LMU Master of Arts
 
 
 
 
 
Liebe Leserinnen und Leser,
 

während es in der Europäischen Union an allen Ecken und Enden an Impfstoff fehlt, macht man sich in der EU-Kommission Gedanken darüber, ob künftig nicht auch Wein-, Bier und Schnapsflaschen mit Schockbildern zu versehen seien. Damit auch alle Bürger und Bürgerinnen auf den ersten Blick wissen, auf welches gefährliche Spiel sie sich mit dem Teufel Alkohol einlassen. Brüssels paternalistische Fürsorge ist gewiss rührend, und insbesondere der frühere Kommissionschef Jean-Claude Juncker hätte zu diesem Thema gewiss einiges beitragen können. Aber der ist ja nun nicht mehr im Amt. Schade.


Bei der Gelegenheit fällt mir die Anekdote ein, die mir einst ein Kollege aus Luxemburg erzählt hat: Wenn man in einer beliebigen Luxemburger Bar einen Gin Tonic haben wollte, konnte man beim Kellner auch „einen Juncker“ bestellen. Da wusste jeder sofort Bescheid. Wer heute in Brüssel nach „einem von der Leyen“ verlangt, bekommt wahrscheinlich spontan einen Ingwer-Shot serviert. Das Zeug soll ja die Abwehrkräfte stärken – vielleicht eine gute Corona-Prophylaxe, um die Zeit bis zum Impftermin im Frühherbst zu überbrücken.


Angeblich war Thomas Bernhard dem einen oder anderen Gläschen ja auch nicht abgeneigt – ob sich Österreichs gehassgeliebtester Schriftsteller allerdings von Schockbildern auf Heurigen-Flaschen den Spaß hätte verderben lassen, darf bezweifelt werden. 90 Jahre alt wäre er jetzt geworden, hätte ihn nicht schon 1989 ein Lungeninfekt dahingerafft. Im Cicero-Interview mit Irene Bazinger erinnert sich die Schauspielerin Ilse Ritter an den Mann, der ihr mit dem Stück „Ritter, Dene, Voss“ einst ein Denkmal gesetzt hat. Ob der stets auf Krawall gebürstete Thomas Bernhard es mit seinen Schriften bewusst auf Skandale abgesehen habe, will Bazinger von Ilse Ritter wissen. Ihre Antwort: â€žIch glaube nicht, dass er das beabsichtigt hatte, das war nicht seine Art. Er hat lediglich gesagt, was er dachte.“ Was aus heutiger Perspektive allerdings schon ziemlich skandalös klingt.


Ihr Alexander Marguier, Chefredakteur

 
 
 
 
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