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Liebe/r Leser/in,

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Analysen, Hintergrundgeschichten und meinungsbildende Kommentare – seit 1999 gehört „Der Hauptstadtbrief“ zur Pflichtlektüre bei den Entscheidern in Politik und Wirtschaft. Im Rahmen des Regierungsumzugs von Bonn nach Berlin gründeten der Fernsehjournalist Ernst Dieter Lueg, der Buchautor Diether Huhn, der Journalist Bruno Waltert und der Verleger Detlef Prinz den Informations- und Hintergrunddienst; Herausgeber sind Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, und Ulrich Deppendorf, ehemaliger Leiter und Chefredakteur des ARD-Hauptstadtstudios.

Ich wünsche Ihnen viel Lesefreude und Erkenntniswert – sowohl im aktuellen FOCUS als auch mit dem „Hauptstadtbrief“.

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Corona und kein Ende: Die Inzidenzzahlen steigen, die Angst ist zurück. Wir sorgen uns wieder um die Kinder und unsere Alten. Und wir stellen uns die gleichen Fragen wie vor Monaten: Kommt der Lockdown für Ungeimpfte? Kollabieren die Kliniken? Wann werden Bezahlung und Arbeitsbedingungen für Pflegepersonal wirklich verbessert? Sollte für gewisse Berufsgruppen eine Impfpflicht gelten? Es wird viel diskutiert zu diesem Thema – nur eine Stimme vermisse ich. Es ist die von Olaf Scholz; immerhin (noch) Vizekanzler und (vielleicht) bald Bundeskanzler!

Man kann Herrn Scholz bewundern. Für seine Zurückhaltung, beinahe übermenschliche Be-scheidenheit. Man versetze sich einmal in seine Situation: Der Mann war politisch schon im Sterbezimmer angekommen, seine Partei wollte nichts mehr von ihm wissen, Saskia Esken und Kevin Kühnert probten schon ihre Trauerreden.

Und dann die Wende: Fast im Alleingang führte Scholz die SPD zum Wahlsieg, plötzlich Liebling Olaf. Und die Union zerlegt sich so nachhaltig, dass die FDP gar nicht anders kann, als den Vizekanzler der GroKo demnächst zum Kanzler einer Ampelkoalition zu machen.

Man kann sich ungefähr vorstellen, was andere Schwergewichte der Politik aus einem solchen Triumph gemacht hätten, ein Markus Söder zum Beispiel. Doch Scholz bleibt leise, keine Siegesgeste, kein Auftrumpfen. Generös überlässt er Grünen und FDP fast allein die Bühne.

So weit, so sympathisch vielleicht. Doch was ist eigentlich mit den großen Problemen, die unserem Land zusetzen? Was ist mit den explodierenden Energiekosten, mit der vierten Welle der Pandemie, mit den Flüchtlingen, die der belarussische Präsident Lukaschenko in einem beispiellosen Akt der Aggression aus fernen Ländern einsammelt und dann an die EU-Außengrenze schafft?

Hier ist nach meiner Überzeugung Olaf Scholz in einer anderen Rolle als der des Bescheidenen gefragt. Der geschäftsführende Vizekanzler und wahrscheinliche neue Bundeskanzler ist derzeit als einziger Politiker in der Lage, politische Entscheidungen herbeizuführen.

Müssen deutsche Verbraucher auf finanzielle Entlastungen angesichts massiv steigender Preise für Benzin und Heizen wirklich bis zum nächsten Jahr warten, während in Frankreich ab Dezember 100 Euro an Menschen ausgezahlt werden, die weniger als 2000 Euro netto im Monat verdienen?

Brauchen wir nicht doch effektive Grenzkontrollen zu Polen, damit sich nicht wieder das Gefühl eines Kontrollverlustes bei den Bürgern einnistet? Müssen erst wieder zwölf Menschen in einem Altenheim sterben, wie in Brandenburg geschehen, bis die Impfpflicht für Pflegekräfte kommt?

Hier ist von jemandem, der sich das Amt des Bundeskanzlers ohne Wenn und Aber zutraut, jetzt politische Führung gefragt.

Mit vielen Grüßen

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Robert Schneider
Chefredakteur FOCUS Magazin

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Am Freitag wird mit einem Festakt in Karlsruhe der neue Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, begrüßt.

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