Sehr geehrte Damen und Herren Nach dem Blick nach Westen im letzten Newsletter folgt heute der nach Osten, wo die Nuklearindustrie ebenfalls alles andere als stillsteht. So ist im russischen Belojarsk im November 2016 der leistungsfähigste Schnelle Brüter der Welt in Betrieb gegangen. Unsere aktuellste Meldung zu Russland betrifft die Inbetriebnahme der 35. Kernkraftwerkseinheit des Landes – der ersten der modernsten Version russischer Druckwasserreaktoren mit 1200 MW elektrischer Leistung. Vom gleichen Standort gab es nur Tage zuvor eine Stilllegung zu vermelden. Die russische Nuklearindustrie ist über die Landesgrenzen hinweg aktiv. So hat der russische Staatskonzern Rosatom zwei Abkommen mit Iran unterzeichnet und die Vorbereitungsarbeiten zum Bau des ersten Kernkraftwerks in der Türkei wieder aufgenommen. Vom ungarischen KKW Paks gab es in letzter Zeit viel zu berichten: Kurz nachdem die Aussenminister Russlands und Ungarns gemeinsam den KKW-Neubau am Standort Paks bestätigt hatten, wurde eine politische Ebene höher über die Finanzierung des Projekts durch Russland informiert. Bereits im Dezember 2016 hatte die Auftragsvergabe den Segen der Europäischen Kommission erhalten. Ebenfalls im vergangenen Dezember ist für die vierte in Betrieb stehende Einheit in Paks eine Laufzeitverlängerung beantragt worden. Diejenige für Paks-3 wurde kurz darauf bewilligt. Auch ausserhalb Russlands gibt es 2017 nukleare News: Westinghouse-Brennstoff für die Ukraine, einen Plan für Altlasten aus Uranabbau und -verarbeitung in Innerasien, die Forderung nach einem neuen Finanzierungsmodell in Polen sowie neuer Schwung für das tschechische Nuklearprogramm. Über diese Themen informieren wir Sie weiter unten: Still waiting for Donald Hitzewellen und Kälteflauten Kernenergie aus verschiedenen Blickwinkeln Immer wieder Fukushima-Panik Freundliche Grüsse, Nuklearforum Schweiz Gut oder schlecht für die Kernenergie? Vieles haben wir schon gehört und gelesen, seit Donald Trump Präsident der USA ist. Die konkreten Auswirkungen seiner Interpretation einer nationalen Energiepolitik auf die Nuklearindustrie zeichnen sich nur langsam ab. Dieser «Opinion Contributor» richtet klare Worte bezüglich Kernenergie an seinen Namensvetter, den designierten Energieminister. Befürworter des Umstiegs von fossilen auf erneuerbare Energiequellen sollten Trumps Energiepolitik ebenso fürchten wie internationale Öl-Multis, meint Rod Adams von «Atomic Insights». In seiner Replik darauf vertritt sein australischer Kollege Ben Heard die Ansicht, die Nuklearindustrie könne mehr von der «Gesamtideologie» der Trump-Regierung profitieren, als nur mit wissenschaftlicher und ökonomischer Argumentation zu punkten. Das private Europäische Institut für Klima & Energie nimmt die Schlagzeilen über Trump als Anlass zu einer Abhandlung des neuen Gesetzes «zur Entwicklung fortschrittlicher Kerntechnik aus dem Jahr 2017». Abschliessend verweisen wir auf ein paar grundlegende «Gedanken zur Berichterstattung über Trump». Zu viel Sonne dort, zu wenig hier Neben dem neuen US-Präsidenten scheint uns ein weiteres Thema einfach nicht loszulassen: Stromausfälle in Südaustralien. Im Unterschied zu den vorhergehenden Fällen mit umstrittenen Ursachen handelt es sich bei den aktuellsten Meldungen um bewusst vorgenommene Lastabwürfe. Während sich die Regierung des Gliedstaates und die nationale Regierung den Schwarzen Peter gegenseitig zuschieben, drohen weitere Abschaltungen. Andere Kräfte wollen bei der Lösung des Problems Kernkraftwerke nicht ausschliessen. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Beobachtung des Strompreises. Dieser beschäftigt auch den Deutschen Arbeitgeberverband und andere besorgte Kreise. Zudem hat Deutschland ebenso wie Australien mit Strommangel zu kämpfen – nur hier in der windschwachen Winterkälte und bis anhin ohne grössere Lastabwürfe. Und natürlich wird die Situation auch im Ursprungsland der Energiewende unterschiedlich interpretiert. Rückbau, Förderung, Fusion, Brexit Im Blog des Nuclear Energy Institutes haben wir erfahren, wieso es für Rückbaufirmen lohnend sein kann, stillgelegte KKW gleich zu kaufen. Von den Plänen, das KKW Millstone mit finanzieller Unterstützung am Laufen zu halten, haben wir an dieser Stelle schon berichtet. Gemäss einer Lokalzeitung aus der Region sprechen sich, unter anderem, die Betreiber von fossilen Kraftwerken vehement dagegen aus. «Der Traum von der billigen Kernenergie ist vorbei», findet ein Kolumnist bei «Bloomberg». Demgegenüber finden wir 200 Millionen Dollar für einen fortgeschrittenen Reaktor «mit der richtigen Grösse» doch recht günstig – sofern diese Rechnung denn auch aufgeht. Um einiges grösser ist der «Spherical Tokamak» in Grossbritannien, der gemäss den Erbauern ab 2030 Strom liefern soll. Welcher Einfluss der «Brexit» auf die Fusionsforschung im Königreich hat, können wir nicht abschätzen. Dass er den Austritt Grossbritanniens vom Euratom-Abkommen zur Folge haben könnte, hat zur Idee eines «grösseren europäischen pro-nuklearen Clubs» geführt. Unabhängig von britischen Plänen und Projekten ist 2016 weltweit so viel nukleare Leistungskapazität zugebaut worden wie letztmals im Jahr 1990, wie das «Breakthrough Institute» mitteilt. Der Strahlungs-Ausreisser, der keiner ist Eine für Fachleute wenig überraschende Meldung aus dem KKW Fukushima-Daiichi hat kürzlich für Furore gesorgt: Mit einem ferngesteuerter Roboter wurden im Innern von Block 2 über 500 Sv/h gemessen. Dass ab solchen Zahlen die «Netzfrauen» an die Decke gehen, überrascht nicht. Der – für ihre Verhältnisse – schon beinahe unaufgeregte Tonfall einer berühmten Schweizer Gratiszeitung mutet dagegen eher ungewohnt an. Viel reisserischer klang es zum Beispiel bei «Heise» und «N-TV». Auch englischsprachige Medien aus Japan, Grossbritannien und den USA schienen in diesem Fall von der bedächtigen Tonalität abzuweichen, die wir sonst eher von ihnen kennen. Da drängt sich die Frage, ob es vielleicht am Kommunikationsstil des Fukushima-Betreibers Tepco liegen könnte, schon etwas auf. Wir haben zwei Blogbeiträge gefunden, die erklären, dass die Strahlungswerte in Fukushima-Daiichi eben nicht gestiegen sind, sondern lediglich erstmals an bisher unzugänglichen Orten gemessen werden konnten. Aus Fukushima erreichten uns darüber hinaus die Meldungen, dass der Export von Pfirsichen im Jahr 2016 höher war als vor dem Reaktorunfall und dass während des ganzen vergangenen Jahres bei allen Fisch- und Meeresfrüchte-Proben keine Radioaktivität über dem Grenzwert festgestellt wurde. Ob diese Tatsachen etwas damit zu tun haben, dass sich japanische Umweltaktivisten umorientieren, wissen wir nicht. |