Liebe/r Leser/in, mag die Welt auch aus den Fugen geraten sein, auf eines ist Verlass: Unerschütterlich ist der Glauben der SPD, das Geld der Bürger sei am besten beim Staat aufgehoben, selbst erwirtschaftetes Geld entfalte erst dann seine segensreiche Wirkung, wenn es einmal durch die staatliche Umverteilungsmaschine gedreht wird. Nichts anderes bedeuten die Pläne, mit denen Obergenossin Saskia Esken um die Ecke kommt. „Krisenabgabe“ und „Zukunftsabgabe“ heißt dieses Mal die Tarnung für höhere Steuern aufs Einkommen, auch bei Schenkungen und Erben soll zugelangt werden. Das Ganze wird untermalt mit dem Märchen vom finanziell ausgezehrten Staat, wo in Wahrheit Milliarde für Milliarde in die Kassen drückt.
Da die Ausgabenfreude aber keine Grenze kennt und obendrein immer noch eine Klientelgruppe bedient werden will, will der SPD-Parteitag im Dezember zudem die Schuldenbremse schleifen. Dabei müsste der SPD-Führung nach einer Serie frustrierender Wahlniederlagen klar sein: Mit linken Fantastereien und dem Schröpfen der Leistungsträger, in Führungsetagen wie in Fabriken, ist die Partei nicht zu retten, geschweige denn das Land. Es blüht nur die Bürokratie, wie in unserer Titelgeschichte nachzulesen.
Wenn Ex-Finanzminister Peer Steinbrück der Politik Realitätsverweigerung vorwirft, dann darf sich seine SPD durchaus getroffen fühlen. Deutschlands Wohlstand sei gefährdet, mahnte Steinbrück bei einer Veranstaltung des Medienverbandes der freien Presse. Mehr Anstrengung ist gefragt, nicht weniger. Gegen die Mär vom gestutzten Wohlfahrtsstaat setzt er die Zahlen: Die Sozialstaatsquote ist auf 30 Prozent gestiegen (bezogen auf das BIP), während die öffentliche Investitionsquote auf 2,1 Prozent gesunken ist. Da läuft etwas krass in die falsche Richtung. „Es ist ein Missverständnis, dass der Staat eine Art Serviceeinrichtung zur Erfüllung individueller Ansprüche ist“, ätzt Steinbrück. Unter SPD-Funktionären macht er sich damit wenig Freunde. Genau das ist das Problem der Partei: „Die Bürger finden sich mit ihren Lebenswirklichkeiten und Kernanliegen nicht berücksichtigt.“
An der Ostseeküste hat ein SPD-Mann die Konsequenzen gezogen und ist mit Furor aus der Partei ausgetreten. Begründet hat der Landrat von Vorpommern-Rügen dies damit, dass die Partei auf viele Menschen „abgehoben und wirklichkeitsfremd“ wirkt – und so den Aufstieg der AfD befördert. Als Stichworte nennt er die verfehlte Migrationspolitik, die schwindende Durchsetzungsfähigkeit des Rechtsstaates gegen die in migrantischen Milieus verbreitete Intoleranz sowie eine irregeleitete Sozialpolitik. Beispiel Bürgergeld. Gut gemeint, aber ungerecht, urteilt der Kommunalpolitiker. „In Zeiten, in denen jede helfende Hand gebraucht wird, befördert es die Utopie eines anstrengungslosen Lebens. In Wahrheit muss sich der arbeitende Rest der Bevölkerung für die anderen mitanstrengen. Jeder, der Sozialleistungen erhält, sollte der Gesellschaft im Rahmen seiner Möglichkeiten etwas zurückgeben müssen.“
Fördern und Fordern nannte dieses Konzept ein früherer sozialdemokratischer Kanzler. Damals hat die SPD noch Wahlen gewonnen. |