Berlin, 04. Juli 2018 Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben lange dafr gekmpft: Nun endlich wurde der Durchbruch bei der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU erreicht. Landwirte erhalten Subventionen zuknftig nur noch fr Leistungen im Natur- und Umweltschutz. Ein groer Schritt fr den Erhalt der Artenvielfalt. Das Insektensterben und der alarmierende Rckgang bei Feldvgeln haben erfreulicherweise zu einem Umdenken in der Politik gefhrt. Auch die von der Kohlekommission vorgeschlagene Abschaltung von mehreren Kohlekraftwerken noch im nchsten Jahr und die Forderung nach strengen CO2-Grenzwerten fr Pkw und Lkw sind ein wichtiges Signal dafr, dass es der Bundesregierung mit dem Klimaschutz tatschlich ernst ist. Die Wetterkapriolen der letzten Wochen, mit berschwemmungen auf der einen Seite und einer bedrohlichen Trockenheit in manchen Regionen andererseits, haben offensichtlich doch die Vernunft obsiegen lassen. Was sagen Sie? Ich solle aufhren zu trumen? Ja, Sie haben ja Recht, die Wirklichkeit sieht leider anders aus. Nach 100 Tagen im Amt kann die Bundesregierung in keinem einzigen Naturschutz- und Umweltpunkt wirklich glnzen. Zur traurigen Wahrheit gehrt, dass Union und SPD wie das Kaninchen vor der Schlange stehen und sich kaum mehr trauen, ambitionierte Umweltziele zu formulieren, geschweige denn diese umzusetzen. Stattdessen wird Politik zunehmend in Kommissionen verschoben, als ob dort vollkommen neue Lsungsanstze fr die Klima- und Artenkrise zu erwarten wren. Wir haben kein Erkenntnisproblem, die erforderlichen Manahmen und Instrumente liegen offen auf dem Tisch! Fangt endlich an sie einzusetzen, liebe Bundesregierung. Die Klima- und Artenkrise duldet keinen weiteren Aufschub. Viel Spa beim Lesen des Newsletters wnscht Ihnen Ihr Leif Miller NABU-Bundesgeschftsfhrer
Inhalt 1. Deutschland zaudert bei CO2-Grenzwerten fr Pkw und leichte Nutzfahrzeuge 2. Kohlekommission 3. EuGH erklrt Finkenfang in Malta fr illegal 4. 100 Tage Bundesregierung 5. Mode mit Werten - Der NABU gibt Tipps rund um nachhaltigere Kleidung 6. EU verklagt Deutschland wegen Nichteinhaltung der Nitratrichtlinie
NABU-Zahl des Monats Juli 40.000 Bienen brummen und surren auf dem NABU-Dach
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1. Deutschland zaudert bei CO2-Grenzwerten fr Pkw und leichte Nutzfahrzeuge Der Umweltministerrat am 17. Juni 2018 illustrierte noch einmal die tiefe Spaltung der Bundesregierung bei der Frage, wie hoch die knftigen CO2-Grenzwerte fr Neuwagen in der EU sein drfen. Denn obgleich die Bundesumweltministerin mit ihrem Vorschlag einer 25- beziehungsweise 50-prozentigen Minderung in den Jahren 2025 und 2030 in der Ressortabstimmung bereits eine deutliche Steigerung des Ambitionsniveaus gegenber dem Kommissionsentwurf angemahnt hatte, durfte sie in ihrer Rolle als Vertreterin der Bundesregierung whrend der Ratssitzung lediglich zu Protokoll geben, dass Deutschlands Position noch nicht feststehe. Eigentlich verblffend, angesichts der Tatsache, dass der Gesetzentwurf bereits im November 2017 verffentlicht wurde. Zeit genug war also, um sich rechtzeitig abzustimmen. Statt also auf europischer Ebene gestaltend in den Prozess einzugreifen, lsst man die Partnerlnder nun also weiter im Dunkeln, wohin die Reise geht, whrend diese ihre Positionen lngst festgelegt haben. Dabei ist klar, dass die Klimaschutzziele des Verkehrssektors nur dann zu erfllen sind, wenn mglichst ehrgeizige Verbrauchsgrenzwerte verabschiedet werden. 60 - 70 Prozent weniger CO2-Emissionen im Jahr 2030 im Vergleich zum Referenzjahr 2021 wren hier nach Ansicht des NABU geboten, um dem Zielpfad zu entsprechen.
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2. Kohlekommission Was hat sich die Regierung blo dabei gedacht, die Kommission, die den Ausstieg aus der Kohle verhandeln muss "Kommission fr Wachstum, Strukturwandel und Beschftigung" zu nennen? Ganz klar geht es darum, den Themen Klimaschutz und Kohleausstieg einen neuen Rahmen zu geben. Es soll so aussehen, als wenn nur ber Wachstum und nicht ber Klimaschutz gesprochen wird, ber Strukturwandel und nicht Kohleausstieg. Dabei ist es doch gar nicht ntig, die Themen Klimaschutz und Kohleausstieg semantisch zu verstecken. Denn nicht nur, dass die Transformation des Energiesystems neue Arbeitspltze in der ganzen Republik schafft, auch mssen wir im Blick behalten, dass wir nur dann den Strukturwandel gestalten knnen - und ntig ist das allemal - wenn wir schnell genug mit dem Kohleausstieg anfangen. Die entscheidende Variable, um die globale Erderwrmung auf das vlkerrechtlich verbindliche Ziel zu begrenzen, ist das endliche Kohlenstoffbudget. Also die Menge an CO2 und weiteren Treibhausgasen, die die Physik zulsst, um die Erderwrmung auf deutlich unterhalb von zwei Grad zu begrenzen. Ins Konkrete bersetzt bedeutet das Kohlenstoffbudget: Je lnger wir mit dem Kohleausstieg warten, desto abrupter muss er schlussendlich vollzogen werden und desto weniger Mglichkeiten und Zeit bleiben, den Strukturwandel zu gestalten und Strukturbrche zu vermeiden. Mit diesem Wissen ist "Wachstum, Strukturwandel und Beschftigung" nur mit dem schnellen Ausstieg aus der Kohle zu haben. Deshalb ist es auch unverantwortlich, wie die Kohlelobbyisten inklusive den Ministerprsidenten der Kohlelnder Nordrhein-Westfalen und Brandenburg Armin Laschet und Dietmar Woidke fleiig dafr trommeln, dass wir noch lange Kohle brauchen wrden. Sie negieren nicht nur ihren Gestaltungsanspruch, sie setzen eine intakte Natur, die Artenvielfalt und eine lebenswerte Welt aufs Spiel.
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3. EuGH erklrt Finkenfang in Malta fr illegal Am 21. Juni hat der Europische Gerichtshof entschieden, dass die Ausnahmeregelung Maltas, die den Fang von sieben Finkenarten mit Netzen und Fallen im Herbst und Winter erlaubt, gegen die EU-Vogelschutzrichtlinie verstt. Unter groem Druck durch die rtliche Jgerschaft versucht Malta seit Jahren die Schutzvorschriften der EU-Vogelschutzrichtlinie durch grozgige Ausnahmeregelungen zu umgehen. Die EuGH-Entscheidung stellte nun aber fest, dass die Ausnahme fr den Finkenfang fr die Kfighaltung den strengen Kriterien fr mgliche Ausnahmen in den meisten Punkten nicht entspricht. So wurden Nachzuchten in Gefangenschaft als Alternative ignoriert und keine ausreichenden Kontrollen eingerichtet und umgesetzt. Zudem konnte Malta nicht belegen, dass die Zahlen der gefangenen Vgel unerheblich sind. NABU und sein Partner BirdLife Malta begren das Urteil und fordern, dass die EU-Kommission neben dem Finkenfang auch zwei weitere dubiose maltesische Ausnahmegenehmigungen vor den EuGH bringen muss: den Netzfang von Singdrosseln und Goldregenpfeifern und den Frhjahrsabschuss von Wachteln. Diese drei Ausnahmegenehmigungen sind es, die derzeit der illegalen Jagd auf Malta Tr und Tor ffnen und eine Kontrolle der Schutzbestimmungen fast unmglich machen.
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4. 100 Tage Bundesregierung Der NABU hat am 21. Juni der neuen Bundesregierung - 100 Tage nach ihrem Amtsantritt - ein eher bescheidenes Zwischenzeugnis ausgestellt: Wenn Deutschland die nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) bis 2030 erreichen will, muss die Bundesregierung die Herausforderungen im Natur- und Umweltschutz entschlossener angehen und dabei ressortbergreifend planen und handeln. Denn die SDGs sehen unter anderem vor, die Klimaerwrmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen und dem Verlust der Biodiversitt ein Ende zu setzen. Beispielsweise wre die Enquetekommission zum Thema "Nachhaltige Baulandmobilisierung und Bodenpolitik" fr das in der ffentlichen Debatte so wenig wahrgenommene Thema Bodenpolitik und Flchenverbrauch ein wichtiges Signal gewesen. Ihre Einsetzung, obwohl im Koalitionsvertrag vereinbart, wurde aber direkt wieder gekippt. Zu den wenigen positiven Entwicklungen gehrt, dass die Bundeskanzlerin nicht ausschliet, eine Kunststoffsteuer einzufhren. Nun mssen Finanz- und Umweltministerium Modelle erarbeiten, wie die Steuer konkret umgesetzt werden kann. Diese knnte dann als Teil einer deutschen Ressourcenschonungsstrategie dazu beitragen, dass weniger Plastikmll ins Meer gelangt. Weitere Tops und Flops der ersten 100 Tage Bundesregierung finden Sie in der NABU Pressemitteilung
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5. Mode mit Werten - Der NABU gibt Tipps rund um nachhaltigere Kleidung Sommerkollektion, Winterkollektion und das leidige Waschen: Die neue NABU-Infografik zeigt, worauf Konsumentinnen und Konsumenten achten knnen, damit Kleidung nachhaltiger wird. Denn Textilien, die kologisch und unter sozial fairen Bedingungen produziert werden, sind immer noch selten in Geschften zu finden. Selbst teure Markenkleidung, auch aus Baumwolle, wird meist unter schlechten Umweltbedingungen hergestellt - oft sogar in den gleichen Fabriken wie Discountware. Es werden beispielsweise bei Baumwolle Pestizide und krebserregende Chemikalien, Farbstoffe, Weichmacher, Bleichmittel und Schwermetalle eingesetzt, die auerdem Luft und Wasser verunreinigen. Die Modeindustrie, Politik, aber auch Konsumentinnen und Konsumenten sind gefordert, verantwortungsvoll mit Textilien umzugehen. Der Schlssel liegt darin, weniger Neuware zu produzieren und zu konsumieren. Stattdessen sollten wir auf langlebige, qualitativ hochwertige Produkte setzen, diese gut pflegen, reparieren und viel nutzen. Dies liegt auch im Interesse der europischen Politik, die Abfallvermeidung in der EU-Abfallhierarchie an erster Stelle sieht. Leider ist der Textilkonsum in den letzten Jahren extrem gestiegen. Schtzungen fr Deutschland liegen aktuell zwischen 12 und 25 kg pro Kopf und Jahr. Die Zeichen stehen auf Fast-Fashion, einem Trend mit qualitativ minderwertiger Kleidung zu niedrigen Preisen, die nach kurzer Zeit entsorgt wird. Gleichzeitig gibt es immer mehr werteorientierte Konsumentinnen und Konsumenten, die einen bewussten Umgang mit Mode suchen. Altkleidersammlungen stellen Kleidung zur weiteren Nutzung bereit. Und immer mehr Unternehmen sehen einen Markt fr faire, kologische oder gebrauchte Kleidung.
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6. EU verklagt Deutschland wegen Nichteinhaltung der Nitratrichtlinie Am 21.06.2018 hat die EU-Kommission Deutschland wegen der Nichteinhaltung der Nitratrichtlinie verklagt. Die Kommission hatte 2016 Klage eingereicht, nachdem die Nitratwerte an ber 20 Prozent der Messstellen den Grenzwert von 50 mg Nitrat pro Liter Grundwasser wiederholt berschritten hatten. Obwohl das Problem seit Jahren bekannt war, hat Deutschland nichts getan um zur Verbesserung der Werte beizutragen und auch eine Rge der EU nderte nichts an der Problematik. Erst nach Einreichung der Klage wurde 2017 ein neues Dngegesetz in Deutschland verabschiedet. Die neue Gesetzgebung senkt die zulssigen Stickstoffsalden um 10 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr auf 50 kg. Auerdem wurden die Sperrfristen fr die Ausbringung von Dngemitteln verschrft und einige Details zur Ausbringung von Dnger wurden verndert. Die CDU/CSU-Fraktion, das Landwirtschaftsministerium und der Bauernverband verweisen gebetsmhlenartig darauf, dass sich mit der Schaffung des neuen Gesetzes die Probleme in der Zukunft von selbst lsen wrden. Allerdings zeigt eine Studie der Universitt Kiel, dass auch mit Hilfe der neuen Gesetzgebung voraussichtlich keine Verbesserung des Grundwasserzustands erreicht werden wird, da die Stickstoffsalden immer noch zu hoch sind und bei der Berechnung hohe Abzge gemacht werden knnen. Es bleibt abzuwarten, ob die Kommission sich trotzdem mit der neuen Gesetzgebung einverstanden erklrt oder eine weitere Nachschrfung fordern wird.
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NABU-Zahl des Monats Juli: 40.000 Bienen brummen und surren auf dem NABU-Dach Bienen schwrmen fr den NABU - und das nicht nur im bertragenen Sinne. Auf dem Dach der Bundesgeschftstelle in Berlin haben jetzt 40.000 Honigbienen ein Zuhause. Von der Dachterasse der NABU-Bundesgeschftsstelle fliegen zwei Vlker seit Anfang Juni aus. Vorraussichtlich 45 Kilogramm Honig knnen geerntet werden. Mit jedem Glas Honig, das der NABU verschenkt, will er ber Insekten aufklren. ber die Honigbiene als Sympathietrger mchte der NABU auf ihre wilden Schwestern aufmerksam machen. Tipps fr den bienen- und insektenfreundlichen Balkon und Garten gibt es unter: www.NABU.de/gartenvielfalt. Auerdem macht er darauf aufmerksam, dass das eigene Konsumverhalten dazu beitragen kann, Bienen und berhaupt Insekten zu schtzen - wenn man zurckhaltend sowie regional und biologisch erzeugt konsumiert. Betreut werden die NABU-Bienen von der Biologin und Bienenexpertin Dr. Melanie von Orlow. Die Biologin ist Imkerin und ehrenamtlich aktiv im NABU, als Mitglied im Vorstand des NABU Berlin und Sprecherin der NABU-Bundesarbeitsgemeinschaft Hymenopteren (Bienen, Wespen, Ameisen).
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