Aktuelle Entwicklungen im Verkehrszivilrecht (Aufsatz)
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  Jede Woche neu – alles Wichtige aus dem Zivilrecht 11.10.2017  
 

 

Sehr geehrter Herr Prof. Do,

manche Menschen behaupten, dass vollständige Sorglosigkeit und eine unerschütterliche Zuversicht das Wesentliche eines glücklichen Lebens seien. Doch wie viel Sorglosigkeit ist in der Jurisprudenz erlaubt? Ein Mann aus Wilhelmshaven war nach einem Reifenwechsel rückwärts seine abschüssige Garageneinfahrt hinabgefahren. Als er per Fernbedienung den Kofferraum öffnete purzelten die alten Reifen heraus und beschädigten sein Garagentor. Der Reifenhändler hatte sie zuvor senkrecht statt liegend aufgereiht. Eigentlich sein Verschulden! Das OLG Oldenburg verweigerte dennoch einen Schadensersatzanspruch. Schließlich habe die blinde Sorglosigkeit des Mannes die unfachmännische Handhabung des Pneumonteurs verdrängt (Az.: 9 U 21/17). Insofern passt dann eher die buddhistische Weisheit: "Der Törichte ist sorglos. Der Weise aber ist wachsam!"

Nach den Ferien ist vor den Ferien! Wird ein Flug gestrichen, können Fluggesellschaften mit dem Angebot eines zeitnahen Ersatzfluges eigentlich eine Pflicht zur Entschädigung umgehen. Der BGH hat gestern allerdings entschieden (Az. X ZR 73/16), dass Fluggäste auch dann ein Recht auf Entschädigung haben, wenn ein Flug kurzfristig ausfällt und sich der Ersatzflug anschließend erheblich verspätet. Dies gilt selbst dann, wenn der Ersatzflug von einer anderen Airline organisiert wurde. Hat die Fluggesellschaft den ursprünglichen Flug annulliert, bleibt sie somit verantwortlich.

Noch eine sorgenfreie Restwoche
Günter Warkowski
Online-Redaktion

PS: Hinweisen möchte ich auch auf die Online-Seminare von RA Hans Christian Schwenker zum Thema "Reform des Bauvertragsrechts: Das ändert sich zum 1.1.2018" am 20.11.2017 und 15.12.2017 - Forbildungsnachweis gem. § 15 FAO inklusive. Alle Informationen finden Sie hier.


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Meldungen:

Ausgleichszahlung bei Verspätung des für einen annullierten Flug angebotenen Ersatzfluges
 
Zur Aufrechnung gegen einen zur Sicherung einbehaltenen Restwerklohnanspruch aus einem Bauvertrag
 
Zu den Voraussetzungen für die Annahme eines wirksamen Empfangsbekenntnisses in der Berufungsschrift
 
Öffentlichkeit eines Weges durch unvordenkliche Verjährung?
 
Fataler Reifenwechsel: Sorglosigkeit des Fahrzeugbesitzers kann Verschulden des Reifenhändler zurückgetreten lassen
 
Gebrauchtwagenkauf: Formulierung "gekauft wie gesehen" gilt nur sehr bedingt
 
 
Aus den HeftenAktuelle Entwicklungen im Verkehrszivilrecht (Dr. Karl-Werner Dörr, MDR 2017, 623)
 


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BGH 10.10.2017, X ZR 73/16

Ausgleichszahlung bei Verspätung des für einen annullierten Flug angebotenen Ersatzfluges

Ein Luftverkehrsunternehmen bleibt wegen der Annullierung eines ursprünglichen, von ihm geplanten Fluges ausgleichspflichtig, wen der Passagier mit einem ihm angebotenen Ersatzflug eines anderen Luftverkehrsunternehmens sein Endziel tatsächlich nicht höchstens zwei Stunden später als ursprünglich vorgesehen erreicht hat. Dass der angebotene Ersatzflug, wenn er planmäßig durchgeführt worden wäre, den Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 Buchst. c Nr. iii FluggastrechteVO entsprochen hätte, reicht nicht aus, um das Unternehmen von seiner Ausgleichspflicht zu befreien.
[BGH PM Nr. 158 vom 10.10.2017]

BGH 14.9.2017, VII ZR 3/17

Zur Aufrechnung gegen einen zur Sicherung einbehaltenen Restwerklohnanspruch aus einem Bauvertrag

Vereinbaren die Parteien eines Bauvertrags, dass ein Betrag von 5 % der Netto-Schlussabrechnungssumme zur Sicherung einbehalten werden darf, der Unternehmer diesen Einbehalt durch eine Bankbürgschaft ablösen kann und weiter: "Diese Sicherheit gleich ob als Einbehalt oder als Bürgschaft dient in dem Zeitraum von der Abnahme bis zum Eintritt der Verjährung der Mängelansprüche dazu, die Rechte des AG bei Mängeln, jedwede Schadensersatzansprüche des Auftraggebers und die Ansprüche des AG auf Erstattung von Überzahlungen aus diesem Vertrag abzusichern." ist der Besteller jedenfalls während des vereinbarten Sicherungszeitraums nicht berechtigt, nachdem er den Betrag einbehalten hat, gegen diesen Restwerklohnanspruch mit einer Forderung aus einem anderen Vertrag aufzurechnen.
[BGH online]

BGH 12.9.2017, XI ZB 2/17

Zu den Voraussetzungen für die Annahme eines wirksamen Empfangsbekenntnisses in der Berufungsschrift

Der BGH hat sich vorliegend mit den Voraussetzungen für die Annahme eines wirksamen Empfangsbekenntnisses in der Berufungsschrift befasst. Zum Nachweis für den wirksamen Vollzug einer Zustellung reicht es aus, wenn der Prozessbevollmächtigte einer Partei sich in einer Rechtsmittelschrift auf das erstinstanzliche Urteil ausdrücklich mit den Worten "zugestellt am" bezieht, sofern auch die weiteren, unabdingbaren Anforderungen an die Vollendung der Zustellung erfüllt sind.
[BGH online]

OLG Hamm 19.6.2017, 5 U 20/16

Öffentlichkeit eines Weges durch unvordenkliche Verjährung?

Nach dem Grundsatz der unvordenklichen Verjährung ist ein über ein Privatgrundstück verlaufender Weg wie ein - vom privaten Eigentümer nicht zu sperrender - öffentlicher Weg zu behandeln, wenn der Weg seit vielen Jahren, "Menschengedenken", nach allgemeiner Meinung zu Recht als öffentlicher Weg genutzt wurden und der - nicht wegebau- oder unterhaltspflichtige - Eigentümer diesen Zustand stillschweigend geduldet hat.
[OLG Hamm Pressemitteilung vom 9.10.2017]

OLG Oldenburg 31.5.2017, 9 U 21/17

Fataler Reifenwechsel: Sorglosigkeit des Fahrzeugbesitzers kann Verschulden des Reifenhändler zurückgetreten lassen

Ein Reifenhändler, der nach einem Reifenwechsel die alten Reifen des Kunden aufrecht nebeneinander in den Kofferraum räumt, muss nicht zwangsläufig Schadensersatz leisten, wenn die Reifen herausrollen und das Garagentor des Kunden beschädigen. Dessen Sorglosigkeit und damit Mitverschulden kann ein etwaiges Verschulden des  Reifenhändlers vollständig zurückgetreten lassen.
[OLG Oldenburg online]

OLG Oldenburg 28.8.2017, 9 U 29/17

Gebrauchtwagenkauf: Formulierung "gekauft wie gesehen" gilt nur sehr bedingt

Die Formulierung "gekauft wie gesehen" beim Autokauf gilt nur für solche Mängel, die ein Laie ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen bei einer Besichtigung erkennen kann. Die Tatsache, dass dem Verkäufer ein Vorschaden ebenfalls nicht bekannt war, ist unerheblich.
[OLG Oldenburg PM vom 6.10.2017]


Aus den HeftenAktuelle Entwicklungen im Verkehrszivilrecht (Dr. Karl-Werner Dörr, MDR 2017, 623)

Der folgende Beitrag knüpft an die Rechtsprechungsübersicht im Verkehrszivilrecht in MDR 2016, 431 an und behandelt die höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung, soweit die Entscheidungen im Zeitraum März 2016 bis 2017 veröffentlicht worden ist.
 



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Verantwortlich für den Inhalt:
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Tel.: 0221-93738-712
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