A propos Österreich: Die Regierung dort protestiert vehement gegen die Merz-Pläne. Und weder ist unser südlicher Nachbar Kolumbien, noch ist Merz der US-Präsident, der seinen kolumbianischen Amtskollegen mit Zolldrohungen binnen Stunden gefügig machen kann. Deutschland ist, wie Österreich, EU-Mitglied. Das ist in Migrationsfragen ein Teil des Problems (das Dublin-System funktioniert nicht), aber auch der Lösung (es gibt natürliche Verbündete). Die Niederlande, Finnland, Dänemark, Polen arbeiten selber an Verschärfungen des Asylrechts, aus unterschiedlichen Gründen. Und sie erinnern sich gut, dass es die Ampel-Regierung war, die bei den jüngsten, strengeren EU-Regeln zur Migration auf der Bremse stand. SPD und Grüne zitieren nun namhafte Juristen, um zu erklären, warum der Merz-Plan auf gar keinen Fall geht. Sie schwächeln leider bei der Frage, was denn stattdessen ginge. Merz wiederum beruft sich auf nicht minder renommierte Rechtswissenschaftler. Wie so oft ist also die Hälfte der Juristen mit der anderen Hälfte nicht einverstanden. Kein Wunder, die Materie ist kompliziert. Einerseits gilt auch hier: Kein Paragraph ohne Ausnahme. Andererseits: Der Europäische Gerichtshof urteilt bei Ausnahmen bisher sehr restriktiv. Böse Zungen behaupten jedoch, Juristen seien gleichermaßen geschult darin, Gesetze zu verfassen, wie darin, sie zu umgehen. Und wenn man auf die jüngere EU-Geschichte blickt – ob Euro-Rettungsschirm oder Kontrollen an der deutschen Grenze zu Österreich seit 2015 – ging oft sehr viel mehr, als die Buchstaben der Verträge ursprünglich vorsahen. Ursprünglich waren auch weder das deutsche Grundrecht auf Asyl, noch die Genfer Flüchtlingskonvention, noch das EU-Asylrecht für den Fall gedacht, dass Millionen Menschen vor allem über die Mittelmeer-Route ihr Heil in Europa suchen. Hier humanitäre, menschenrechtskonforme Reformen zu entwickeln, auf EU-Ebene – auch das wird eine der Kernaufgaben der nächsten Bundesregierung sein. Wie sehen Sie die Rolle der EU? Schreiben Sie uns an feedback@focus-magazin.de |