Liebe Frau Do, ein Leser hat mir geschrieben, er könne „dieses fortlaufende Skandalisieren, Schlechtmachen und diese Besserwisserei“ der Presse nicht mehr ertragen. Sein Brief beschäftigt mich. Niemand will ein Besserwisser sein. Nun bin ich nicht „die Presse“, aber er hat in diesen Corona-Zeiten einen Punkt: Auch bei der Rheinischen Post üben wir viel Kritik am Umgang der Politik mit der Pandemie. Andererseits: Jubelartikel sind nicht unser Job. Und selbst der beste Opernkritiker muss nicht Opern schreiben können. Trotzdem bin ich aufrichtig dankbar für den Impuls von Dr. F. aus Düsseldorf. Und deswegen skandalisiere ich die Entscheidung von Jens Spahn nicht, dass der Impfstoff von Astrazeneca vorerst nicht verwendet werden darf. Sieben Fälle von Hirnvenenthrombose bei 1,6 Millionen Impfungen sind der Anlass. Ich mache den Bundesgesundheitsminister nicht schlecht, ich weiß es nicht besser als er. Aber ich würde sofort einen Haftungsausschluss unterschreiben, wenn ich mit Astrazeneca-Impfstoff geimpft werden könnte. Die Einzelheiten der Entscheidung, die Folgen und die politische Debatte beschreiben Antje Höning und Jan Drebes. Eine politische Debatte gibt es auch bei der CDU/CSU über die Lehren aus den vergeigten Landtagswahlen. Kerstin Münstermann zeichnet nach, wie Armin Laschet, Markus Söder und andere die Lage beurteilen. Dass die K-Frage bis Pfingsten ungeklärt bleiben soll, finde ich nicht weiter schlimm. Die Bundestagswahl ist in einem halben Jahr. Wer Armin Laschet zum CDU-Vorsitzenden gewählt hat – und das war die Mehrheit des Parteitags vor gerade erst zwei Monaten –, sollte etwas Geduld aufbringen. Dass es in Stuttgart und Mainz nicht leicht für die CDU werden würde, war doch von Anfang an klar. Und nicht nur die Union, auch die Grünen halten sich die K-Frage offen, wie Jan Drebes berichtet. In NRW sollen seit gestern viele weitere Schulen offen sein. Aber einige widersetzen sich und bleiben im Distanzunterricht, wie Kirsten Bialdiga, Antje Höning und unsere Lokalredaktionen recherchiert haben. Ohne das skandalisieren zu wollen: Aber die Schulpolitik in Corona-Zeiten scheint nicht aufzugehen, und das kann ganze Lebensläufe prägen. Dass es Dieter Bohlen an Bildung fehlt, lässt sich nicht behaupten. Er hat Abitur und ein abgeschlossenes Wirtschaftsstudium vorzuweisen, versteht viel von Musik und vom Geschäft. Seine flegelhaften, verletzenden Kommentare bei „Deutschland sucht den Superstar“ können nicht Zufall, sondern nur volle Absicht sein. Über den Abschied des früheren Popstars aus der Fernsehjury schreibt Wolfram Goertz, der sich sonst überwiegend mit Hochkultur und Wissenschaft beschäftigt. Und er macht Dieter Bohlen tatsächlich an keiner Stelle schlecht, was mir nicht gelungen wäre. Starten wir doch so in den Tag: versöhnlich und ins Gelingen verliebt. Bis morgen! Herzlich Ihr Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |