Liebe Frau Do, am Sonntag stehen in NRW Kommunalwahlen an. Schon jetzt ist die Briefwahlquote doppelt so hoch wie beim letzten Mal, wie Kirsten Bialdiga, Maximilian Plück und unsere Lokalredaktionen recherchiert haben. Mich freut das sehr, denn ganz offensichtlich wollen die Menschen wählen und lassen es auch in der Pandemie nicht einfach bleiben. Die Demokratie ist springlebendig! Warum das der Politik einen Schub geben sollte, um die digitale Stimmabgabe zu ermöglichen, schreibe ich in meinem Leitartikel. Und das wäre auch für Parteitage an der Zeit, wie Kristina Dunz in ihrer Analyse argumentiert. Bei der Wahl des künftigen CDU-Bundesvorsitzenden in knapp drei Monaten sollen 1001 Delegierte physisch zusammenkommen. Ob das eine gute Idee ist? Mindestens für den Notfall sollte das Parteiengesetz zügig geändert werden, findet unsere Berliner Korrespondentin. Natürlich ist ein echter Parteitag mit der Möglichkeit zur Meinungsbildung durch Erleben, Gespräche und Gespür für die Zwischentöne und Stimmung vorzuziehen, aber zugleich zeigen doch die Corona-Zeiten, was alles digital geht oder - im Ausnahmefall - gehen sollte. Zumindest wäre dann gesichert, dass die CDU im Dezember einen neuen Vorsitzenden bekommt. Um für die 13.000 Flüchtlinge in Moria eine menschenwürdige Zukunft zu sichern, braucht es allerdings physische, nicht virtuelle Unterstützung. Jüngst hatte sich Armin Laschet persönlich vor Ort ein Bild von der Lage gemacht. Die Bilder des jetzt abgebrannten Camps bestürzen ihn tief: „Die Menschen auf der Flucht haben nach dem Feuer alles verloren, selbst das einfache Dach über dem Kopf.“ Welche Hilfen der NRW-Ministerpräsident und andere Politiker anbieten, haben Gregor Mayntz und Maximilian Plück recherchiert. Wie die Lage in Moria ist, berichtet unser Griechenland-Korrespondent Gerd Höhler. Die politische Einordnung übernimmt unsere stellvertretende Chefredakteurin Eva Quadbeck, die von einem europäischen Sündenfall spricht. Angesichts solchen Leids frage ich mich, ob bei uns manche Debatten nur so erbittert und respektlos geführt werden, weil es uns zu gut geht. Dass im Rückblick nicht alle Corona-Maßnahmen richtig waren und wir in der aktuellen Phase der Pandemie auch über einen flexibleren Umgang mit ihr nachdenken sollten, habe ich hier ja schon geschrieben. Aber unterm Strich steht Deutschland so viel besser da als viele anderen Länder, was uns gelassen und demütig machen sollte. Stattdessen gelingt es Extremisten, die Corona-Debatten zu eskalieren und für ihre Zwecke zu missbrauchen. „Daraus kann Terrorismus entstehen“, warnt der Chef des NRW-Verfassungsschutzes, Burkhard Freier, in einem Interview, das Christian Schwerdtfeger geführt hat. „Wir können Blödsinn nicht verbieten“, sagt allerdings Bundesjustizministerin Christine Lambrecht in einem weiteren Interview, das Jan Drebes und Eva Quadbeck geführt haben. Aber wir können dem Blödsinn etwas entgegensetzen. Die Arbeiten des Düsseldorfers Künstlers Thomas Ruff gehören auf jeden Fall dazu. In der Kunstsammlung NRW sind ab übermorgen grandiose Fotoserien aus zwei Jahrzehnten zu sehen, auf die Sie Annette Bosetti in ihrer Rezension einstimmt. Und damit hätten wir schon jetzt zwei wichtige Programmpunkte fürs Wochenende gefunden: wählen (falls Sie in NRW wohnen) und bilden (geht überall). Aber jetzt erstmal einen schönen Start in diesen Donnerstag! Herzlich Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |