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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 05.11.2021 | Ein grauer, verregneter Freitag bei 9°C. | ||
+ Die neue Tagesspiegel-Kolumne „Ins Herz“ erzählt Geschichten aus dem wahren Liebesleben + Sören Benn (Die Linke) wurde wohl auch mit Stimmen von CDU und/oder AfD zum Bürgermeister in Pankow gewählt + Schauspieler Ronald Zehrfeld berichtet über seine Panikattacken am Set + |
von Robert Ide |
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Guten Morgen, hat der Regen schon aufgehört? Dann können wir uns über was anderes aufregen: zum Beispiel über die neue App der Berliner Verwaltung. Diese scheint sich digital in den verschlungenen Amtswegen der Stadt verfangen zu haben. Schauen wir mal kurz in die Bewertungen im App-Store: „Terminbuchung? Fehlanzeige! Wozu dann bitte die App? Das ist EDV zu Fuß.“ – „Die App ist so sinnlos wie die ganze Berliner Behörde. Es gibt weder hier Termine noch gibt es über die Hotline Termine. Einfach nur unterirdisch und absolut sinnlos!“ – „Die seit März 2015 (!!) entwickelte Service-App bietet nicht viel mehr als eine alphabetisch sortierte Liste der städtischen Dienstleistungen an. Den deprimierenden Download könnt ihr euch getrost sparen.“ – „Was für ein Schrott! Alle Links öffnen Safari und man landet wieder auf der Webseite der Berliner Verwaltung. Wo bitte ist hier der Sinn und Mehrwert im Vergleich zu einer Browsersuche? Oh ja, die App stürzt dauernd ab.“ Das immerhin kann Berlin so gut wie der Regen: abstürzen. Die Bewertungen im App-Store hier. | |||
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Verliebt. Vertobt. Verheiratet. Wie sie so dasitzen, ineinander verschränkt und ineinander verguckt auf ihrer Terrasse, da sehen sie aus wie aus einem Märchen aus 1001 verträumten Nacht: Lara, Elena, Julia und Viviane. Sie sind um die 30 Jahre jung. Gehen Hand in Hand. Jede mit jeder. Vier Frauen sind eine Familie. Mit drei Kindern. Und vier Katzen. Wo gibt's denn sowas? In einer pfälzischen Kleinstadt. Und in der Liebe, die plötzlich ins Leben reinknallt und sich manchmal schmerzhaft davonschleicht. Wie finden Menschen zueinander und was wird dann daraus? In unserer neuen Tagesspiegel-Kolumne „Ins Herz“ erzählen wir ab jetzt jeden Sonntag in der gedruckten Zeitung und digital bei Tagesspiegel Plus schöne und traurige, verrückte und vertrackte Geschichten aus dem wahren Liebesleben. Von zwei Verliebten, die doch lieber Freunde geworden sind. Von einem Mann, dessen Liebschaft ihm seine zwei Kinder verheimlichte. Einem Paar, das sich 20 Jahre nach dem Abi beim Klassentreffen fand. Und auch Sie können uns Ihre Liebesgeschichte schicken – einfach per Mail an liebe@tagesspiegel.de. Lieben Dank! | |||
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Politik im Kleinen ist manchmal ein ganz großer Krimi. Der Spannendste spielte sich am Donnerstagabend in Berlins größter Kleinstadt ab: in so weitläufigen wie vielgliedrigen Pankow. In der Bezirksverordnetenversammlung stellte sich der bisherige Bürgermeister Sören Benn von der Linken trotz fehlender eigener Mehrheit zur Wiederwahl – mit einer emotionalen Rede: „Mein Name ist Sören Benn. Aus mir ist eher ungeplant ein Kommunalpolitiker geworden. Das aber dann mit Haut und Haaren.“ Bei den Leuten zu sein, sei sein Kraftquell, „mein Kompass und meine Erdung“. Die dürfte er nach der knappen Abstimmung im politisch zerstrittenen Bezirk brauchen. Die Wahl, für die 28 Ja-Stimmen nötig waren, geriet zur lokalen Kraftprobe mit stadtpolitischen Folgen (Livestream zum Nachsehen hier). Linke und SPD konnten nur 23 Stimmen aufbieten, Benn aber gewann mit 29 Stimmen. Die im Bezirk eigentlich siegreichen Grünen und die FDP hatten ein Nein angekündigt. Die zusätzlichen 6 Stimmen und 2 Enthaltungen dürften damit von CDU (8 Stimmberechtigte) und/oder der AfD (5 Stimmberechtigte) gekommen sein; die Wahl war allerdings geheim. Womöglich hat Benn also Stimmen der AfD für sich in Kauf genommen – die Rechtsaußen-Partei nahm das hinterher für sich in Anspruch, Benn selbst titulierte sie in der Nacht als „politische Horrorclowns“. Und wahrscheinlich hat die lokale CDU die Wahl eines Bürgermeisters der Linken ermöglicht – trotz Unvereinbarkeitsbeschluss der Bundespartei. Dieser Krimi geht in die Fortsetzung. | |||
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Politik und Geschichte wurde auch in anderen Bezirken gemacht. Hier ein kleiner Überblick aus der großen Stadt: In Spandau wurde mit Carola Brückner von der SPD die erste Bürgermeisterin nach 99 Männern gewählt (Details hier). In der Zitadelle beginnt die Zukunft. In Marzahn-Hellersdorf versammelte Gordon Lemm von der SPD eine große Zählgemeinschaft gegen die eigentlich knapp siegreiche CDU hinter sich. In Treptow-Köpenick bleibt Oliver Igel von der SPD im Amt. In Mitte bleibt Stephan von Dassel von den Grünen im Amt. In Neukölln bleibt Martin Hikel von der SPD im Amt. In Lichtenberg wurden die Wahlen vertagt. Hier sind die Mehrheiten ähnlich unklar verteilt wie in Pankow (Überblick in unserem Bezirksblog hier). Die nächste Staffel folgt. | |||
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Berlin mag an seiner Gegenwart verzweifeln, doch mittendrin wächst die Stadt der Zukunft: Tief im Nordwesten entstehen in den nächsten 20 Jahren neue Campus-Quartiere mit 45.000 Arbeitsplätzen und 20.000 Wohnungen, etwa auf dem früheren Flughafen Tegel und in der alten Siemensstadt. „Wir bauen Häuser mit Kiefernholz aus den Wäldern der Region, die dabei gleich zum Mischwald umgestaltet werden. Auf den neuen Dächern drehen sich kleine Windräder und verdunsten langsam das Regenwasser“, erzählte Gudrun Sack, Geschäftsführerin bei der Tegel Projekt GmbH, bei unserer Tagesspiegel-Debatte zur neuen Metropolenregion in der Urania. „Auch Baustoffe wie Lehm und Ton werden in den neuen Quartieren zum Einsatz kommen“, berichtete Stadtplaner Carl Herwarth von Bittenfeld von der Architektenkammer (die Debatte zum Nachsehen hier). Der Tower in Tegel soll in der Zukunft für alle offen sein – für einen ganz gegenwärtigen Blick auf Berlins blühende Landschaften. | |||
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Immerhin das war witzig an diesem Fußballabend: Das Olympiastadion teilte vor dem nicht nur meteorologischen Hochrisikospiel zwischen dem 1. FC Union und dem Hooligan-Verein Feyenoord Rotterdam mit: „Das Mitbringen von Regenschirmen jeglicher Form ist gestattet. Und wir würden das nicht twittern, wenn die Frage und heute nicht bereits 1892 Mal erreicht hätte“. 1892 ist übrigens das Gründungsjahr von Lokalrivale Hertha BSC. Aber das wurde ebenso zur Nebensächlichkeit wie Unions 1:2 in der kalten Schüssel der überhitzen Emotionen. Gewaltbereite Feyenoord-Fans, die bereits die East Side Gallery verschandelt hatten, hielten die Polizei noch die ganze Nacht in Atem. Eine geplante Auseinandersetzung mit Union-Anhängern konnte immerhin unterbunden werden. Und rund um die Alte Försterei, in die hier gestern Lorenz Maroldt das Spiel sicherheitshalber verlegen wollte, blieb es ruhig. Union droht nach der Niederlage mit Torwartfehler und zwei Platzverweisen der Abpfiff in Europa. Bei solchen Gegnern auch nicht schade. | |||
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In Berlin ist er weltbekannt und in Prenzlauer Berg ein Original: der Taz-Unioner. 25 Jahre lang verkaufte Fußballfan Olaf Forner allabendlich den Tagesspiegel und die Taz und war in seinem roten Fantrikot Teil des Straßenbilds (Foto hier). Am Wochenende nun feiert er seinen Ausstand. „Früher habe ich an sechs Tagen in der Woche Zeitungen verkauft“, erzählt Forner am Checkpoint-Telefon. „So haben ich viele intellektuelle Leute und Politiker kennengelernt und auch meine Wohnung gefunden.“ Bei seinen letzten Runden ist der 56-Jährige abends nur noch mit zwölf Tagesspiegeln und zehn taz-Ausgaben unterwegs, „da gucken mich manche Leute an wie ein Weltwunder“. Viele Verlage seien aus dem Abendverkauf ausgestiegen, die Kneipen und Restaurants seien nach den Lockdowns weniger besucht. „Draußen ist einfach wenig los.“ Fußballerisch war Forner einst Hertha-Fan in Ost-Berlin, wurde dann Union-Anhänger und versucht die frühere Fanfreundschaft der Rivalen mit gemeinsamen Dampferfahrten wiederzubeleben. Bei Tagesspiegel-Aktionen wie der rollenden Geschichts-U-Bahn zum 30. Jahrestag des Mauerfalls warb Forner für die Aussöhnung der Stadt auch im Fußballerischen. Inzwischen verkauft Forner bei Union das Stadionheft in der Stadt und hilft auch bei der Verteilung überschüssiger Eintrittskarten an Bedürftige. Seinen eigentlichen Job als Behindertenassistent will er künftig wieder stärker ausüben. „Davon kann ich gut leben und werde sogar besser bezahlt als meine Tochter, die als Intensivkrankenschwester arbeitet.“ Die Verbundenheit mit der Zeitung und den Menschen, die sie lesen, wird für Forner ein Teil seines neuen Lebens bleiben: „Das geht tief“, sagt er eisern. | |||
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Wir schalten zum Zeugen Coronas: Karl Lauterbach mahnt angesichts alarmierender Infektionszahlen zu Booster-Impfungen für alle Erwachsenen und beklagt „läppische Kontrollen“ von Testnachweisen durch Gastronomen. Eine Mehrheit der Deutschen ist laut Umfragen mittlerweile für eine Impfpflicht, erst recht für Pflegerinnen und Pfleger. Berlins Corona-Warnampel zeigt in den drei Kategorien Infektionsinzidenz, Intensivbettenbelegung und Hospitalisierungsquote die drei Farben Rot, Gelb und Grün. Doch nicht nur SPD-Experte Lauterbach sieht angesichts des immer längeren Zögerns in Landes- und Bundespolitik eher schwarz: „Wir gefährden Weihnachten.“ Angesichts von noch nie dagewesenen 34.000 Neuinfektionen an einem Tag im Land hat er wohl leider mal wieder recht (alle Zahlen interaktiv hier). Die vierte Welle bricht nicht von allein. | |||
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Eigentlich wollte er als DDR-Judoka zu Olympia fahren, doch dann fiel die Mauer und er landete fast im Knast – „weil ich Tag und Nacht den Affen gemacht hab“. Inzwischen ist Ronald Zehrfeld ein gefragter Schauspieler für Zwischentöne und Identitäten. Am Set kriegt Ronny, wie ihn nicht nur seine alten Kumpels in Schöneweide nennen, ab und zu Panikattacken – „weil ich manchmal Angst habe zu sagen, dass ich Angst habe“. Auch wegen eigener Unsicherheiten hätte der 44-Jährige fast bei der missratenen Protestaktion „#allesdichtmachen“ gegen die Corona-Politik mitgemacht, wie er mir freimütig im Interview erzählt hat, das am Sonntag im Tagesspiegel erscheint. Zehrfeld berichtet auch, warum er viele hoch dotierte Filmrollen ablehnt: „Ich mache kein Halligalli-Hoch-das-Bein. Da gehe ich lieber zu meinem Sparkassen-Berater und sage: Halt mal meinen Dispo aufrecht, ich will nicht ‘Die Wanderhure, Teil 7` annehmen.“ Auch Schauspieler können Kredit verspielen. | |||
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