Sehr geehrte Damen und Herren Im letzten Newsletter haben wir von sechs KKW-Stilllegungen im Jahr 2018 berichtet. Nun freut es uns, für die gleiche Zeitspanne neun Inbetriebnahmen zu vermelden. Sieben der 2018 kommerziell in Betrieb genommenen KKW stehen in China. Den Anfang machte das 38. Chinesische Werk Tianwan-3, das in den letzten Tagen des Vorjahres erstmals Strom ins Netz abgegeben hatte. Yangjiang-5, der weltweit erste ACPR-1000, tat dies Ende Mai und nahm Mitte Juli den kommerziellen Betrieb auf. Mit Sanmen-1 hat am 21. September der erste AP1000 den Betrieb aufgenommen. Dieses Ereignis haben wir auch mit einer Medienmitteilung gewürdigt. Der zweite AP1000 war am 8. August erstmals kritisch, gab rund zehn Tage später den ersten Strom ab und ist seit September 2018 kommerziell in Betrieb. Sanmen-2, der dritte Reaktor dieses fortgeschrittenen Typs der dritten Generation, folgte am 5. November, rund drei Monate nach der ersten Kritikalität. Der vierte AP1000 ging Mitte Oktober ans Netz und bald nach dem Jahreswechsel in den kommerziellen Betrieb. Die weltweit erste Netzsynchronisation eines EPR war uns natürlich auch eine Medienmitteilung wert. Am 13. Dezember nahm dieser in Taishan-1 die kommerzielle Stromproduktion auf. Kurz vor Weihnachten tat dies auch Tianwan-4, ein Reaktor des fortgeschrittenen russischen Typs WWER-1000. Aus Russland kamen auch die Nachrichten zu den einzigen Inbetriebnahmen des Jahres ausserhalb Chinas: Rostow-4 und Leningrad-II-1. Weiter unten widmen wir uns heute den Auswirkungen von extremen Temperaturen auf die Stromversorgung, der deutschen Kohle sowie verschiedenen Entwicklungen in der weltweiten Nuklearindustrie. Freundliche Grüsse, Nuklearforum Schweiz «Die Hölle ist zugefroren» Warum diese Redewendung gerade ziemlich wörtlich gilt, zeigt «Watt’s up with That?». Grund dafür ist ein Polarwirbel, der gerade weite Teile der USA frieren lässt und den Energieversorgern und Netzbetreibern Sorgen bereitet. Das Nuclear Energy Institute zeigt auf, wie Kernkraftwerke die Preissituation entspannen und auch anderen Wetterextremen trotzen. Der Blick auf die die aktuelle Reaktorauslastung zeigt ein ähnliches Bild und dieser Bericht ist nur eines von vielen Beispielen. Währenddessen ist auch in den USA die Energieinfrastruktur nicht nur vom Wetter bedroht und die Diskussion über Kraftwerke nicht auf die Kernenergie beschränkt. Hat die «Blackout Watch» versagt? In Australien, genauer im kühlen Tasmanien, gibt es eine Bucht namens Little Hell. Das erwähnen wir hier nur als Überleitung von der extremen Kälte in Nordamerika zur extremen Hitze, die derzeit den Kontinent im Griff hat. Während aus den USA bisher nichts über grössere Stromausfälle berichtet wurde, haben die australischen Stromversorger schon im Vorfeld der Hitzewelle eine «Blackout watch» verhängt. Dabei schien es sich um eine Vorsichtsmassnahme zu handeln, den tags darauf verlauteten die Verantwortlichen, es solle in den Bundesstaaten South Australia und Victoria nicht zu Ausfällen kommen. Als dann aber dennoch rund 25ˈ000 Kunden vorübergehend keinen Strom hatten, lag das laut dem Netzbetreiber nicht an zu wenig Leistung, sondern an durchgebrannten Sicherungen. Kurz darauf waren in der Region Sydney 45ˈ000 Leute von Stromausfällen betroffen. Die Geschichte, wie Carl Prins den Blackout erlebt hat, ist beste Tesla-Werbung. Kohle, Klima, Karneval Die deutsche Energiewende ist um ein Kapitel reicher – oder besser gesagt: um einen weiteren Zankapfel. «Schon wenige Tage nach der mühsamen Einigung der Kohlekommission gibt es Streit um den deutschen Ausstieg aus dem Kohlestrom», schreibt dazu «nTV». Der Bericht der «Verkohle-Kommission» enthalte «Euphemisierungen und Wegsubventionierungen von Problemen, unbelegte Konsensbehauptungen und den unausrottbaren deutschen Energiewende-Messianismus», meint dazu eine an dieser Stelle schon häufiger zitierte Autorin. Das Europäische Institut für Klima und Energie fragt sich, ob der «Karneval vorverlegt» wurde. In der Tonalität nüchterner, aber nicht weniger kritisch fällt die Analyse von «Carbon Brief» aus. Um CO2, wenn auch nicht aus der Energiegewinnung, geht es auch in diesem Beitrag – der den Verfasser dieses Newsletters, der sich hiermit als unverbesserlicher Karnivor outet, etwas zum Nachdenken angeregt hat. So könnte man, wenn man denn will, auch als Konsument des mitunter saubersten Stroms der Welt etwas für seine ganz persönliche CO2-Bilanz tun. Nukleare Tour d’Horizon «NucNet» gibt Entwarnung, dass die angekündigten vier bis sechs KKW-Stilllegungen in Frankreich noch lange keinen Atomausstieg ausmachen. Aus Frankreich kommt auch dieser Nachtrag zum im letzten Newsletter erwähnten Beinahe-Blackout. Zwar angekündigt, aber offensichtlich nicht in Stein gemeisselt, ist der Atomausstieg Südkoreas. Etwas gar ambitioniert muten die Einstiegspläne in Kenia an. Von der «BBC» haben wir erfahren, dass – zumindest gemäss Schatzkanzler Philip Hammond – beim Neubauprojekt Wylfa noch nicht alle Hoffnung verloren ist. Warum die Versprechen von Bill Gates und anderen Atom-Advokaten mit Vorsicht zu geniessen sind, erörtert die Analyse der «Washington Post». Auch der Blog «4th Generation» erachte Gates’ Aussagen als nicht ganz unproblematisch, wenn auch aus anderen Gründen. Helfen dürften bei der Weiterentwicklung der Nukleartechnologie in den USA die an dieser Stelle auch schon behandelten neuen Gesetze, die bei der American Nuclear Society vertieft analysiert wurden. |