Liebe Frau Do, im „Räuber Hotzenplotz“ sagt Kasperl: „Ich wünschte mir, dass ich der Kaiser von Konstantinopel wäre!“ Natürlich wird er es nicht, sowieso nicht, aber es ist auch selten so, dass ein frühzeitig artikulierter Machtanspruch ans Ziel führt. Eher ist das Gegenteil der Fall. „Mein Platz ist in Bayern“, sagt Markus Söder regelmäßig, aber das muss nicht heißen, dass er nicht doch noch Bundeskanzler werden will. Und dass Jürgen Klopp im Sommer nicht Bundestrainer werden will, mag er noch so oft sagen – glauben wird man es ihm erst, wenn es ein anderer wird. Die Sehnsucht nach einem emotionalen Kerl wie ihm ist nach den Jahren mit Jogi Löw zu groß. Und Klopp könnte in Liverpool jetzt nicht kundtun, dass er der neue Kaiser werden will. Also: abwarten. Robert Peters beschreibt in seiner Analyse, wie die große Liebe zu Jogi Löw immer mehr bröckelte und wo der DFB jetzt steht. Auch beim Fußball braucht es gelegentlich Glück, aber am Roulettetisch geht es nicht ohne. Die NRW-Regierung will ihre Spielbanktochter privatisieren, was mir im Grundsatz unmittelbar einleuchtet: Eine hoheitliche Aufgabe verfolgt Westspiel sicher nicht. Nur rechnet das staatliche Unternehmen in den nächsten Jahren mit satten Einnahmen, wodurch sich die Kritiker des geplanten Verkaufs bestärkt sehen. Maximilian Plück hat die Einzelheiten recherchiert. Ich finde die Debatte etwas kurz gesprungen: Denn ein Unternehmen mit guten Gewinnaussichten erlöst auch einen höheren Verkaufspreis; so oder so hat das Land also – Glück. Einen Impftermin zu erhalten, dürfte einfacher sein, als beim Roulette auf die richtige Zahl zu setzen – aber die meisten Menschen brauchen viel Geduld. Wie frustrierend der Chef der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, die Lage empfindet, verrät er in einem Interview, das Antje Höning und Jana Wolf geführt haben. Den russischen Impfstoff Sputnik V lobt er darin übrigens als „clever gebaut“: Es sei ein gutes Präparat, das auch eine Zulassung in der EU erhalten werde. Wer nicht geimpft ist, soll die Corona-Warn-App nutzen. So empfiehlt es die Bundesregierung, aber die Software zieht bis heute Kritik auf sich. Jetzt ist die Luca-App in aller Munde, vermutlich nicht zuletzt, weil zu ihren Machern der Musiker Smudo von den Fantastischen Vier zählt. Warum es trotzdem keine gute Idee wäre, sie zu einer generellen Lösung zu machen, argumentiert Florian Rinke in seinem Leitartikel. (Seinen wöchentlichen Start-up-Newsletter „Gründerzeit“ finden Sie hier.) Vielleicht empfinden Sie Smudo als einen Vertreter der Jugend, weil Sie keinen Rap hören. Aber das trifft nicht zu, er ist gerade 53 Jahre alt geworden. Was die wirkliche Jugend denkt, zeigt eine neue Studie, die Martin Kessler für seine Analyse studiert hat. Es ist ein spannender Befund über die Stimmungslage der Generation Corona, in der besonders der Halt geschätzt wird, den die Familie gibt. Womit wir wieder bei Kasperl sind, dessen Eltern im „Hotzenplotz“ nicht vorkommen; stattdessen gibt die Großmutter Halt. Seinem Freund Seppel erläutert er übrigens präzise, warum er Kaiser von Konstantinopel werden will: „Weil ich dann jeden Tag Pflaumenkuchen mit Schlagsahne essen könnte!“ Vielleicht mögen Sie keinen Pflaumenkuchen oder keine Schlagsahne, aber ich wünsche Ihnen einen Genuss Ihrer Wahl für den heutigen Tag. Was mich betrifft: Spaghetti-Eis. Bis morgen!
Herzlich
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