Im Mai 1828 tauchte auf dem Unschlittplatz in Nürnberg eine seltsame Gestalt auf. Der offenbar geistig verwirrte und verwahrloste Jugendliche trug einen Brief an einen Rittmeister bei sich und sagte zu ihm den womöglich auswendig gelernten Satz: „A söchtener Reuter möcht i wern, wie mein Voater gwen is.“ Der Junge, der so gern Reiter werden wollte, nannte sich Kaspar Hauser.
Bald kursierten Gerüchte, der mysteriöse Findling könne ein vertauschter Sohn der badischen Großherzogin Stéphanie de Beauharnais sein, einer Adoptivtochter Napoleons. Diese „Erbprinzentheorie“ haben neue DNA-Untersuchungen nun wohl endgültig widerlegt.
Forensiker des Instituts für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck untersuchten Haare von drei Locken Kasper Hausers. Sie nutzen dafür eine moderne Methode, die auch minimale DNA-Spuren aus alten, stark degradierten Proben dechiffrieren kann. Sie wird als Primer Extension Capture Massively Parallel Sequencing (PEC MPS) bezeichnet. Die gefundene mitochondriale Sequenz verglichen die Wissenschaftler mit dem Erbgut der badischen Abstammungslinie. Ergebnis: Mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,9994 Prozent war Hauser kein Kind von Stéphanie de Beauharnais.
Die Rätsel um Kaspar Hauser sind damit freilich nicht gelöst. Es ist sowohl denkbar, dass er ein Betrüger war oder das Opfer eines Verbrechens. Im Dezember 1833 starb er an einer Stichverletzung, die er sich möglicherweise selbst zugefügt hatte.
Bernhard Borgeest, Wissen & Gesundheit |