Neonazi-Anwalt im Karneval
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Tägliche Post aus der Chefredaktion

Stimme
des Westens

Moritz Döbler

14. Januar 2020

Liebe Frau Do,

meine Kollegin Eva Quadbeck hat mich Ihnen gestern schon angekündigt: als den neuen Kapitän auf der Brücke des großen Dampfers Rheinische Post. Ja, ich bin seit Neujahr der Chefredakteur und freue mich ganz besonders, Sie hier begrüßen zu dürfen. Leinen los, volle Kraft voraus! Danke, dass Sie unseren Newsletter abonniert haben!

Nun habe ich zwar vor Jahren einen Sportbootführerschein gemacht, aber eine Brücke gibt es in der Redaktion nicht, und die Rheinische Post mag vielleicht kein kleines Schnellboot sein, aber ein behäbiger Dampfer ist sie nach meinen ersten Eindrücken auch nicht. Wenn wir schon in maritimen Metaphern denken, dann kommen mir eher Fische und Schwarmintelligenz in den Sinn. Ja, so ist das eben, wenn man die letzten fünf Jahre in Bremen gearbeitet hat... Dort war ich beim Weser-Kurier Chefredakteur, davor zehn Jahre lang in verschiedenen Funktionen für den Tagesspiegel in Berlin tätig.

Aber hier, in der „Stimme des Westens“, soll es um die Themen das Tages gehen. Leider müssen wir auch heute wieder über Rechtsextremismus reden – nämlich über die Frage, wie viel Platz wir Menschen aus diesem Milieu in der Mitte unserer Gesellschaft einräumen. Ist es richtig, dass ein Mann, der Vorstandsmitglied eines rechtsextremistischen Kulturvereins ist, der als Szene-Anwalt der Rechten gilt und Bundes-Vize der Republikaner war, Mitglied in einem bedeutenden Düsseldorfer Karnevalsverein ist? Noch dazu in einem Verein, dessen Rosenmontagswagen vom Stadtdechanten persönlich gesegnet wird? Alev Doğan und Uwe-Jens Ruhnau haben die Einzelheiten dazu recherchiert: warum sich die jüdische und die muslimische Gemeinde über die Mitgliedschaft von Björn Clemens im „Narrencollegium“ echauffieren und wer dieser Mann eigentlich ist.

Eine Überleitung zum nächsten Thema fällt mir schwer. Es geht um Tiere. Exotische Tiere, die sich Menschen zu Hause halten. Sebastian Dalkowski hat den Fall eines Servals recherchiert, der nahe Bonn ausgebüxt und drei Wochen in freier Wildbahn war. Vielleicht geht es Ihnen wie mir, ich musste nachfragen, was ein Serval ist, eine Wildkatze nämlich. Interessant ist daran aber nicht nur dieses eine Tier und seine Geschichte, sondern der Umstand, dass NRW im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländern keine Regelungen für die Haltung exotischer Tiere hat. Harmlos sind diese Tiere nicht immer – umso unverständlicher, dass bei uns nahezu alles geregelt ist, aber so etwas nicht.

Gestern Abend lud die Industrie- und Handelskammer Düsseldorf zu ihrem Neujahrsempfang ins Maritim am Flughafen. Traditionell ist die Veranstaltung ein wichtiger Termin für Wirtschaft und Politik aus unserer Region, und ich bin natürlich sehr gerne dabei gewesen. Gastredner war Robert Habeck, der Grünen-Bundesvorsitzende, der frei sprach, die Innovationskraft der Marktwirtschaft rühmte und viel Applaus einstrich – nicht ohne Grund sehen ihn manche schon als nächsten Bundeskanzler. Ob es so kommt, wird sich zeigen, aber so viel ist spätestens seit diesem Empfang klar: Die Düsseldorfer Wirtschaft hätte nichts dagegen. IHK-Präsident Andreas Schmitz traut den Grünen zu, dass sie Ökologie und Ökonomie versöhnen, und er wünscht sich Aufbruch. Dass er Habeck als „die gelungene Mischung aus Robert Redford, Heinrich Böll und dem Sandmännchen“ beschrieb, war eine Pointe am Rande. Alles über Habecks Auftritt und den spannenden Abend lesen Sie hier.

Zu guter Letzt möchte ich Ihnen noch etwas ankündigen: Ab 8 Uhr wird es heute eine Neuerung bei RP Online geben. Beiträge, die mit einem gelben "RP+"-Logo markiert sind – zum Beispiel über den Karnevalisten aus der rechten Szene –, werden dann nur noch mit einem Digital-Abo lesbar sein. Es kostet 99 Cent für die ersten drei Monate, kündigen können Sie es jederzeit. Was es damit auf sich hat, hat mein Kollege Rainer Leurs hier aufgeschrieben. Ich kann Ihnen aber versichern: 99 Cent, so viel ist allein der eine Artikel aus dem Düsseldorfer Karneval wert.

Einen schönen, erfolgreichen, inspirierenden Tag wünscht Ihnen

Ihr

Moritz Döbler

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Dieses Exemplar der Wildkatze Serval fanden

Ausgerissener Serval

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Immer wieder reißen in NRW exotische Tiere aus und beschäftigen die Öffentlichkeit – zuletzt eine Wildkatze in der Nähe von Bonn. Das hat auch damit zu tun, dass die Haltung vieler exotischer Tiere hierzulande kaum geregelt ist.

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