Neuer Schub für den Ölpreis – jetzt sind 60 USD wieder erreichbar
Neuer Schub für den Ölpreis – jetzt sind 60 USD wieder erreichbar von Sven WeisenhausEs ist eine ganze Weile her, dass ich zuletzt den Ölpreis analysiert habe. Der Grund dafür ist der gleiche wie beim DAX (siehe gestrige Börse-Intern): Der Ölpreis hat sich kaum vom Fleck bewegt. Während der DAX „nur“ rund einen Monat lang seitwärts lief, sind es beim Ölpreis stolze 6 Monate. Dafür betrug die Range im Ölpreis aber 35 %, während es im DAX nur 3,4 % waren. Neuer Schwung in den Ölpreis ist Anfang November gekommen, weil Spekulationen über eine Einigung der OPEC+ den Kurs getrieben haben. Aber der Reihe nach: Nach 6 Monaten seitwärts ging es weiter aufwärts Werfen wir zunächst einen Blick auf die konkrete Preisentwicklung. In der Börse-Intern vom 21. April hatte ich erläutert, wie es im Hochpunkt der Corona-Krise bei der Öl-Sorte West Texas Intermediate (WTI) zu negativen Preisen im Kontrakt zur Auslieferung des Öls im Mai kommen konnte. WTI-Öl zur Lieferung im Juni kostete damals zeitweise nur noch weniger als 10 USD je Barrel (siehe rote Ellipse im folgenden Chart). Anschließend erholten sich die Preise genauso dynamisch, wie sie zuvor im Rahmen der Krise eingebrochen waren, zumindest bis Anfang Juni (siehe linke vertikale Linie). Dann flachte sich die Erholung deutlich ab und ging in eine Seitwärtsbewegung über. Diese hielt bis Ende November an, dauerte also fast ein halbes Jahr (gelber Pfeil). Und genau deshalb war Öl für mich in dieser Zeit eher uninteressant als Thema für die Börse-Intern. Hohe Korrelation zum Aktienmarkt Die Ölpreise verhielten sich dabei übrigens ziemlich ähnlich wie die Aktienmärkte. Als Beispiel dazu nachfolgend der Target-Trend-Chart des DAX zum Vergleich: Diese Korrelation ist auch völlig logisch. Denn die Aktienmärkte haben sich erholt, weil die Wirtschaft wieder Fuß fasste. Und da sich die Wirtschaft erholte, erholte sich auch die Nachfrage nach Rohöl, was die Preise wieder anziehen ließ. Dieses Zusammenspiel ließ sich in der Vergangenheit schon öfter beobachten: Scharfe Einbrüche beim Ölpreis (hier am Beispiel des Brent-Preises) gingen immer wieder einher mit ebenso scharfen Einbrüchen am Aktienmarkt (hier am Beispiel des DAX). OPEC+ arbeitet am Marktgleichgewicht Und nun kommt die OPEC+ ins Spiel. Die ölfördernden Länder, die man zur OPEC+ zählt, hatten sich angesichts der Corona-Krise und des damit einhergegangenen Einbruchs bei der Nachfrage nach Rohöl im April zu einer Förderkürzung entschlossen. Ab Mai sank die Tagesproduktion um etwa 10 Millionen Barrel (1 Barrel = 159 Liter). Wie ich in der Börse-Intern vom 14. April schrieb, war dies für die damalige Marktsituation zu wenig. Denn Experten gingen davon aus, „dass die weltweite Rohöl-Nachfrage durch die Beschränkungen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie um etwa ein Drittel bzw. rund 30 Millionen Barrel pro Tag zurückgegangen ist“, schrieb ich dazu. Und weiter: „Eine Rückkehr in die Range im Bereich von ca. 60 USD (oberes gelbes Rechteck) ist noch in weiter Ferne und ohne stärkere Förderkürzungen auf absehbare Zeit nicht zu erreichen.“ Seitdem sind fast 8 Monate vergangen und der Öl-Preis ist immer noch nicht wieder in die Range um ca. 60 USD zurückgekehrt. Allerdings hat der Ölpreis am 24. November zumindest das untere gelbe Rechteck erreicht (siehe rechte vertikale Linie im folgenden Chart). Damit scheint es der OPEC+ zu gelingen, den Ölpreis wieder auf ihren „Wunschpreis“ zu hieven – langsam, aber sicher. Und aus diesem Grund konnten sich die großen Erdöl-Exporteure jüngst auch bereits auf eine Lockerung ihrer Förderbremse einigen. Ab Januar soll die Förderung um 500.000 Barrel pro Tag steigen, teilte der russische Vize-Ministerpräsident Alexander Nowak nach mehreren Verhandlungsrunden Ende der vergangenen Woche mit. Und im weiteren Verlauf des kommenden Jahres wird die Förderpolitik dann in regelmäßigen Abständen überprüft, um auf die Nachfrage zu reagieren, fügte Nowak hinzu. Wenn aber nun das Angebot an Rohöl ausgeweitet wird, warum ist der Ölpreis dann jüngst auf ein neues Hoch in der Erholung gestiegen? Ganz einfach: Eigentlich wären die Förderquoten mit dem Auslaufen der bisherigen Vereinbarung zum Jahreswechsel um 2 Millionen Barrel pro Tag gestiegen. Mit der aktuellen Einigung wird das Angebot stattdessen deutlich weniger stark ausgeweitet. Zielpreis von 50 USD erscheint nun wieder erreichbar Es hat wie erwartet sehr lange gedauert, bis sich der Ölpreis wieder der Range nähert, welche die Länder der OPEC+ offenbar anpeilen. Zwar gibt es keinen konkreten Zielpreis, den die OPEC+ nennt, doch gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass die meisten ölfördernden Länder mit Preisen von um die 50 bis 60 USD leben können. Und so gehe ich (quasi unverändert) davon aus, dass der Ölpreis dort auch wieder landen wird. (Schon in der Börse-Intern vom 29.09.2016 hatte ich einen Zielpreis von 50 USD angegeben.) Die OPEC+ wird dabei sehr behutsam vorgehen und versuchen, das Ziel ohne weitere größere Preisverwerfungen zu erreichen. Daraus könnte sich eine Chance für Long-Positionen ergeben. Zumal durchaus denkbar ist, dass der Preis auch noch bis auf 60 oder 65 USD steigen kann (oberes gelbes Rechteck). Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Trading Ihr Sven Weisenhaus www.stockstreet.de
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