Liebe Frau Do, auch im neuen Jahr scheint Bayern immer wieder den Takt in den politischen Debatten um Corona vorzugeben. Zwei Beispiele: Ministerpräsident Markus Söder regt eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen an, prompt kommt das Dementi aus Berlin. Über den Schlagabtausch und seine Hintergründe berichten Jan Drebes, Birgit Marschall und Jana Wolf. „Die Bundesregierung hat klar gesagt, dass es keine Pflicht zur Impfung gegen Corona geben wird“, stellt Bundesjustizministerin Christine Lambrecht fest. Warum die Impfpflicht rechtlich machbar, aber politisch falsch wäre, schreibt Antje Höning in einem Leitartikel. Bayern-Beispiel 2: Vom kommenden Montag an gilt dort im öffentlichen Nahverkehr und im Einzelhandel eine Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken. Markus Söder sagt, diese besser schützenden Masken seien „deutlich im Überfluss, zum Teil jedenfalls, vorhanden“. Wie Reinhard Kowalewsky recherchiert hat, prüft auch die NRW-Landesregierung diesen Schritt. Mit dem bayerischen „zum Teil jedenfalls“ kann ich allerdings ungefähr so wenig wie mit der Impfpflicht anfangen. Der Bestand an FFP2-Masken sollte geklärt sein, bevor eine sprunghafte Nachfrage im bevölkerungsreichsten Bundesland einsetzt. NRW tut gut daran, nicht über jedes bayerische Stöckchen zu springen. Gefragt ist eine klare und zielführende Regelung. Das gilt allerdings auch für die Hotspots in NRW. Ich hatte Ihnen gestern von der überraschenden Verordnung berichtet, jetzt doch die Bewegungsfreiheit dort einzuschränken, wo mehr als 200 Corona-Infektionen pro 100.000 Menschen binnen sieben Tagen gezählt werden. Die Regelung, dass man sich nur in einem Radius von 15 Kilometern um seinen Heimatort bewegen darf, wurde für den Oberbergischen Kreis, die Kreise Recklinghausen, Höxter und Minden-Lübbecke festgelegt. Die Städte Bielefeld, Bottrop und Gelsenkirchen sind bisher nicht betroffen, obwohl sie zum Verordnungszeitpunkt ebenfalls einen Inzidenzwert von über 200 aufwiesen und das immer noch tun. Warum das so ist? Weil Ministerpräsident Armin Laschet die Landräte und Bürgermeister mitentscheiden lässt, ob sie die Hotspot-Regel („Corona-Leine“) anwenden wollen. Die hitzige politische Debatte im Landtag und im Land schildern Claudia Hauser, Viktor Marinov und Maximilian Plück. Übrigens liegt jetzt auch der Kreis Mettmann über dem 200er Wert, und andere Kreise und Städte sind sehr nah dran. In unserem Podcast-„Aufwacher“, den Sie hier unentgeltlich abonnieren können, berichtet Viktor Marinov, wie die Lage in den betroffenen Kreisen gesehen wird. Freundlich formuliert: Es scheint sich eine gewisse Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis aufzutun. Nicht so freundlich ist die Junge Union aktuell zu Armin Laschet. Sie favorisiert Friedrich Merz als nächsten CDU-Bundesvorsitzenden. Tilman Kuban, der Chef der Nachwuchsorganisation, begründet das im Interview mit Kerstin Münstermann – und warum seine Begeisterung für Jens Spahn nicht ausreicht, doch Armin Laschet zu wählen. Wenn Sie aber Kuban lieber hören wollen, sollten Sie spätestens jetzt unseren Nachrichten-Podcast „Aufwacher“ abonnieren. „Wir kämen schon klar“, hat ja jener Friedrich Merz über Donald Trump gesagt – kurz vor der Präsidentschaftswahl und zwei Monate vor dem Sturm aufs Kapitol. In einem seiner jüngeren Tweets schreibt der Sauerländer, der US-Präsident sei „ganz offenkundig kein Demokrat“. In der Tat, und das zeigt sich auch darin, dass Donald Trump kurz vor seiner Ablösung noch Todesurteile vollstrecken lässt und damit mit einer 130-jährigen Tradition bricht, wie Martin Bewerunge in seiner bestürzenden Analyse „Recht und Rache“ herausarbeitet. Sieben Tage noch bis zum Amtsantritt von Joe Biden. Jetzt startet dagegen ein neuer Tag, und im Sinne von Markus Söder wünsche ich Ihnen, dass Ihre Glücksmomente heute „deutlich im Überfluss, zum Teil jedenfalls“, auftreten. Bis morgen! Herzlich Ihr Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |