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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 16.04.2021 | Bedeckt bei 9°C. | ||
+ Gekippter Mietendeckel gefährdet sozialen Zusammenhalt + Zahnärzte würden gerne testen und impfen + Berliner Proteste für Demokratie in Moskau und Minsk + |
von Robert Ide |
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Guten Morgen, und, wachen Sie auch gerade in einer Wohnung auf, die nicht Ihnen gehört, sondern Menschen oder Konzernen, die Sie nicht kennen und die auch Sie nicht kennen? Dann könnten jetzt die über Nacht fast vergessenen Alpträume wahr werden, durch lokale Gesetzeskraft gekürzte Mieten auf einen Schlag zurückerstatten zu müssen und künftig monatlich noch mehr aus der eigenen Tasche für die geliehenen vier Wände bezahlen zu müssen. Natürlich ist Vermieterinnen und Vermietern nicht verboten, inmitten der besonderen Umstände anstandshalber auf die Nachzahlungen zu verzichten. Dennoch ist Berlins Mietendeckel scheppernd als grundgesetzwidrig abgeurteilt worden. Und somit höchstrichterlich nichtig. Wichtig bleibt: Mit dem Urteil wird mitten in der Pandemie der soziale Zusammenhalt in der Mietermetropole Berlin pulverisiert – Deutschlands auch an Armut reiche Hauptstadt sitzt auf einem politisch, vor allem aber gesellschaftlich gefährlichen Pulver, das uns jederzeit um die Ohren fliegen kann. Gestern Abend machten schon mal spontan 10.000 Menschen auf den Straßen von Kreuzberg einen ohrenbetäubenden Lärm – auf mitgebrachten Deckeln. Die immerhin passen besser auf die heimischen Töpfe als das gekippte Gesetz zum deutschen Recht. Was vielen nicht passt: So lange Immobilien vor allem mobiles Geld vermehren sollen, so lange darf man spekulieren, wie viele Berlinerinnen und Berliner sich ihre eigene Stadt noch leisten können. Und sich einen Senat leisten wollen, der in vermeintlich guter Absicht immer wieder mit dem Gesetz kollidiert und dessen größtes Prestigeprojekt nun vor dem höchsten deutschen Gericht kollabiert ist. Für Berlin stellen sich nun vor allem drei Fragen: Was können Mieterinnen und Mieter jetzt tun, die sich die Rückzahlungen nur schwer leisten können? (Service dazu hier) Was kann Politik überhaupt ausrichten gegen renditeorientierte Wohnungskonzerne und Vermieter? (Vorschläge dazu hier) In welcher Verantwortung sehen sich die politisch Verantwortlichen dieser Stadt für diese Niederlage? (Leitartikel dazu hier) Wir haben diese drei Fragen auch Katrin Lompscher gestellt, die als frühere Stadtentwicklungssenatorin den Mietendeckel hartnäckig durchgeboxt hat. Die Linke – nach ihrem Rücktritt aus einem anderen Grund ist sie noch im Bundesvorstand ihrer Partei – schrieb dem Checkpoint: „Ich bitte um Verständnis, dass ich als nunmehr Privatperson Ihre Fragen nicht beantworten kann.“ Und schob auf eine Nachfrage hinterher: „Ich bin Mieterin, die vom Mietendeckel nicht betroffen ist.“ Die privaten Antworten der Wählerinnen und Wähler auf die fragile Lage dürften politische Pulverkraft entfalten. Berlin ist ab jetzt mietendrin im Wohnungswahlkampf. | |||
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Juristisch und politisch nicht weniger heikel ist die gesetzliche Grundlage für den Bundeslockdown, der gerade im Kanzleramt zusammeninzidiert wird. Die Kritik im Bundestag und auch aus den Bundesländern übertrifft in ihrer Schärfe sogar das Schwert der nächtlichen Ausgangssperren, welche bei den derzeit hohen Inzidenzen private Treffen am Abend verhindern sollen, nachdem sich am Tage Kinder in den Schulen getroffen haben sowie Erwachsene in Büros und Straßenbahnen aufeinandergetroffen sind. Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) schreibt dazu in einem exklusiven Beitrag für den Tagesspiegel: „Wer die Blockaden der bisherigen Pandemiepolitik auflösen will, braucht mehr als ein halbgares Bundesgesetz.“ (Gastbeitrag hier). Auf jeden Fall wäre es gesünder für alle, wenn die Politik gemeinsam das Virus eindämmt und nicht den Verordnungseinfluss von Konkurrenten in einer anderen oder gar der eigenen Partei. | |||
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Immer wieder impfindlich gestört wird der Kampf gegen das Corona-Virus von der komplizierten Impf- und der unkoordinierten Testkampagne. „Ich würde ja meine Patientinnen und Patienten gerne testen“, sagt etwa die Zahnärztin Karin Michaelis aus Prenzlauer Berg. Sie muss mit ihren Kolleginnen täglich in den Aerosolwolken geöffneter Münder herumbohren und kann zumindest selbst zu Testzwecken in ihrem eigenen Rachen bohren. Bei ihrer Kundschaft dürfte sie dies dagegen nur „im Rahmen der Beauftragung“ durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst tun, und diese Beauftragung ist zwar möglich, aber selbstverständlich nicht unkompliziert – zudem müssten Betroffene den Test selbst bezahlen. Michaelis, die seit 40 Jahren Zahnärztin ist und zu DDR-Zeiten in Bernau praktiziert hat, wundert sich über die großen Regularien im kleinen Ganzen. „In der DDR habe ich als Zahnärztin ja sogar geimpft“, erzählt sie lachend, aber heutzutage seien eben erst mal Haftungsfragen wichtiger. „Wenn eine stärkere Beteiligung beim Impfen gewünscht ist, wird die Zahnärzteschaft natürlich helfen“, bekräftigt auch die Bundeszahnärztekammer auf Checkpoint-Nachfrage. Bis dahin heißt es: Zähne zusammenbeißen. | |||
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Einfach mal kurz rauskommen, raus aus der Wohnung, raus aus der Stadt – wer möchte nicht mal zumindest im Kopf das Weite suchen in einengenden Zeiten? Der Tagesspiegel startet am Wochenende eine redaktionelle Serie „Brandenburg neu entdecken“ für pandemiekonforme Tagesausflüge zu einsamen Ecken in der Natur rund um Berlin. Digital bei Tagesspiegel plus sowie gedruckt in der Zeitung oder im E-Paper gibt es Tipps für kleine Fluchten aus dem Berliner Corona-Alltag, ohne dabei andere und sich zu gefährden (Infos hier). Zum Auftakt am Sonntag beantwortet die Redaktion alle wichtigen Fragen für gesundheitlich sichere Tagesausflüge ohne Übernachtungen; zudem wird eine Radtour durch die Uckermark empfohlen, die man sich schon mal für den Sommer vormerken kann (hier entlang vorradeln). Denn neben allen aktuellen Informationen zur Pandemielage wollen wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, weiterhin helfen, sich in schwierigen Zeiten auch etwas zu erholen. Und frei durchzuatmen, selbst wenn es nur kurz ist. Oder wenigstens in Gedanken. | |||
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Daria Dudlay: Die junge Juristin steht frierend vor dem Brandenburger Tor und erinnert hier in ihrem extra dafür genommenen Urlaub an ermordete oder inhaftierte Kremlkritiker. Gemeinsam mit Aktivisten der russischsprachigen Diaspora kämpft sie in einem „Demokratie-Camp“ für ein Land, dass Berlin immer noch nahe ist und doch immer ferner erscheint. „Wir wollen nicht, dass Putin und Russland gleichgesetzt werden“, sagt sie (Reportage hier). Julija Slcukaja: Die Journalistin sitzt seit Dezember in Minsk in Haft, weil sie ihrem Beruf nachgegangen ist: zu recherchieren und zu sagen, was ist. Die Direktorin des Belarussischen Presseclubs wurde politisch verurteilt wegen angeblicher Steuerhinterziehung. Nun kann man ihr und 300 weiteren politischen Gefangenen in der Diktatur nebenan einen Brief schicken und Mut machen (einfach hier schreiben). Die bedrückende wie beeindruckende Aktion der Gesellschaft für Osteuropakunde, der Evangelischen Kirche und des Demokratiezentrums „Vjasna“ zeigt: Menschenrechte sind unteilbar. Und für das einst geteilte Berlin liegt Osteuropa gleich um die Ecke. Lassen wir die Menschen dort nicht alleine stehen. | |||
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Das muss man Hertha BSC schon lassen: Es geht immer noch hertha. Wegen mehrerer Corona-Fälle muss die Mannschaft, die zum Glück nur sportlich ums Überleben kämpft, im Abstiegskrampf nun auf ihr Trainerteam und auch das Training verzichten. Sportdirektor Arne Friedrich war gestern plötzlich als Übergangsübungsleiter gefragt – und ist damit bereits der sechste Trainer in eineinhalb verworrenen Jahren. Zudem muss das ganze Team in häusliche Einzelquarantäne; die ersten drei von sechs Bundesliga-Endspielen dürften ausfallen und müssten danach nahezu ohne Vorbereitung hintereinander nachgeholt werden. Gibt es jemals noch ein Happy End für die Westend Boys? | |||
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