Vor allem aber erfahrt ihr, wieviel Zukunftsfantasie bereits jetzt im Kurs enthalten ist und mit welcher Rendite ihr in den kommenden 5 Jahren noch rechnen könnt, wenn die optimistischen Prognosen in Erfüllung gehen. Liebt ihr auch "Netflix and chill"? Wenn es ein Unternehmen geschafft hat, dass Hits komponiert werden, die den Firmennamen im Titel tragen, dann hat das Unternehmen es wirklich geschafft! Bei Netflix ist das nun der Fall und ich habe vor kurzem einen äußerst interessanten Artikel gefunden, in dem ein ehemaliger Vice President von Netflix ein wichtiges Erfolgsgeheimnis verrät: Eine regelrechte Obsession den Wünschen der Kunden nachzukommen bzw. noch besser, diese Wünsche regelrecht vorauszuahnen. Lest ihn euch durch, das ist hochspannend und letztlich kann jeder, der berufstätig ist, daraus lernen... Und der Erfolg von Netflix ist wirklich gigantisch. Rund 45 Prozent aller US-Haushalte haben inzwischen ein Netflix-Abo und die globale Expansion läuft glänzend. Pro Quartal gewinnt Netflix derzeit mehr als 5 Millionen neue Abonnenten – netto. Wenig überraschend gehört die Aktie zu den besten US-Aktien der letzten 10 Jahre. Der Kurs ist in den letzten zehn Jahren von vier US-Dollar auf 400 US-Dollar explodiert, hat sich also ver-100-facht. Netflix, Inc. (ISIN: US64110L1061) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 17/18e/19e | Kurs | 552484 / NFLX | 163 Mrd. USD | 291 / 134 / 84 | 364,23 USD | Kleine Ursache, große Wirkung Am 16. Juli gab es die Zahlen fürs zweite Quartal, nachbörslich. Die Aktie krachte zunächst um 14 Prozent in die Tiefe. Warum? Statt 6,2 Millionen konnte man netto nur 5,2 Millionen neue Abonnenten gewinnen. Zum ersten Mal seit sechs Quartalen hatte man die eigene Prognose bei dieser Kennzahl verpasst und das noch dazu in absoluten Zahlen so deutlich wie nie zuvor. Sofort fragte das US-Portal Seeking Alpha "Was that a speed bump or brick wall?" Also: Ein kurzer vorübergehender Bremser oder eine Ziegelmauer, die das Wachstum zum erliegen bringt? Der Markt ist offenbar nach dem anfänglichen Schock zur Ansicht gelangt, dass es sich nur um ein "speed bump" handelt, denn die Aktie erholte sich relativ schnell wieder – zumindest zunächst. So bewertet man Wachstums-Aktien – Beispiel Netflix Worum es mir in diesem Artikel geht, ist euch zu erklären, warum eine solche Abweichung eine derart massive Auswirkung auf den Kurs haben kann und was wir daraus grundsätzlich über die Bewertung von Technologie-Aktien lernen können. In einem meiner letzten Videos ging es darum, warum eine simple Kennzahl wie das KGV uns bei einer Aktie wie Netflix zunächst einmal kaum weiter hilft. Wenn man wirklich einen ernsthaften Versuch unternimmt, den fairen Wert einer Aktie wie Netflix zu ermitteln, wird schnell deutlich, wie komplex dieses Unterfangen ist. Die Analysten von L&F Research haben das versucht und beziehen sich dabei auf eine Methodik von Yardeni Research. Das ist das Unternehmen des ehemaligen Chefinvestment-Strategen der Deutschen Bank, Ed Yardeni, und ich zeig euch jetzt mal wie sie dabei vorgegangen sind: Zunächst haben sie sich überlegt, wie viele Abonnenten Netflix in 10 Jahren haben könnte. Dafür nehmen sie an, dass die Quote von 45 Prozent aller Haushalte in den USA nahe an der Sättigungsgrenze liegt (also hier kaum noch Aufwärtspotenzial besteht), aber dass man in Europa in zehn Jahren ebenfalls so weit sein könnte wie die USA. 45 Prozent der dann geschätzt 225 Millionen Internet-Haushalte in Europa entsprächen 101 Millionen Abonnenten. Für Asien (außer China) halten sie ebenfalls 45 Prozent für möglich, allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt. In zehn Jahren kalkulieren die Analysten mit 30 Prozent, was 87 Millionen Abonnenten entspräche. So wurde für jede Region auf der Welt eine Schätzung erstellt. Für 2022 ergab sich dann am Ende eine Zahl von 160 Millionen Abonnenten, für 2027 von 240 Millionen. Als Nächstes hat L&F festgelegt wie hoch der durchschnittliche Umsatz je Kunde (im englischen als ARPU = Average Revenue Per User abgekürzt) in den verschiedenen Regionen dann sein könnte. Für die USA gehen sie beispielsweise davon aus, dass er von aktuell 9,36 US-Dollar über 12,50 US-Dollar in 2022 bis auf 15 US-Dollar in 2027 steigen wird. Dann wurde versucht zu ermitteln, wie profitabel Netflix auf Basis dieser Kennzahlen werden kann. Positive Effekte für die Zukunft ergeben sich hier einerseits durch die Preissteigerungen und andererseits durch die Skaleneffekte, weil der Multiplikator von Umsätzen zu Content-Kosten viel größer wird. Oder anders ausgedrückt: Die Kosten für die Herstellung der Serien fallen weniger ins Gewicht, wenn mit den Serien mehr zahlende Zuschauer erreicht werden. In der Folge geht L&F davon aus, dass die operative Marge von jetzt sieben Prozent bis 2022 auf 22,5 Prozent und bis 2027 weiter auf 35 Prozent steigen wird. Daraus lässt sich dann ein operativer Gewinn errechnen von 7,2 Mrd. US-Dollar in 2022 und von 19,6 Mrd. US-Dollar in 2027. Nun bleibt noch die Frage, welche Bewertungsmultiple für die Aktie fair sein könnten? Hierfür sehen sich die Analysten die durchschnittliche prozentuale Gewinnwachstumsrate von 2022 bis 2027 an, die demnach bei 22 Prozent liegt. Man könnte daraus folgern, dass ein KGV von 22 fair wäre (es gibt hier die so genannte Price-Earnings Growth (PEG)-Ratio, die das KGV ins Verhältnis zur prozentualen Gewinnsteigerungsrate setzt. Fair ist demnach eine PEG-Ratio von eins). Yardeni schlägt aber ein Aufschlag von 30 Prozent vor, weil er davon ausgeht, dass die Zinsen dauerhaft niedrig bleiben werden und daher eine gewisse Bewertungsprämie für Aktien angemessen sei. L&F erhöht nun diese Prämie auf 60 Prozent, weil große Wachstumsunternehmen wie Netflix ihrer Meinung nach einen weiteren Aufschlag verdienen. Im nächsten Schritt setzen die Analysten die Wachstumsrate von 2022 auf 2023 mit 25 Prozent an (weil man offenbar von einer graduellen Abschwächung von 2022 bis 2027 ausgeht), woraus sich ein Gewinn pro Aktie von 14 US-Dollar für 2023 ergäbe. Darauf setzt man nun ein KGV von 35 an (25 Prozent Wachstum*Faktor 1,6) und erhält ein Kursziel von 488 US-Dollar bis zum Jahresende 2022. Das wiederum wird dann mit dem Faktor zehn Prozent über vier Jahre abdiskontiert, so dass sich für Ende 2018 ein Kursziel von 333 US-Dollar ableiten lässt. Der aktuelle Kurs liegt zum Zeitpunkt der Aufnahme dieses Video bei 375 US-Dollar, also 42 US-Dollar über dem ermittelten Kursziel. Was man daraus lernen kann Warum schildere ich euch das so genau? Aus zwei Gründen: 1. Dass ihr seht wie komplex solche Analysen sind, wenn sie denn ernsthaft sein sollen. Aber nicht nur das: Hinzu kommt, dass bereits kleine Annahmeänderungen, z.B. bei der Wachstumsrate, zu dramatisch unterschiedlichen Kurszielen führen können. Selbst wenn sich diese Annahmen als richtig herausstellen sollten kommt als zusätzlicher Faktor noch hinzu, wie sich das Bewertungsniveau von Aktien allgemein entwickeln wird, was wiederum u.a. vom allgemeinen Zinsniveau abhängt. FAZIT 1: Solche Analysen sind komplex und mit sehr hoher Unsicherheit behaftet. 2. Dass ihr seht, wieviel zukünftiges Wachstum bzw. wieviel Zukunftsfantasie bereits in der Bewertung der Aktie enthalten ist. Macht euch das bitte nochmal klar: Es wird z.B. davon ausgegangen, dass Netflix in Europa GENAUSO erfolgreich wird wie in den USA, wo ja 45 Prozent aller Haushalte Abonnenten sind. Und mittelfristig in Asien AUCH. Sollte man aus irgendwelchen Gründen im Rest der Welt nicht so erfolgreich sein, ist das faire Kursziel von 488 US-Dollar für Ende 2022 bereits Makulatur. Mögliche Rendite rechtfertigt nicht das Risiko Selbst wenn alles genau so eintritt wie L&F prognostiziert, errechnet sich daraus nur eine Rendite von etwas über 6 Prozent p.a. bis Ende 2022, die sich ausgehend vom aktuellen Kurs bei 375 $ noch erzielen lässt. Das ist aus meiner Sicht keine adäquate Risikoprämie, die wir als Anleger dafür erhalten. Wenn ihr die Netflix-Aktie kauft und zum Beispiel hofft, dass sich die Aktie nochmals verdoppelt, dann müsst ihr euch drüber im klaren sein, dass das nur dann gehen kann, wenn die obigen Annahmen noch dramatisch zu konservativ sind. Und diese Annahmen beinhalten ja schon einen sehr, sehr großen Erfolg von Netflix auch im Rest der Welt und auf der Bewertungsebene wurde ebenfalls ein Bewertungsaufschlag von 60 Prozent zugebilligt im Vergleich zur klassischen Berechnung des fairen Werts. Genau deshalb ist es aus meiner Sicht so gefährlich, die Aktie jetzt zu kaufen. Trotzdem ist es natürlich nicht ausgeschlossen, dass es bei Netflix noch besser laufen wird als das oben angenommen wird. Bisher hat es das Unternehmen geschafft, immer noch eins drauf zu setzen und die Erwartungen zu übertreffen. Ich möchte nur, dass ihr euch klar macht, welche Erwartungen bei Aktien wie Netflix und auch anderen großen Wachstumswerten im Moment bereits im Kurs eingepreist sind. Und klarmachen solltet ihr euch auch, wie das Ganze enden könnte, wenn bei Netflix etwas schief geht! Das scheint im Moment zwar kaum denkbar, ist aber aus meiner Sicht durchaus möglich. Das Negativ-Szenario Das Hauptproblem könnte das Geschäftsmodell an sich werden. Mit Ausnahme des inzwischen etablierten Markennamens hat Netflix kaum einen "economic moat", also kaum einen wirtschaftlichen Burggraben, den man um das eigene Geschäft ziehen kann. Warum nicht? Die "secret sauce" bei Netflix ist im Moment neben der Leitlinie der extremen Fokussierung auf die Wünsche der Kunden die Big Data-Fähigkeiten des Unternehmens. Netflix versteht es mit Hilfe moderner Software und anderen Methoden optimal zu entschlüsseln, was die Nutzer sehen wollen bzw. was sie zukünftig sehen wollen könnten. Damit ist man extrem erfolgreich. Das ist aber nichts, was die Wettbewerber nicht kopieren könnten. Ihr könnt davon ausgehen, dass im Moment bei Mediengiganten wie Disney und vor allem den ganzen Kabelnetzbetreibern die Alarmglocken schrillen – und das nicht erst seit gestern. Speziell den Kabelnetzbetreibern laufen die Kunden davon, weil Netflix viel günstiger ist. Es gibt aber nun seit einiger Zeit Bemühungen dieser Konkurrenten sich zusammen zu tun und gemeinsam ein alternatives Streaming-Angebot auf die Beine zu stellen. Wie das genau aussehen soll, darauf möchte ich in dem Video nicht im Detail eingehen. Grundsätzlich könnte die Gefahr aber von der Content-Seite her kommen. Netflix hat ja Lizenz-Deals mit allen möglichen Inhalte-Produzenten, wie z.B. Disney, geschlossen, so dass Netflix-Abonnenten auch Disney-Serien schauen können. Inzwischen hat Disney diesen Deal aber gekündigt. Andere könnten nachziehen und so könnte es passieren, dass Netflix am Ende entweder massiv mehr Lizenzgebühren zahlen muss oder im Extremfall nur noch die selbstproduzierten Filme und Serien in das Abo integrieren kann. Das würde die Attraktivität eines solchen Abos natürlich schmälern usw. Kritiker sagen, Netflix befinde sich in einem "rat race" um so schnell wie möglich so groß und so mächtig zu werden, dass die Konkurrenz ihnen nichts mehr anhaben kann. Was aber wenn das nicht gelingt? Wie ihr vielleicht wisst hat Netflix im Moment ja hohe negative Cashflows. Das heißt, es fließt mehr Geld ab, vor allem für die Produktion eigener Serien und auch für die Lizenzdeals mit anderen Content-Produzenten als hereinkommt. Auf Basis aktueller Prognosen wird Netflix in 2018 drei bis vier Milliarden US-Dollar "verbrennen". Ähnlich wie Tesla braucht man also immer neues Geld. Netflix besorgt sich das über die Aufnahme von Schulden, nicht über Kapitalerhöhungen. Das hat den Vorteil, dass die Zahl der ausstehenden Aktien niedrig bleibt, dass bestehende Aktionäre verwässert werden. Das ist mit ein Geheimnis für den stark steigenden Aktienkurs. Das hat aber natürlich zu einer stark steigenden Verschuldung in den letzten Jahren geführt. Aktuelle Schätzungen gehen von Verbindlichkeiten im Umfang von 18 Milliarden US-Dollar aus. Netflix argumentiert, die Schulden lägen nur bei fünf Prozent im Verhältnis zum Enterprise Value. Aber diese Argumentation ist gefährlich, denn das Verhältnis ist im Moment nur deswegen so niedrig, weil der Aktienkurs so hoch ist. Der Kurs ist stark vom Momentum getrieben, also von der Euphorie und dem Optimismus der Anleger. Das kann aber auch sehr schnell kippen, wie die Kursreaktion auf die jüngsten Quartalszahlen gezeigt hat. Natürlich ist auch das nur ein Szenario unter vielen. Worum es mir geht, ist euch zu zeigen, dass so etwas möglich ist und vor allem, was es für Auswirkungen auf den Aktienkurs haben könnte. Es ist für uns als Anleger wichtig, dass wir auch ein solches Negativszenario berücksichtigen. MEIN FAZIT: Gerade in fortgeschrittenen Bullenmärkten wie dem aktuellen sehen Anleger häufig nur die Chancen bzw. die vergangene Performance einer Aktie und schreiben diese in die Zukunft fort. Netflix hat bisher eine gigantische Erfolgsgeschichte abgeliefert und Gründer Reed Hastings und seinem Team gebührt der höchste Respekt dafür. Aber die Risiken, die das Management eingeht sind hoch und der zukünftig mögliche weitere Erfolg ist zu großen Teilen im Kurs eingepreist. Meiner Ansicht nach rechtfertigt die relativ bescheidene Rendite, die für uns als Anleger in einem Positiv-Szenario beim aktuellen Kurs von 375 US-Dollar noch möglich ist, kein Investment. Wer investiert ist, sollte zumindest über Teilgewinnmitnahmen nachdenken. Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in den genannten Wertpapieren / Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels nicht investiert: Es kann daher kein Interessenskonflikt vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Viel Erfolg bei Deinen Finanzentscheidungen & ein schönes Wochenende wünscht Dir Dein Armin Brack Chefredakteur Geldanlage-Report
Mein Tipp Netflix: Kursziel 50 Dollar? Mein Negativ-Szenario! Ein mögliches Negativ-Szenario bei Netflix habe ich auch in diesem Video ausführlich erklärt: Einer der größten Fehler, den wir als Aktionäre machen ist, dass wir uns zu sehr auf das Aufwärtspotenzial konzentrieren und dabei die Abwärtsrisiken außer Acht lassen. In diesem Video zeichne ich ein Szenario, das die Wachstumsstory bei Netflix zu einem abruptem Abbruch bringen könnte – mit möglicherweise verheerenden Wirkungen auf den Aktienkurs. Ihr haltet das für ausgeschlossen? Ratet mal um wieviel Prozent die Amazon-Aktie von Ende 1998 bis zum Tief Ende 2001 gefallen ist? Ich wette, es liegt kein Einziger richtig! → Hier klicken und das Video gleich ansehen...
Welche Krypto-Börsen sind für Anfänger geeignet? (Euro - Bitcoin) Wie kommt man eigentlich in den Krypto-Markt hinein? Welche Anlaufstellen gibt es, um einfach, bequem und günstig mit Euro Bitcoin & Co. zu kaufen? In diesem Video stellt Euch Krypto-Experte Alexander Mittermeier 5 populäre Handesplätze vor: → Hier klicken und das Video gleich ansehen... >> Die nächste Ausgabe erscheint am 11. August Wir freuen uns über Lob, Kritik und Anregungen. Gerne kannst Du uns auch Themenvorschläge unterbreiten. Fragen und Anregungen bitte per Mail an redaktion@geldanlage-report.de Tradesignal® ist eine eingetragene Marke der Tradesignal GmbH. Nicht autorisierte Nutzung oder Missbrauch ist ausdrücklich verboten! Hier kommst Du zu Tradesignal Online. Geldanlage-Report weiterempfehlen! Wir würden uns freuen, wenn Du den Geldanlage-Report Deinen Freunden und Kollegen weiterleiten würdest! Kostenlose Anmeldung unter www.geldanlage-report.de |