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Nach dem Börsengang-Hype: Kommt jetzt die große Korrektur?

Lieber Geldanleger,

 

die Premiere am Donnerstag vor einer Woche hat für großes Aufsehen gesorgt: Mit Beyond Meat ging die erste "rein vegane Aktie der Welt" an die Börse. Pflanzliche Fleischersatzprodukte treffen voll den Zeitgeist...

Nicht nur wegen des Tierschutzes, sondern auch wegen des Megatrends "Nachhaltigkeit". Dazu gehört die Reduktion der CO2-Emissionen, die Reduktion des Wasserverbrauchs und die Reduktion der Flächen die für die Tierzucht bewirtschaftet werden müssen. Hinzu kommt der Megatrend "Gesundheit". Wesentliche Bestandteile der Patties wie z.B. Erbsen-Proteine gelten als gesund. Auch wenn diese These nicht unumstritten ist.

So oder so: Es gab einen gewaltigen Run auf die Aktie!

Der erste Kurs kam bei 46 US-Dollar zustande, 84 Prozent über dem IPO-Preis von 25 US-Dollar. Der IPO-Preis ist der Preis zu dem die angebotenen 9,6 Millionen Aktien an Fonds und andere institutionelle Anleger verkauft worden sind. Ursprünglich war eine Angebotsspanne von 19 bis 21 US-Dollar geplant.

Wir als Privatanleger schauen bei solchen Börsengängen regelmäßig in die Röhre und können frühestens zu diesem ersten Kurs kaufen. In diesem Falle wäre selbst das noch hochprofitabel gewesen: Die Aktie schnellte am ersten Handelstag bis auf knapp 73 US-Dollar nach oben. Nochmal drei Tage später wurde das Hoch bei 85 US-Dollar erreicht. Ein Wahnsinn!

Dieses Hoch wurde dann einen Tag später (am 8. Mai) nochmals getestet und nicht überwunden. Danach ging es rapide abwärts. Ab Freitag notierte die Aktie kurz vor Handelsschluss nur noch bei 65 US-Dollar.

Bevor ich auf Details zu Beyond Meat eingehe noch ein grundsätzlicher Gedanke zu derartigen Kurssprüngen bei Börsengängen: Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Kursspanne für den Angebotspreis im Vorfeld des Börsengangs gemeinsam von der betreffenden Firma und den Banken, die den Börsengang begleiten (den so genannten Emissionsbanken) festgelegt wird.

Diese haben sich ja durchaus was dabei gedacht als sie die ursprüngliche Preisspanne auf 19 bis 21 US-Dollar festgelegt haben. Sie hatten sicher nicht die Absicht die Firma zu einem Preis an die Börse zu bringen, der dramatisch unter dem fairen Wert des Unternehmens gelegen hätte.

Die Festlegung auf die 19 bis 21 US-Dollar war am 22. April erfolgt. Gerade mal 10 Tage später schloss die Aktie am ersten Handelstag bei rund 70 US-Dollar. Wie ist so etwas möglich?

Soviel kann sich die fundamentale Lage doch gar nicht verbessert haben in dieser kurzen Zeit?

Beyond Meat Inc. (ISIN: US08862E1091)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 18/19e/20e
Kurs
A2N7XQ / BYND
3,92 Mrd. USD
neg. / neg. / neg.
66,22 USD


Angebot und Nachfrage regeln den Preis

Bei der Antwort auf die Frage kommen wir auf den simplen Fakt zu sprechen, dass sich der Preis an der Börse im ganz kurzfristigen Zeitrahmen rein nach Angebot und Nachfrage richtet. Das klingt nach einer Binsenweisheit.

Aber Du musst Dir das so vorstellen: Wir haben zunächst mal eine extrem bullische Börsenphase innerhalb eines der längsten Bullenmärkte in der Geschichte der Finanzmärkte.

Mit anderen Worten: Die US-Anleger sind verrückt nach Wachstums-Aktien. Kurz vor dem Börsengang von Beyond Meat gab es schon eine Reihe sehr erfolgreicher anderer IPOs mit teilweise ähnlich sensationellen Kurssteigerungen, z.B. von Jumia (Kürzel: JMIA, die als "Amazon Afrikas" tituliert wird, auch wenn sie davon noch meilenweit entfernt sind) oder der Videokonferenz-Software-Aktie Zoom Technologies (ZM).

Hinzu kommt, dass Beyond Meat auch mit dem operativen Geschäft wie eingangs erwähnt voll im Trend liegt.

Das heißt: Es wollten genau zum Zeitpunkt des Börsenganges einfach ganz viele Anleger unbedingt in diese Aktie investieren - zunächst mal unabhängig vom Preis. Das Motto: Dabei sein ist alles!

Soweit die Nachfrageseite. Und nun zur Angebotsseite: Wichtig zu verstehen ist, dass hier insgesamt nur 9,6 Millionen Aktien der insgesamt gut 58,3 Millionen Aktien, die existieren, zum Verkauf angeboten worden sind. Damit handelt es sich um einen eher kleinen Börsengang.

Zum Vergleich: Uber verkaufte gestern beim Börsengang 180 Millionen Aktien. Ganz unabhängig davon, dass der Ride Hailing-Dominator insgesamt als Unternehmen viel wertvoller ist als Beyond Meat, war hier schlicht und einfach auch das Angebot an Aktien fast um den Faktor 19 größer.

Was will ich damit sagen? Die Knappheit des Angebots an Aktien spielte meiner Ansicht nach bei der Kursexplosion von Beyond Meat eine enorm große Rolle. Genauso wie vorher bei Jumia und noch davor bei Tilray und - um ein Beispiel außerhalb des Aktienmarkts zu nennen - auch bei der Bitcoin-Preisexplosion im letzten Jahr.

Soweit so gut. Das Problem bei Aktien ist aber, dass diese früher oder später immer wieder auf ein "faires" Preisniveau zurückkommen. "Fair" meint in dieser Hinsicht ein Niveau, das im Einklang mit den zu erwartenden Steigerungsraten bei Umsätzen und Gewinnen und beispielsweise den abdiskontierten zukünftigen Cashflows steht. Man kann es auch einfacher formulieren: Irgendwann muss die Bewertung entsprechend durch harte Zahlen unterfüttert werden.

Ambitionierte Bewertung

Klar ist: Je höher der Kursanstieg, umso höher sind die Erwartungen an das Unternehmen. Beim aktuellen Kursniveau von 64 US-Dollar muss Beyond Meat - um seine Bewertung zu rechtfertigen - 10 Jahre lang seinen Umsatz um ca. 52 Prozent p.a. steigern und dabei eine Nachsteuermarge von 8 Prozent erzielen. Dann wären wir bei einem Umsatz von 6,2 Milliarden US-Dollar in 2028. Das erscheint nicht unmöglich. Es entspräche rund zwei Prozent der jährlichen US-Fleischindustrie-Umsätze.

Aktuell schafft das Unternehmen das locker:

Das tückische an diesen Berechnungen ist, dass selbst kleinere Änderungen der Wachstumsraten zu extrem anderen fairen Kursniveaus führen. Schafft es Beyond Meat z.B. die Umsätze jährlich um 65 Prozent zu steigern bis 2028 käme man auf einen fairen Wert von 173 US-Dollar je Aktie.

Schafft Beyond Meat dagegen nur 43 Prozent bei operativen Nettomargen von 6 Prozent wie der etablierte Fleischanbieter Tyson Foods läge das Kursziel nur bei 25 US-Dollar. Das zeigt das Risiko der Aktie.

Wichtiges Video zum Uber-Börsengang geht morgen online:



Böser Einbruch bei Jumia

Wieviel schief gehen kann bei so einem Börsengang zeigt der Einbruch bei Jumia. Vielleicht erinnerst Du Dich: Ich hatte die Aktie im Video vor zwei Wochen als "afrikanische Amazon" vorgestellt, aber wegen der hohen Risiken von einem Kauf abgeraten:

Jumia Technologies AG (ISIN: US48138M1053)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 18/19e/20e
Kurs
A2PGZM / JMIA
2,05 Mrd. USD
neg. / neg. / neg.
26,11 USD


Jumia war in den ersten Handelstagen ähnlich stark gestiegen wie Beyond Meat ist nun aber abgestürzt.

Der bekannte Shortseller Andrew Left spricht von Wertpapierbetrug bei Jumia.

Left schreibt: "In 18 Jahren des Publizierens hat Citron niemals einen derart offensichtlichen Betrug gesehen wie Jumia. Wenn ein Unternehmen im Vorfeld des Börsengangs wichtige Fakten einfach unter den Tisch fallen lasse und finanzielle Kennzahlen, die eine Schlüsselrolle für die Bewertung spielen, abändere, um das Geschäft besser dastehen zu lassen, dann ist das Wertpapierbetrug.

Konkret: Man habe die Zahl der aktiven Kunden und Verkäufer um 20-30 Prozent zu hoch dargestellt und nicht weniger als 41 Prozent aller Bestellungen seien entweder returniert, nicht geliefert oder gecancelt worden. Weil Jumia vor allem Konsumelektronik verkaufe, seien diese Zahlen nicht normal und es würde nach Betrug riechen."

Was ist nun davon zu halten? Grundsätzlich muss man das was Left sagt durchaus auch mit Vorsicht genießen, denn er ist häufig auf schnelle Gewinne aus, spart nicht mit Superlativen im Negativen, soll heißen: Man liest in jeder zweiten Analyse von ihm, das sei der "größte Betrug und der größte Skandal, den er je gesehen habe".

Ich verfolge Left schon seit der Dienst noch Stocklemon hieß und sich mit absoluten Microcaps beschäftigt hat. Damals war er noch lange nicht so prominent wie heute. Daher weiß ich aber auch: Häufig ist zumindest zum Teil etwas Wahres an seinen Recherchen.

Für uns in Deutschland ist das vor allem auch relevant, weil ja der Berliner Internet-Inkubator Rocket Internet immer noch mit über 20 Prozent an Jumia beteiligt ist. Die Betrugsvorwürfe könnten als auch auf Rocket zurückfallen. Noch hält sich die Aktie einigermaßen gut, aber ich bin hier jetzt sehr skeptisch.

Denn: Mit den deutschen IPOs Westwing und Home24, die ebenfalls aus dem Rocket-Umfeld kommen, gibt es auch hierzulande zwei Aktien, die absolut unterirdisch performen. Das Image leidet hier zusehends.

Jumia selber hat sich zu den Vorwürfen bisher nicht geäußert. Das stimmt mich nachdenklich. Ich rate Dir, von der Aktie die Finger zu lassen.

Typisch für späte Phasen des Bullenmarktes

Unabhängig davon was bei Jumia letzten Endes tatsächlich nicht "sauber" läuft: Eine Flut von Börsengängen, unter denen sich dann naturgemäß auch Firmen mit minderwertiger Qualität befinden, bedeuteten der Anfang vom Ende des Internetbooms zur Jahrtausendwende. Ich habe schon die Befürchtung, dass die Märkte nun wieder überhitzen.

Ein weiteres Warnsignal könnte der missglückte Börsengang von Uber gestern sein. Die Aktie fiel sofort nach Handelsbeginn unter den IPO-Preis von 45 US-Dollar und schloss rund drei US-Dollar tiefer. Die Frage ist nun, ob der Flop wirklich nur branchenspezifisch ist? Auch die Aktie des Ride Hailing-Konkurrenten Lyft schwächelt ja etwas. Andere IPOs wie zum Beispiel Zoom Technologies halten sich dagegen weiter sehr gut.

Uber ist immerhin nach dem Volumen der größte Börsengang seit dem Jahr 2014 und könnte durchaus so etwas wie Signalwirkung haben. Mehr zu Uber gibt es im Video morgen!

Andererseits: Auch die heiß erwarteten Facebook sind nach dem IPO 2012 ja zunächst deutlich von 35 in Richtung 20 US-Dollar gefallen und haben dann ein fulminantes Comeback geliefert.


MEIN FAZIT:

Wir befinden uns in einer kritischen Phase. Nach einem fulminanten Jahresstart in den ersten vier Monaten 2019 kommt pünktlich zum Mai Schwäche auf.

Die überdrehten Kurssteigerungen bei den jüngsten IPOs werden gerade korrigiert und es ist nicht auszuschließen, dass der schwache Börsengang von Uber das Sentiment am Markt auf "negativ" dreht.

Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in folgenden der genannten Wertpapiere / Basiswerte zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels investiert: Uber (long), Amazon (long), Beyond Meat (short), Zoom Technologies (short) Es können daher Interessenskonflikte vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.


 

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Viel Erfolg bei Deinen Finanzentscheidungen &
ein schönes Wochenende wünscht Dir

Dein
Armin Brack
Chefredakteur Geldanlage-Report

>> Die nächste Ausgabe erscheint am 18. Mai

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