Sehr geehrte Damen und Herren
Sie haben es vielleicht bereits gelesen oder gar gehört: Das Nuklearforum gibt es seit neustem auch zum Hören. Unseren NucTalk-Podcast finden Sie auf www.nuklearforum.ch/podcast und auf Spotify. Wir warten zudem noch auf die Freigabe von Apple für iTunes.
Die erste Podcast-Folge handelt vom Reaktorunglück in Fukushima und ist auch Teil unseres Web-Specials. Diesem Thema konnten wir uns logischerweise auch bei der Sichtung von Online-Medien nicht verwehren. Wir haben dazu die Berichte aus Deutschland mit solchen von englischsprachigen Portalen verglichen. Zudem haben wir uns mit dem Verhältnis von Deutschland zur Kernenergie im Allgemeinen und unterschiedlichen Entwicklungen in der globalen Nuklearindustrie befasst.
Freundliche Grüsse,
Nuklearforum Schweiz
Was Texas mit Schweizer KKW zu tun hat
Das Thema Versorgungssicherheit, respektive eben ihr drohender Verlust, bleibt nicht nur in Deutschland aktuell. «Inside Paradeplatz» hat sich mit den bekannten Ereignissen in Texas auseinandergesetzt. Der Autor Klaus J. Stöhlker zieht darin Parallelen zur Schweiz und argumentiert so für Kernkraftwerke. Der Beitrag von «ntv» könnte gerade so gut im nächsten Abschnitt zu Fukushima stehen. Der Reaktorunfall dient aber hier mehr als Aufhänger für eine Kritik und um die «Renaissance der Atomkraft» im vornherein totzusagen. Gegen diese Renaissance wendet sich laut der «Süddeutschen» auch der Brandenburger Landtag sowie im Interview mit der «Augsburger Allgemeinen» SPD-Umweltministerin Svenja Schulze. Schulze wird auf Bill Gates und seine Atom-Pläne angesprochen, die auch ein Gastkommentar im «Handelsblatt» thematisiert hat. Darauf hat wiederum die «Achse des Guten» reagiert. Derweil ist ein zehnjähriger Rechtstreit beendet, der die deutsche Bundesregierung 2,4 Milliarden Euro als Entschädigung an die KKW-Betreiber kostet. Die Geldfrage ist nicht die einzige Frage, der sich Deutschland angesichts der Ausstiegspläne stellen muss.
Campaigner als Experten und Ingenieure als Aktivisten
Auch zu Fukushima gibt Stöhlker Insiderwissen und seine Meinung zum Besten. In Bezug auf die Fukushima-Berichterstattung dürfen wir den Schweizer Medien einen Kranz für ihre – mit Ausnahmen – angenehm unaufgeregte Berichterstattung winden. Auch der Leitartikel-Kommentar der «Wiener Zeitung» kommt für österreichische Verhältnisse überraschend differenziert daher. Solche Beispiele erreichten uns auch aus Deutschland, allen voran der Bericht der «Welt» über einen jährlich wiederkehrenden «Fehler» in Sachen Todesopfer. Sinnbildlich für all die anderen Beiträge, die zwar nicht gerade Tausende Tote dem Reaktorunfall zuschreiben, aber sonst nicht Paradebeispiele ausgewogener Berichterstattung sind, steht für uns die ZDF-Doku «Der ewige Gau?». Am meisten Redezeit erhält während einer knappen Dreiviertelstunde der gebürtige Östgerreicher Heinz Smital, Kernphysiker und gemäss der Sendung «seit Jahrzehnten renommierte Atomexperte». Smital selbst bezeichnet sich bei LinkedIn als Nuclear Campaigner bei Greenpeace Deutschland. Immerhin widerspricht er im Film einem Nuklearingenieur und «ehemaligen US-Atommanager», der die Theorie einer nachträglichen Kritikalität in einem der Fukushima-Reaktoren vertritt. Den Rest der Doku kommentieren wir hier nicht weiter und überlassen das anderen.
Wie Fukushima immer noch Tausende killt
Bei ihren britischen Kollegen hätten sich die deutschen öffentlich-rechtlichen abschauen können, wie man Fakten ausgewogen darstellt. Die «BBC» behandelt sachlich und wo nötig mit gegensätzlichen Standpunkten sowohl grundsätzliche Fragen wie «Wo liegt das Werk?» oder «Was ist passiert?» als auch heiklere wie jene der Schuld. Auch menschliche Schicksale behandelt der britische Rundfunk ohne Atom-Alarmismus. Die englische Ausgabe von «France24» legt den Fokus auf Erinnerungszeremonien und Andachten. Das Wissenschaftsmagazin «Science» porträtiert einen Arzt, der in der betroffenen Region neben Behandlungen auch sehr viel Aufklärungsarbeit leistet. Eine nicht unkritische, aber dennoch ausgewogene Abhandlung der Kernenergie und ihres Ansehens liefert «Nature». Der Unfall «habe die Welt nicht von der Kernenergie abgeschreckt», hält ein Fachportal für internationale Beziehungen fest. Kritischer klingt es bei «The Conversation» in Bezug auf Sicherheit und Sicherheitskultur. Ein neues Youtube-Video behauptet im Titel, Fukushima töte immer noch Tausende Leute – aber es ist nicht das, wonach es aussieht.
Plus 100ˈ000 MW bis 2030
Damit lassen wir Fukushima hinter uns und widmen uns vermischten Meldungen aus der nuklearen Welt. Zuerst kehren wir zurück zur «BBC», die von toxischem Mobbing und Belästigungen in Sellafield berichtet. In Schottland eröffnen zwei Ortschaften das Rennen um die Standortauswahl für das erste Fusionskraftwerk. «Al Jazeera» betrachtet das türkische Kernenergieprogramm kritisch. Aus Istanbul erreicht uns derweil die Prognose, dass bis 2030 der Anteil der Kernenergie am weltweiten Strommix auf 15% steigen soll. In Russland soll dieser Anteil gemäss dem Staatskonzern Rosatom bis 2045 auf 25% steigen. Die Vereinten Arabischen Emirate fungieren als «Gastgeber» für die «komplexeste Notfallübung» der IAEO und der US-amerikanische Reaktorhersteller Westinghouse feiert seinen AP1000-Reaktor für eine Revision in Rekordzeit. Zu guter Letzt hat Ungarn seinen geplanten Kohleausstieg um fünf Jahre nach vorne verschoben, unter anderem dank der weiteren Kernenergienutzung.