Am morgigen Sonntag folgt ein zusätzliches Video, in dem ich in den ersten Minuten auch auf die Shortseller-Thematik eingehe und das Verhalten der Analysten bei Grenke. Das Video wird morgen ab 17:00 Uhr auf meinem YouTube-„Aktien Kanal“ online sein. Mein Kollege Michael Kissig sieht die Thematik dagegen anders. Er ist schon länger Aktionär bei Grenke und hält die Anschuldigungen im Wesentlichen für nicht zutreffend. Seine Einschätzung zur Thematik gibt es nachfolgend: Nun hat es auch Grenke erwischt. Der im MDAX beheimatete Baden Badener Leasing-Spezialist ist ins Fadenkreuz von „Viceroy Research“ des Shortsellers Fraser Perring geraten. Am Mittwoch feuerte Viceroy die erste Breitseite ab mit einer ganzen Reihe von Anwürfen. Darunter sind Bilanz-Betrug, Vettern-Wirtschaft des Gründers Wolfgang Grenke zulasten der übrigen Aktionäre, unlautere Bankgeschäfte, aufgeblähte Firmen-Werte und nicht vorhandene liquide Mittel. Wer sich an Wirecard erinnert fühlt, irrt nicht. Die Nähe wird von Perring geradezu gesucht und auch explizit mehrfach der Hinweis auf Wirecard gegeben, um den Anschuldigungen (noch) mehr Gewicht zu geben. Dabei gehörte Perring zu jenen, die sich bereits 2016 an Wirecard abarbeiteten und diese Gemengelage zerrt zusätzlich an den Nerven der gebeutelten Grenke-Anleger. Dank Wirecard, aber auch wegen der unrühmlichen Figur, die vor allem die Deutsche Bank während und nach der Finanzkrise abgegeben hat, steht der Finanzplatz Deutschland unter besonderer Beobachtung. Und unsere BaFin hat sich als zahnloser Tiger entpuppt, weil man bei Wirecard nicht nur geschlafen, sondern auch noch einseitig und unglücklich agiert hat. Daher steht das Vertrauen in das Können unserer obersten Finanzaufseher nicht gerade hoch im Kurs und dass die BaFin die Grenke Bank als Konzern-Tochter direkt zu überwachen hat, trägt nicht zur Beruhigung bei. Alles in allem also eine nahezu perfekte Spielwiese für eine neuerliche Short-Attacke gegen ein deutsches Finanz-Unternehmen. Dabei sollte man nicht den Fehler begehen und Shortseller grundheraus verdammen und ausschließlich als gierig hinstellen. Sie haben grundsätzlich das gleiche Interesse wie alle anderen Anleger: Sie wollen Geld verdienen. Nur gehen sie nicht „long“ in ihren bevorzugten Aktien, sondern sie suchen sich Unternehmen mit undurchsichtigen Konzern-Strukturen und nicht leicht zu erklärenden Geschäftsabläufen aus, um hier gezielt gegen das Unternehmen zu wetten. Sie gehen „short“, verkaufen also die Aktien des Unternehmens leer. Mit dem Ziel, sie nach einem kräftigen Kurssturz viel billiger wieder zurückzukaufen. Der Kurs-Absturz ist also ihr Gewinn. Und deshalb helfen sie gerne nach und platzieren ihre kritischen Vorbehalte in Form eines Short-Reports und mit lautem Getöse und seriösen und halbseidenen Anschuldigungen, um eine Panik der Anleger auszulösen. Denn Panik verspricht die stärksten Kurseinbrüche und damit für den Short-Seller den höchsten Gewinn. Daher sind Short-Seller nicht gut gelitten bei normalen Anlegern. Denn sie attackieren die Unternehmen und sorgen für blutrote Zahlen im Depot. Aus reinem Eigennutz. Was allerdings nicht bedeutet, dass die Anwürfe nicht auch Substanz haben können. Das macht die Short-Attacke ja so unberechenbar. Hinweis: Eine ausführliche konstruktiv-kritische Betrachtung des Phänomens Short-Seller habe ich am Report vom 4. Juli unter dem Titel „Leerverkäufer: Doch nicht so „böse“ wie alle glauben?“ vorgenommen. Was macht Grenke eigentlich? Grenke ist ein Leasing-Spezialist für IT-Geräte. Dabei hat sich Grenke auf das sog. Small-Ticket-Leasing für kleine und mittlere Unternehmen spezialisiert. Bei diesem kleinteiligen Geschäft werden vor allem IT-Produkte wie PCs, Drucker, Kopierer, Telekommunikations-Geräte oder Software verleast und zwar ab einem Anschaffungswert von 500 Euro. Grenke ist mit 140 Standorten in 32 Ländern vertreten und beschäftigt weltweit 1.700 Mitarbeiter. In Europa ist man nahezu flächendeckend präsent und in Deutschland, Italien und der Schweiz sogar Marktführer. Neben dem Leasing-Geschäft setzt Grenke noch auf zwei weitere Standbeine, das Factoring, also der Ankauf von einzutreibenden Forderungen, und das Bankgeschäft, das sich vor allem auf die Finanzierung von Existenz-Gründern fokussiert. Eindeutiger Schwerpunkt ist aber das Leasing-Geschäft, womit Grenke 90 Prozent seiner Erträge erzielt und im Jahr 2019 mehr als 3,5 Milliarden Euro an Neugeschäft generierte. Grenke verleast IT-Infrastruktur an mittelständische Firmen, was nichts anderes heißt, als dass Grenke das vom Kunden gewünschte Produkt erwirbt und anschließend an den Kunden vermietet. Dieser kann es nach Ablauf der Vertragslaufzeit erwerben, doch übernimmt er es nicht, verbleibt das Eigentum bei Grenke. Da Grenke jedoch die Abschreibungen in der Regel so wählt, dass die Geräte am Ende der Leasingzeit mit Null in den Büchern stehen, besteht hier kein Restwert-Risiko, wie man es von Autoleasing-Verträgen her kennt. Vielmehr kann Grenke die Geräte dann überholen lassen und beim Verkauf einen zusätzlichen Gewinn einstreichen. Daher ist das größte Risiko für Grenke, dass der Kunde während der Laufzeit seine Leasing-Raten nicht mehr bedienen kann. Und hier treffen wir wieder auf die beiden weiteren Sparten von Grenke, Factoring und Bankgeschäft. Denn Grenke verkauft seine offenen Leasing-Forderungen an die Grenke Bank AG weiter und sichert sich so ab. Neben diesem Factoring refinanziert sich Grenke selbst auch über die Grenke Bank und sichert sich so günstige Refinanzierungskosten. Grenke verdient also gleich an mehreren Punkten der Wertschöpfungskette. Darüber hinaus bietet man diese Leistungen auch externen Kunden an, was das Geschäftsfeld rentabler macht. Denn das Geschäft ist skalierbar: Grenke hat einmalig die Aufwendungen und Kosten, während bei einer steigenden Zahl von Kunden zwar Umsatz und Erlöse steigen, aber die Kosten viel weniger stark. Man könnte sagen, Grenke kann sein Geschäft stärker auslasten, ohne gleich weiteres Personal einstellen zu müssen. Hohes Expansions-Tempo Und da sind wir auch schon beim nächsten Punkt, der Expansion. Neukunden erhält Grenke vor allem über Telefon, Post und immer häufiger über das Internet. Hier setzt das Unternehmen auf viele Einzelhändler, die den Kunden beim Kauf das Leasing-Angebot von Grenke als Add-on anbieten. Da das Verleasen kleinerer IT-Produkte relativ margenarm ist, erfordert dies ein hohes Maß an Standardisierung der Vertragsabwicklung, um das Geschäft rentabel betreiben zu können. Der durchschnittliche Warenkorb liegt hierbei unterhalb von 10.000 Euro und das macht diese Nische für größere Wettbewerber wie Banken eher uninteressant. Verständlich und genau das richtige Vorgehen! Die Aussagen einiger Marktbeobachter, Grenke hätte auf eine solche Short-Attacke vorbereitet und zu einer „umgehenden“ Erwiderung bereit sein müssen, entpuppt sich als eigene Hilflosigkeit. Die pauschale Zurückweisung der Vorwürfe ist erfolgt, ebenso die Einschaltung der BaFin. Mehr ist gar nicht möglich. Denn die teilweise akribisch zusammengepuzzelten Vorwürfe müssen detailliert geprüft und die Widerlegung substanziell belegt werden können. Das benötigt Zeit. Und es dürfen keine Fehler passieren, die dann nur weitere Angriffsflächen bieten und die Glaubwürdigkeit des Unternehmens und der handelnden Personen noch weiter in Zweifel ziehen. Bei allem Verständnis nach dem Wunsch einer schnellen, umfassenden und abschließenden Klärung der Vorwürfe geht bei einer generalstabsmäßig geplanten Short-Attacke Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Es geht nämlich nicht nur um das Geld der Aktionäre, sondern auch um das Unternehmen und eine Vielzahl von Existenzen, die an den Jobs hängen. Die Stellungnahme erfolgte am Freitagnachmittag und damit fast exakt zwei Tage nach der ersten Breitseite von Viceroy. So, nun aber zu einigen Vorwürfen im Einzelnen: Vorwurf: Liquide Mittel existieren nicht! Viceroy behauptet, die im Halbjahresfinanzbericht 2020 ausgewiesenen 1,078 Milliarden Euro an liquiden Mitteln würden überwiegend gar nicht existieren. Und zieht hier sofort die Parallele zu Wirecard, wo sich mehrere Milliarden auf ausländischen Konten hätten befinden sollen, die aber nicht vorhanden waren. Doch die Replik von Grenke ist glaubwürdig: „849 Millionen Euro, also fast 80 Prozent der liquiden Mittel, befanden sich zum 30.06.2020 auf Konten der Deutschen Bundesbank - wie im Halbjahresfinanzbericht veröffentlicht. Per heute beträgt das Guthaben bei der Bundesbank 761 Millionen Euro". Auch wenn die Bundesbank dies auf Presseanfragen hin nicht bestätigen wollte (ein Gruß vom Bankgeheimnis), ist der Bestand relativ leicht zu überprüfen. Die Deutsche Bundesbank ist schließlich nicht ein dubioses Privatunternehmen mit Sitz in einem Wüstenstaat. Vorwurf: Überhöhter Liquiditätsbedarf! Ergänzend unterstellt Viceroy, Grenke würde zusätzlich Liquidität aufnehmen (müssen). Damit wird analog zu Wirecard suggeriert, weil ja die Liquidität gar nicht existiere, müsse irgendwoher frisches Geld beschafft werden, um das Loch zu stopfen. Dazu erklärt die Grenke AG: „Die vergleichsweise starke Liquiditätsposition ist sachlich darauf zurückzuführen, dass wir uns – wie viele andere Unternehmen auch – zu Beginn der Corona-Krise bewusst zusätzliche Liquidität gesichert haben. Dies geschah im Wesentlichen durch die Begebung einer Anleihe am 4. April 2020 sowie durch ein attraktives Festgeldangebot an Kunden der GRENKE Bank, über die als Vorsichtsmaßnahme eine Zunahme der Einlagen erreicht wurde. Bis zum Jahresende 2020 werden Anleihen und Commercial Papers in Höhe von 145 Mio. Euro fällig, im Jahr 2021 Anleihen im Volumen von rund 339 Mio. Euro und im Jahr 2022 Anleihen im Volumen von ca. 529 Mio. Euro.“ Auch hier scheinen die Viceroy-Anwürfe wenig substanziell zu sein und keinem zweiten Blick standzuhalten. Vorwurf: Überhöhte Preise für Zukäufe von Firmen „nahestehender“ Personen! Viceroy behauptet, Grenke würde laufend zu überhöhten Preisen Firmen kaufen und zwar von Personen aus dem Umfeld des Gründers Wolfgang Grenke oder führenden Grenke-Mitarbeitern. Also Vetternwirtschaft zulasten der Aktionäre mit der Folge, dass sich in der Bilanz ein immer höherer Goodwill für die Verlustbringer auftürmen würde. Insbesondere über die CTP Handels- und Beteiligungs GmbH werde das Ganze abgewickelt, wo Wolfgang Grenke und der frühere Grenke-Vorstand Thomas Konprecht Geschäftsführer sind. Die Abläufe sind nicht abzustreiten. Das Wachstum der Grenke-Gruppe läuft seit Jahren nach diesem Schema: beim Eintritt in neue Regionen oder Länder werden „willige“ Grenke-Mitarbeiter vorgeschickt. Diese errichten neue Standorte in Eigenregie und erhalten hierfür über die CTL Anschubfinanzierungen und Aufbauhilfen. Die Grenke AG wiederum erhält das Recht, nach einigen Jahren und zu vorher festgelegten Bedingungen den Standort zu übernehmen – aber es gibt hierzu keine Verpflichtung, wie Grenke betont. Das Modell hat Charme, denn Grenke produziert so mit neuen Standorten nicht zunächst hohe Kosten, die dann erst nach und nach durch Kundengewinnung und bessere Auslastung abgebaut werden, sondern das Risiko liegt beim „Neuunternehmer“. Dass es sich bei diesen ganz überwiegend um bereits zuvor erfolgreiche Grenke-Mitarbeiter handelt, ist ein Angriffspunkt für Viceroy, aber eigentlich nur nachvollziehbar. Denn diese Mitarbeiter, die den neuen Standort aufbauen, sind mit den Abläufen, Angeboten und Dienstleistungen von Grenke vertraut und daher sind die Erfolgsaussichten höher als bei einer „Fremdgründung“. Dass die neuen Standorte bzw. diese Gesellschaften dann gekauft werden zu einem Zeitpunkt, wo sie noch keine großen Gewinne abwerfen, erzeugt einen Goodwill in der Grenke-Bilanz. Der dann über die Jahre abgeschrieben wird. Die Alternative wäre, dass Grenke selbst die neuen Standorte gründet und die Anlaufverluste über Jahre die Gewinn- und Verlustrechnung belasten würden. Bezahlt werden müsste der Aufbau der neuen Standorte so oder so. Wachstum gibt es nicht umsonst! Insofern ist an dieser Wachstumsstrategie nichts auszusetzen. Kritisch und bisher noch ungeklärt bleibt hingegen, ob die CTP hier zusätzlich Profite erzielt und abschöpft, die dann ggf. in Wolfgang Grenkes und Konprechts Taschen fließen. Das hinterließe durchaus einen negativen Beigeschmack, jedenfalls wenn hier mehr als ein paar Prozente „Regieaufschlag“ abgeschöpft würden. Auch nicht geklärt ist, wem die Firma mehrheitlich gehörte, bevor Wolfgang Grenke sie Ende Januar 2020 übernahm. Hierzu führt die Grenke AG aus: „Zu diesem Zeitpunkt hat Wolfgang Grenke die CTP-Muttergesellschaft Sacoma AG gekauft und dies proaktiv der BaFin und der Bundesbank angezeigt. Der vorherige Eigentümer hat und hatte keine gesellschaftsrechtliche Verbindung zum GRENKE Konzern. Die so genannte "Related-Party"-Eigenschaft des Aufsichtsratsmitglieds Wolfgang Grenke bestand somit erst 2020 und wird folgerichtig und völlig korrekt erstmals im Geschäftsbericht 2020 ausgewiesen. Seit dem indirekten Erwerb der CTP nimmt Wolfgang Grenke nicht mehr an Beratungen des Aufsichtsrats zum Erwerb von Franchise-Unternehmen teil und ist erst recht nicht an diesbezüglichen Entscheidungen beteiligt. Die Behauptung von Viceroy, nach der das frühere GRENKE-Vorstandsmitglied Thomas Konprecht und das heutige GRENKE-Vorstandsmitglied Mark-Antonius Kindermann ultimative Eigentümer der CTP seien, ist falsch. Weder Konprecht noch Kindermann haben aktuell oder hatten in der Vergangenheit eine Gesellschafterrolle bei der CTP. Thomas Konprecht ist Geschäftsführer mit Dienstvertrag der CTP.“ Wie gesagt, offene Fragen bleiben, wer früher Eigentümer der CTP-Mutter Sacoma war (und damit die Gewinne einstreichen konnte) und wie hoch diese Gewinne sind, die zulasten der Grenke AG erzielt werden. Am einfachsten könnte hier Abhilfe geschaffen werden, wenn die CTP eine Grenke-Tochter würde, weil dann mögliche Gewinne aus den Neugründungen der Grenke-Bilanz und den Aktionären der Grenke AG zugutekämen. Vorwurf: Unterstützung von Geldwäsche und unzureichendes Controlling! Da die Tochter Grenke Bank AG über eine Banklizenz verfügt, wiegt dieser Vorwurf schwer. Viceroy stellt die Gefahr eines Banklizenzverlusts auch ausführlich in den Mittelpunkt. Konkret wirft Viceroy Grenke vor, mehrere Kunden der Grenke Bank hätten Betrug und Geldwäsche über ihre Konten vorgenommen und dies sei dem internen Controllingsystem nicht aufgefallen und/oder es sei bewusst nicht abgestellt worden. Obwohl die Aufsichtsbehörden bereits ermittelt hätten. Wirecard lässt auch hier grüßen. Dazu führt die Grenke AG aus: „Die regulatorisch vorgeschriebenen Prozesse für „Know your customer“ (KYC) und Anti-Money-Laundering (AML) werden bei GRENKE vollumfänglich umgesetzt und regelmäßig überprüft. Als KYC-Tool nutzt GRENKE ein leistungsfähiges System, das dem Branchenstandard entspricht und unter anderem von einer dreistelligen Zahl von Volks- und Raiffeisenbanken ebenfalls einsetzt wird. Mit einer Ausnahme waren die von Viceroy genannten angeblichen Kunden zu keinem Zeitpunkt Kunden der GRENKE Bank. Bei dem einzigen genannten Unternehmen, für das 2018 ein Konto geführt wurde, wurde aufgrund interner Verdachtsmeldungen das Konto fristlos gekündigt. Parallel dazu erfolgte eine Meldung an die zuständige Aufsichtsbehörde – und zwar deutlich bevor das Unternehmen auf den einschlägigen Listen auftauchte.“ Ob die von Viceroy behaupteten Täter Kunden der Grenke Bank waren, lässt sich ja schnell feststellen. Insofern ist hier den Ausführungen der Grenke AG Glauben zu schenken. Allerdings hat Grenke ja viele externe Partner, die Leasingverträge für sie vermitteln. Inwieweit hier ggf. Betrug außerhalb des Grenke-Konzerns, aber dennoch in seinem Dunstkreis erfolgt ist, muss unbedingt geklärt werden. Denn auch wenn dies rechtlich nicht Grenke anzulasten wäre, leidet darunter die eigene Reputation und es bietet sich eine offene Flanke für neuerliche Attacken. Grenke AG (ISIN: DE000A161N30) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 20e/21e/22e | Kurs | A161N3 / GLJ | 1,55 Mrd. EUR | 23 / 14 / 11 | 17,67 EUR |
Mein Fazit: Viele Fragen wurden aufgeworfen und auf die Schnelle können nicht alle vollumfänglich und abschließend beantwortet werden. Das ist durchaus im Sinn der Short-Seller, die nicht zuvorderst an der Aufdeckung von Betrug interessiert sind, sondern aus Eigennutz handeln und Geld verdienen wollen. Das ist völlig legitim. Und Viceroy macht keinen Hehl daraus, dass man eine umfangreiche Short-Position in Aktien der Grenke AG eingegangen ist, bevor man den Short-Report veröffentlicht und den massiven Kurseinbruch ausgelöst hat. Auch das ist legitim. Das zentrale Problem für den Durchschnittsaktionär ist, dass er die Vorwürfe gar nicht eigenständig überprüfen kann. Es gibt die Anwürfe des Shortsellers und diese werden von den Medien begierig aufgegriffen und verbreitet. Da die Medien selbst kaum mehr Recherchepersonal und Redakteure beschäftigen, erstreckt sich ihre Haupttätigkeit inzwischen überwiegend auf das Umformulieren und Wiederkauen bestehender Meldungen, die dann mit immer reißerischen Überschriften versehen werden, um Klicks auf die eigene Website zu generieren. Nebeneffekt ist, dass die Meldung zigfach wiederholt wird und so der Eindruck entsteht, dass die Kritik von allen Seiten geteilt wird. und wenn man das gleiche „Argument“ von zehn verschiedenen Quellen hört, dann stuft unser Gehirn es alleine wegen der vielen Wiederholungen als wahr ein. Nach dem Motto: „Wo Rauch ist, ist auch Feuer“. Erfolgt dann die Gegendarstellung oder Widerlegung, startet diese bereits mit verminderter Glaubwürdigkeit, denn „was sollen die auch anderes sagen?“ ist die Grundhaltung. Außerdem haben sich viele Anleger bereits mit Grausen und mit hohen Kursverlusten aus der Aktie verabschiedet, so dass das Interesse eher gering ist. „Verleumdung musst du frech betreiben, es wird schon etwas haften bleiben.“ (Karl Simrock) Auch deshalb ist es häufig so, dass der Kurs bei einer Shortattacke zunächst einbricht und dann nach einer kurzen Zwischenerholung, bei der die ersten die vermeintlich günstigen Kurse nutzen wollen, eine weitere Abwärtswelle startet. Viceroy hat dies auch bei Grenke ausgenutzt, indem man dem ersten Report einen Tag später einen zweiten folgen ließ, um den Leidens- und Abwärtsdruck zu erhöhen. Und so die eigenen Gewinne maximierte. Für das Unternehmen zählt allerdings nicht nur der kurzfristige Kursverlauf, sondern das gründliche Aufarbeiten und Widerlegen der Vorwürfe. Die Grenke AG hat sich daher dazu entschieden, über die bisher erfolgten Stellungnahmen hinaus die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG mit einer Sonderprüfung der Vorwürfe zu beauftragen. KPMG ist auch der aktuelle Abschlussprüfer des Grenke-Konzerns. Das hilft den Aktionären auf kurze Sicht natürlich wenig. Die Aktie ist erstmal „verbrannt“ und in nächster Zeit in der Hand der Spekulanten. Auch ist nicht auszuschließen, dass Viceroy noch einmal mit weiteren Vorwürfen nachlegen. Und es ist auch nichts auszuschließen, dass an den Vorwürfen doch mehr dran ist, als man annehmen möchte. Bei Wirecard haben sich viele eines Besseren belehren lassen müssen. Wer an der Grenke-Aktie festhält oder nun auf dem niedrigeren Kursniveau einsteigt, kauft die Unsicherheit mit. Der Schaden ist angerichtet und wird für immer als schwarzer Fleck zurückbleiben. Das Internet vergisst nicht. Man könnte es auch formulieren: die Angst fährt immer mit. Das gilt auch insgesamt für den Finanzplatz Deutschland. Hier muss dringend nachgerüstet werden im Hinblick auf die Überwachung börsennotierter Unternehmen, weil eine zu lasche Überwachung auch immer eine Einladung für Short-Attacken ist. Die Amerikaner haben hier die größten Erfahrungen und ihre Börsenaufsicht machtvoll mit eigenen Ermittlungskompetenzen ausgerüstet. Es stünde dem Finanzplatz Deutschland gut zu Gesicht, die BaFin endlich nach dem Vorbild der SEC aufzustellen. Das wäre mal gut angelegtes (Steuer-) Geld... Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig, Value Investor und Betreiber des Blogs iNTELLiGENT iNVESTiEREN. Autorenprofil Michael C. Kissig studierte nach Abschluss seiner Bankausbildung Volks- und Rechtswissenschaften und ist heute als Unternehmensberater und Investor tätig. Neben seinem Value-Investing-Blog „iNTELLiGENT iNVESTiEREN“ verfasst er regelmäßig eine Kolumne für das „Aktien Magazin“. | |
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