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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Mittwoch, 15.02.2023 | Überwiegend bewölkt bei bis zu 5°C. | ||
+ 466 ungezählte Briefwahlstimmen in Lichtenberg: Poststelle des Bezirks war unbesetzt + Hat die Klimaliste den Grünen Platz zwei gekostet? + Kollision auf See: Mehr als 140 Zusammenstöße auf Berlins Gewässern + |
von Christian Latz |
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Guten Morgen, es lief auch einfach alles zu glatt bei der Wahl. Nun aber das: Im Bezirksamt Lichtenberg sind 466 bislang nicht gezählte Briefwahlstimmen aufgetaucht. Sie werden Mittwochmorgen, 9:30 Uhr öffentlich im Bezirkswahlamt ausgezählt und noch gewertet. Selbst beim knappen 105-Stimmen-Rückstand der Grünen auf die SPD ist mit Platzierungsänderungen jedoch eher nicht zu rechnen. Umso peinlicher ist die Sache mal wieder für die Berliner Verwaltung. „Das Problem wurde leider von der Deutschen Post verursacht und das Wahlamt trifft keine Schuld“, hatte Stadtrat Kevin Hönicke (SPD) am Dienstag schnell einen Schuldigen gefunden – nur um sich zwei Stunden später kleinlaut zu korrigieren: „Der Fehler liegt nicht bei der Deutschen Post, sondern bei der Poststelle des Bezirkes.“ Dort hat ein Kurierfahrer die Briefe am Freitagnachmittag angeliefert – laut Checkpoint-Informationen jedoch niemanden mehr angetroffen. Natürlich hätte die Post auch am Samstag noch zum Wahlamt weitergeleitet werden können. Doch wurde für die Postverteilstelle offenbar keine Mehrarbeit fürs Wochenende angeordnet, wie es in Behörden nötig ist. Die hunderten roten Wahlbriefe blieben liegen. Am Ende bekommt Berlins Verwaltung zumindest ihre Pannen immer noch selbst organisiert. | |||
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An der schusseligen Lichtenberger Poststelle lag es wohl nicht, dass die Grünen ihren Traum vom Einzug ins Rote Rathaus schon wieder verpassen und nur auf Platz 3 gelandet sind. Woran aber dann? Die eigene Stammklientel lockte man mit ihrem eher linken Wahlkampf an die Urne. Dafür verlor die Partei Wähler an CDU, FDP, AfD und sogar die SPD. Nicht nur die auch auf Wunsch von Bettina Jarasch (Grüne) überhastet durchgeführte Sperrung der Friedrichstraße gilt einigen in der Partei mittlerweile als „dicker Fehler“. Die Spitzenkandidatin zumindest rückte bei der Sitzung der neuen Fraktion am Dienstag schonmal sachte vom bisherigen Kurs ab. Die Partei habe ein noch größeres Potenzial in der Stadt. Es müsse aber „auf andere Weise“ erschlossen werden. | |||
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Oder sind die Grünen auch über zu engagierte Klimaschützer gestolpert? Schon vor der Wahl befürchteten manche, die Klimaliste könnte der Partei entscheidende Wähler kosten. Am Ende fehlten den Grünen bekanntlich 105 Stimmen zu Platz 2. Die kleine, radikale Alternative wiederum erhielt 4100 Voten. Hat die Klimaliste mit ihrem Einsatz vielleicht mehr Klimaschutz in Berlin verhindert? Anruf bei Partei-Sprecher Antonio Rohrßen: „Die Grünen tragen selbst die Verantwortung für ihr Ergebnis. Sie haben es nicht geschafft, mehr Wähler zu überzeugen.“ Wer die Klimaliste gewählt habe, hätte wegen der Abbaggerung von Lützerath und dem Bau von LNG-Terminals ohnehin schon mit den Grünen abgeschlossen, sagte Rohrßen. | |||
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Auch bei der SPD knirscht noch einiges. Der Verlust etlicher Wahlkreise zeige, „wie drastisch das Konzept der „Herzchen“-SPD von Giffey & Saleh gescheitert ist“, twitterte der frühere Berliner SPD-Bildungsstaatssekretär Mark Rackles. Ein solches Ergebnis müsse auch personelle Konsequenzen haben. Zumindest hinter der (noch?) Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey schließen sich die Reihen jedoch. Wer nach der Wahl mit schneller Kritik an Giffey hervortrat, wird nun zurechtgestutzt. Am Dienstagabend soll es Mittes SPD-Kreisvorsitzende Julia Plehnert („Man muss dann Konsequenzen ziehen“) in der Kreisvorstandssitzung getroffen haben. Teilnehmer berichteten dem Checkpoint von „sehr deutlicher Kritik an dem unabgestimmten Vorgehen der Kreisvorsitzenden“. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stärkte Giffey am Dienstag öffentlich den Rücken. Alternativen zu ihr sind ohnehin nicht in Sicht. Zumal die zuletzt herumgeisternden Michael Müller („Das wäre ja absurd“, Spiegel) und Kevin Kühnert („Quark“, Bild) selbst alle Spekulationen auf einen Griff nach der Senatsspitze beendet haben. Dafür gibt Müller seiner eher CDU-affinen Nachfolgerin noch einen rot-grün-roten Koalitionsratschlag mit: Er glaube „nach wie vor, dass es eine Koalition ohne die CDU geben kann“. Nicht nur die SPD sucht ihre verlorenen Wähler. Auch wir! Sie haben beim letzten Mal noch für die SPD gestimmt und ihr Kreuz diesmal woanders gesetzt? Woran hat’s gelegen? Begründungen bitte an checkpoint@tagesspiegel.de. | |||
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Als die eigentlichen Verlierer der Wahl, oder vielmehr des Wahlrechts sehen sich die Kleinparteien – und ihre Wähler gleich mit. Rund 200.000 Stimmen gingen bei der Berlin-Wahl an Parteien, die es nicht ins Abgeordnetenhaus geschafft haben. „Das sind mehr Stimmen als Wahlberechtigte in so manchem Bezirk“, schreiben Volt, die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) und die Piraten in einer gemeinsamen Erklärung. Sie fordern stattdessen eine Ersatzstimme im Wahlrecht: Wähler könnten dann zusätzlich zu ihrer Hauptstimme eine weitere Partei angeben. Falls der Erstwunsch an der Prozenthürde scheitert, ginge die Stimme automatisch an die Ersatzpartei. Stimmen-Recycling statt Wegwerf-Wahlrecht also. | |||
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Auch bei den Bezirkswahlen hat sich am Sonntag viel in Berlin verändert. Analysen, wie die Mehrheitsverhältnisse sind und wer künftig die Bezirksbürgermeister stellen wird, lesen Sie in den Sondernewslettern des Tagesspiegel-Bezirke-Teams. | |||
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