehr Lockerungen zu ermöglichen. Nachhaltige Freiheit gibt es nur, wenn wir lernen, mit dem Virus zu leben.

Was den Tag heute bestimmt, darüber berichtet für Sie jetzt aus dem WELT-Newsroom meine Kollegin Judith Mischke.
WAS HEUTE SCHLAGZEILEN MACHT
Eine FFP2-Maske
Quelle: Frank Rumpenhorst/dpa
Ärzte fordern Festpreise für FFP2-Masken

Der Deutsche Hausärzteverband warnt vor überhöhten Preisen für OP- sowie FFP2-Masken und fordert Festpreise. „Sinnvoll wäre, sicherzustellen, dass die Masken zu fairen Preisen verkauft werden“, sagte der Vorsitzende Ulrich Weigeldt des Verbands dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Es müsse verhindert werden, dass es – wie im ersten Lockdown –  bei Masken, Desinfektionsmitteln und Toilettenpapier zu „Wucherpreisen" komme. „Hierzu könnte beispielsweise ein Festpreis festgelegt werden, der nicht überschritten werden darf“, sagte Weigeldt. Bund und Länder hatten sich am Dienstag darauf verständigt, dass in Bussen, Bahnen und Geschäften künftig „medizinische Masken", also OP- und FFP2-Masken, getragen werden müssen. In Österreich wurden unterdessen FFP2-Masken von der Mehrwertsteuer befreit und können so pro Stück für rund 60 Cent im Supermarkt angeboten werden.

Corona-Mutation breitet sich rasant in Portugal aus

Die hochansteckende britische Coronavirus-Variante breitet sich derzeit extrem schnell in Portugal aus. Etwa 20 Prozent der neuen Infektionsfälle gingen auf diese Variante zurück, sagte Gesundheitsministerin Marta Temido dem Sender RTP. Die Regierung rechne damit, dass der Anteil bereits in der kommenden Woche auf 60 Prozent steige. Auch eine Ausbreitung zu den Nachbarländern sei nicht auszuschließen. Das nationale Gesundheitssystem steht in Portugal bereits jetzt kurz vor dem Zusammenbruch: Es mangelt an Intensivpflege-Betten und an Pflegepersonal, um die Corona-Patienten zu versorgen. „Das Gesundheitssystem kann dieses Ausmaß an Infektionen nicht handhaben", warnte Temido. Erst am Freitag wurde in Portugal ein neuer, härterer Lockdown eingeführt.

China verhängt Sanktionen gegen 28 Amerikaner

Kurz nach dem Amtsantritt von Joe Biden als US-Präsident hat China in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag Sanktionen gegen 28 Amerikaner verhängt. Die Maßnahmen richten sich gegen 28 frühere Minister und Mitarbeiter der gerade ausgeschiedenen Trump-Regierung „und ihre unmittelbaren Angehörigen“. Betroffen sind Ex-Außenminister Mike Pompeo, der frühere Nationale Sicherheitsberater Robert O’Brien und dessen Stellvertreter Matthew Pottinger sowie der frühere Gesundheitsminister Alex Azar. Die Personen dürfen nun nicht mehr nach China einreisen und auch nicht nach Hongkong oder Macao, wie das chinesische Außenministerium bekanntgab. Die Beziehungen zwischen China und den USA hatten sich unter Donald Trump deutlich verschlechtert.
WORÜBER HEUTE DISKUTIERT WIRD
Angela Merkel heute in der Bundespressekonferenz
Quelle: REUTERS/Fabrizio Bensch/Pool
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Verlängerung und zugleich Verschärfung des Lockdowns bis Mitte Februar verteidigt. „Wir wissen, dass die Pandemie eine Zumutung ist", so die Kanzlerin heute in ihrer Rede in der Bundespressekonferenz. „Es ist eine schwere Zeit, da gibt es gar nichts drum herumzureden." Aber die rasante Ausbreitung der mutierenden Coronavirus-Varianten ließe keine andere Wahl, als die bisherigen Maßnahmen aufrechtzuerhalten und, zum Beispiel durch die medizinische Maskenpflicht, nachzuschärfen. „Bei uns ist das mutierte Virus auch schon nachgewiesen, aber bis jetzt nicht dominant", so Merkel weiter. Dennoch müsse man „die Gefahr jetzt sehr ernst nehmen". 

Die Infektionszahlen in Deutschland bleiben laut Merkel „erschreckend hohe Zahlen" – auch, wenn die Werte derzeit einen leichten Abwärtstrend zeigen. Die Gesundheitsämter meldeten dem Robert-Koch-Institut (RKI) 20.398 Corona-Fälle innerhalb eines Tages und 1.013 neue Todesfälle. Damit sind seit Beginn der Pandemie über 50.000 Menschen in Deutschland nachweislich an oder mit einer Coronavirus-Infektion gestorben. Die 7-Tage-Inzidenz sinkt und liegt bundesweit nun bei 119. „Wir müssen hier unter 50 kommen", so Merkel. „Alles dient dem Ziel, die Pandemie in diesem Jahr in den Griff zu bekommen", so die Kanzlerin. „Diese Pandemie ist eine Jahrhundertkatastrophe."

Ungewöhnlich emotional zeigte sich die Kanzlerin, als sie über die Situation in den Alten- und Pflegeheimen sprach. Es breche ihr das Herz, dass dort bereits „so viele Menschen in Einsamkeit" gestorben sind. „Das ist emotional auch für mich extrem schwierig."

Die Kanzlerin verteidigte zudem die Impfstoff-Beschaffungen der Bundesregierung. „Ich betreibe keine Produktionswerke für Impfstoffe", so Merkel. Sie und die Regierung könnten Unternehmen nur bei ihrer Produktion „unterstützen" und das hätte man, zum Beispiel im Fall von BioNTech, auch gemacht. Dennoch verstehe sie „die Ungeduld". Aber jedem Bürger würde ein Impfstoff zur Verfügung gestellt werden. „Wir werden alles Machbare tun, um schnellstmöglich an die Impfstoffe zu kommen."

Zugleich warnen Experten heute, dass viele Corona-Erkrankte an einer unerkannten Blutvergiftung sterben. Solche Todesfälle könnten durch eine bessere Früherkennung und eine angepasste Behandlung verhindert werden, sagte der Vorsitzende der deutschen Sepsis-Stiftung, Konrad Reinhart, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Der starke Bedarf an Intensivbetten und die hohe Sterblichkeitsrate von Corona-Patienten seien vor allem durch Sepsis bedingt.
WAS HEUTE NOCH WICHTIG WIRD
Gegen 18 Uhr beginnt der digitale EU-Gipfel
Quelle: AP Photo/Francisco Seco, Pool
Gegen 18 Uhr beginnt am Abend der erste EU-Gipfel in diesem Jahr, der wegen der Corona-Pandemie wieder digital abgehalten wird. Bei dem Treffen wird es um eine einheitliche Vorgehensweise der EU-Mitgliedsstaaten bei den Corona-Impfungen gehen, um die neu aufgetretenen Virus-Mutationen – und um mögliche Grenzschließungen. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hält Grenzkontrollen an den EU-Grenzen nicht für ausgeschlossen – jedoch seien sie „im Ergebnis der schlechte Weg." Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) brachte stattdessen abgestimmte Corona-Tests für EU-Grenzpendler ins Spiel. Man stehe „vor einem Dilemma", weil es gerade in Grenzregionen hohe Corona-Infektionswerte gebe, sagte Spahn dem SWR. Zugleich brauche man die Grenzpendler aber als Beschäftigte, etwa im Gesundheitswesen. Auch Frankreich bevorzugt „Gesundheitskontrollen" an den Grenzen. 
FOTO DES TAGES
Joe und Jill Biden im Weißen Haus
Quelle: REUTERS/Tom Brenner
Nach dem Machtwechsel in den USA ist der frisch vereidigte US-Präsident Joe Biden mit seiner Frau Jill (beide im Foto) in das Weiße Haus eingezogen. Biden nutzte seine ersten Stunden im Amt, um mehrere Entscheidungen seines Vorgängers Donald Trump rückgängig zu machen. So hat der neue Präsident den bereits eingeleiteten Austritt der Vereinigten Staaten aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gestoppt. Und: Die USA kehren wieder zum Pariser Klimaabkommen zurück. Biden hob außerdem das Einreiseverbot für Menschen aus mehreren überwiegend islamischen Ländern auf – und er führte eine strengere Maskenpflicht ein.
 
Ich wünsche Ihnen einen Nachmittag mit viel Wärme.

Andreas Rosenfelder
Ressortleiter Feuilleton
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