Ohne Begleitung
Liebe Frau Do, in den vergangenen Wochen haben wir in der Redaktion immer wieder darüber diskutiert, ob wir den Berichten über Terrorakte zu viel Platz einräumen; ob wir möglicherweise durch die vielen Artikel den Attentätern einen Gefallen tun, indem wir ihnen für ihre Taten die Bühne bereiten, die sie haben wollen. Ich halte das nicht
szmtag

20. Juli 2016

Liebe Frau Do,

in den vergangenen Wochen haben wir in der Redaktion immer wieder darüber diskutiert, ob wir den Berichten über Terrorakte zu viel Platz einräumen; ob wir möglicherweise durch die vielen Artikel den Attentätern einen Gefallen tun, indem wir ihnen für ihre Taten die Bühne bereiten, die sie haben wollen. Ich halte das nicht für ausgeschlossen. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass wir darüber berichten müssen, wenn ein 17-jähriger Flüchtling in einem Zug in Bayern mit einer Axt auf Passagiere einschlägt – um sich an „Ungläubigen“ zu rächen. Ich würde gern wissen, was in solch einem Menschen vorgeht, warum es dazu kam und vor allem, wie solche schrecklichen Taten künftig verhindert werden können. Unser Berliner Büro hat sich dazu einmal angesehen, wie Deutschland mit den vielen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen umgeht, die in den vergangenen Jahren nach Deutschland gekommen sind.

Das Demokratieverständnis des türkischen Präsidenten wird an dieser Stelle gelegentlich thematisiert. Meist geht es dabei um Meinungsfreiheit oder Gewaltenteilung, um die es am Bosporus nicht zum Besten steht. Nach dem gescheiterten Militärputsch fällt immer mehr auf, dass noch ein anderer Wert in Gefahr ist, der für den Rechtsstaat konstituierend ist: der Minderheitenschutz. Unser Korrespondent in Istanbul hat sich mit dem oppositionellen Politiker und Netzwerker Cem Tüzün getroffen, der erzählt, dass sich viele seiner Freunde nicht mehr auf die Straße trauen – aus Angst, zur Zielscheibe zu werden. Er selbst habe bei öffentlichen Auftritten allerdings keine Angst, sagt er sarkastisch, schließlich werde er ständig von 20 bis 30 Zivilpolizisten beobachtet.

Vom Niederrhein berichtet mein Kollege Sebastian Peters. Anders als in der Türkei verschwinden dort nicht die demokratischen Grundrechte, sondern die Kühe aus dem öffentlichen Leben. Unser Autor, der selbst auf dem Dorf aufgewachsen ist, analysiert, warum es mittlerweile kaum noch Milchvieh auf den Weiden zu sehen gibt. Im fehlt das „Muuuuh“ aus Kindheitstagen, und er fordert: „Stellt die Kuh unter Denkmalschutz!“

Ihr

Stefan Weigel

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